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26.08.2020 10:17

Sonnencreme, Bier und Rock'n'Roll

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Das FM4-Frequency Festival, das jedes Jahr Ende August rund 100.000 Besucher*innen nach St. Pölten lockt, fällt dieses Jahr aus. Ein Forscher*innenteam der Universität Wien und des WasserCluster Lunz untersuchte nun die Auswirkungen des Festivals für das Flussökosystem der Traisen. Die Studie zeigt, dass die Besucher*innen eine Vielzahl organischer Verbindungen aus Getränken, Pflegeprodukten und Abfällen in die Traisen eintragen. Diese Substanzen beeinflussen dann den Metabolismus des Flusses. Die Ergebnisse wurden in "Environmental Science & Technology" veröffentlicht und dokumentieren damit die Konsequenzen der intensiven Freizeitnutzung für den Kohlenstoffkreislauf von Fließgewässern.

    Fließgewässer wie die Traisen veratmen gelösten organischen Kohlenstoff, der üblicherweise aus natürlichen Quellen wie Böden und Pflanzen des Einzugsgebietes stammt. Wälder, Wiesen und Felder liefern eine Vielzahl von organischen Molekülen, welche sich auch auf die Farbe des Wassers auswirken. Der so eingebrachte Kohlenstoff wird durch im Fluss lebende Mikroorganismen nach und nach abgebaut. Dabei entsteht Energie für die Mikroben, aber auch überschüssiges Kohlendioxid, welches an die Atmosphäre abgegeben wird.

    Ein an der Universität Wien und am WasserCluster Lunz beheimatetes Forscher*innenteam um Astrid Harjung, Katrin Attermeyer, Michael Schagerl und Jakob Schelker hat nun aufgezeigt, wie dieser natürliche Kreislauf der Traisen einmal im Jahr durch das FM-4 Frequency Festival verändert wird.

    Substanzen-Cocktail
    Das Festival lockt jährlich rund 100.000 Besucher*innen. Durch das Festivalgelände mit Campingmöglichkeit fließt die Traisen. Mit im Gepäck haben sie verschiedene organische Verbindungen, welche über unterschiedliche Wege in den Fluss eingetragen werden.

    Der menschliche Eintrag von gelöstem Kohlenstoff in die Traisen konnte durch Fluoreszenzspektroskopie dokumentiert werden. Neben bekannten Verbindungen zeigte die Analyse auch eine unbekannte Komponente im "Substanzen-Cocktail" an. Die Forscher*innen erstellten daraufhin eine Liste möglicher Quellen für diesen unbekannten Stoff: Neben Bier und anderer Getränkte, wurden diverse Pflegeprodukte wie Seife, Sonnencreme und Zahnpasta, aber auch Urin und Plastik als anthropogene Quellen in Betracht gezogen. In Laborexperimenten konnte dann nachgewiesen werden, dass ein häufig in Sonnencremen verwendeter UV-B Filter, Phenylbenzimidazole sulfonic acid (PBSA), das Signal erzeugte. Diese Beobachtung wurde durch weitere Analysen in Zusammenarbeit mit tschechischen Spezialisten durch Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie bestätigt.

    Fluss außer Atem
    In einem weiteren Schritt wurden verschiedene anthropogene organische Kohlenstoffquellen im Labor auf ihre Bioverfügbarkeit für die Mikroorganismen im Fluss getestet. Es zeigte sich, dass einige der durch Festivalbesucher*innen eingetragenen Stoffe sehr schnell veratmet werden. So wurde z.B. Bier und Urin bereits innerhalb weniger Stunden fast vollständig abgebaut, wodurch sich der CO2-Ausstoß vor Ort erhöhte. Im Gegensatz dazu war für das PBSA aus Sonnencremen auch nach Wochen kein biologischer Abbau quantifizierbar.

    Die Studie zeigt, dass die intensive Freizeitnutzungen von Fließgewässern die Konzentration und Zusammensetzung des gelösten Kohlenstoffes maßgeblich verändern kann. Diese Veränderungen führen zu einer Verschiebung des Gewässermetabolismus – einerseits zu einer verstärkten Veratmung leicht abbaubarer Substanzen, andererseits zu einem Weitertransport von nicht abbaubaren Verbindungen Richtung Meer.

    Publication in "Environmental Science & Technology":
    Astrid Harjung , Katrin Attermeyer, Victor Aigner, Nikola Krlovic, Gertraud Steniczka, Helena Švecová, Michael Schagerl, and Jakob Schelker "High Anthropogenic Organic Matter Inputs during a Festival Increase River Heterotrophy and Refractory Carbon Load".
    DOI: 10.1021/acs.est.0c02259


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Jakob Schelker
    Department of Limnology and Bio-Oceanography
    Universität Wien
    1090 - Wien, Althanstraße 14
    +43660 3215081
    jakob.schelker@univie.ac.at


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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