Historiker der Universität Jena gibt Buch „Der Unterricht der Visitatoren“ mit heraus
Die Reformation war ein tiefgreifender Einschnitt im Leben der Menschen in der Frühen Neuzeit. Martin Luther, ein Augustinermönch und Theologe, hatte es gewagt, die bis dahin geltende buchstäblich gottgewollte Ordnung zu erschüttern und einzureißen. Doch wie gelang es den Fürsten, allen voran den Luther schützenden Ernestinern, die Reformation in ihrem Herrschaftsgebiet durchzusetzen? Eine entscheidende Rolle spielte dabei ein Buch, das sozusagen die Anleitung zur Durchsetzung der Reformation enthielt. „Der Unterricht der Visitatoren“ erschien 1528 und wurde faktisch zu einem Bestseller weit über die Kernlande der Reformation hinaus.
Der Leiter des Archivs der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Prof. Dr. Joachim Bauer, hat jetzt gemeinsam mit der langjährigen Leiterin des Thüringer Hauptstaatsarchivs Weimar Dagmar Blaha und dem Theologen Dr. Stefan Michel von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften Leipzig das Buch „Der Unterricht der Visitatoren (1528). Kommentar – Entstehung – Quellen“ herausgegeben. Der Band erschien als Nr. 94 in der international renommierten Reihe „Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte“, die seit 1911 im Auftrag des Vereins für Reformationsgeschichte herausgegeben wird.
Textpassagen von Martin Luther
„Der Unterricht der Visitatoren war de facto ein Gemeinschaftswerk von Theologen, Juristen und Beamten, dessen Grundlagen Philipp Melanchthon legte“, sagt Joachim Bauer. Auch Martin Luther habe einzelne Fassungen redigiert bzw. Textpassagen eingefügt und das Vorwort geschrieben. Im Kern sei es um die Frage gegangen, wie eine Gemeinde auszusehen habe gemäß den Erfordernissen des neuen Glaubens. Genutzt wurde „Der Unterricht der Visitatoren“ in fast allen lutherischen Ländern, selbst im dänischen Roskilde erschien eine Ausgabe. Zehn Jahre nach dem Erstdruck wurde eine zweite Auflage herausgebracht.
Dem Fürsten wieder regierbare Untertanen schaffen
Im „Unterricht der Visitatoren“ wurden vor allem die Aufgaben der Pfarrer neu festgeschrieben. Neu etabliert wurde das Amt des Superintendenten, das bis heute in der evangelischen Kirche Bestand hat. Am Ende des Buches stand eine neue Schulordnung, weil auch das Schulwesen neu geordnet werden musste. „Insgesamt trug das Buch dazu bei, dem Fürsten wieder regierbare Untertanen zu schaffen“, konstatiert Joachim Bauer.
In dem jetzt erschienenen Band zeichnen die Autoren detailliert die Entstehungsgeschichte des Bestsellers der Reformation nach. Dazu gibt es einen umfangreichen theologischen Kommentar des Kirchenhistorikers Stefan Michel. Ergänzend haben die Herausgeber zahlreiche neue, teils bis dato noch nicht veröffentlichte Quellen erschlossen, die Dagmar Blaha in einer Edition angefügt hat. So lasse sich die Entstehungsgeschichte des Bestsellers chronologisch und inhaltlich nachzeichnen, sagt Joachim Bauer, bis hin zur Rechnung für den Buchdrucker Hans Lufft aus Wittenberg. Er erhielt im März 1528 400 Gulden für den Druck von 750 Exemplaren des „Unterrichts der Visitatoren“. Das Geld kam aus der Schatulle des Kurfürsten und war offensichtlich gut angelegt.
apl. Prof. Dr. Joachim Bauer
Archiv der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Bibliotheksplatz 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 9401900
E-Mail: joachim.bauer@uni-jena.de
Joachim Bauer, Dagmar Blaha, Stefan Michel: „Der Unterricht der Visitatoren (1528). Kom-mentar – Entstehung – Quellen“, in „Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte“ im Auftrag des Vereins für Reformationsgeschichte, Heidelberg 2020, 376 Seiten, 84 Euro, ISBN: 978-3-579-05848-1
Historischer Bestseller: Titelblatt des Buches "Der Unterricht der Visitatoren“, der 1528 erschien.
Foto: Joachim Bauer/Uni Jena
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