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28.01.2021 13:00

KI für die Raumfahrt – ESA und DFKI starten gemeinsames Transferlab

Christian Heyer DFKI Kaiserslautern
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, DFKI

    Ob der eigenwillige HAL 9000 bei Odyssee im Weltraum, der dezent agierende „Computer“ der Enterprise oder die nüchtern-sarkastischen TARS und CASE in Interstellar – in der Science-Fiction wird die Exploration des Weltraums seit jeher von Künstlicher Intelligenz begleitet. Auch wenn derartige Sternenreisen noch lange nicht zum Alltag in der Raumfahrt gehören, sind die lebensfeindliche Umgebung im All und die komplexen Anforderungen von Weltraummissionen geradezu prädestiniert für den Einsatz von KI. Denn dort nehmen die Herausforderungen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Systeme und zur Maximierung des wissenschaftlichen Nutzens rasant zu.

    Um neue KI-Technologien und -Anwendungen für den Einsatz in der zivilen Raumfahrt zu entwickeln, gründen die Europäische Weltraumorganisation ESA und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) ein gemeinsames Forschungslabor – das ESA_Lab@DFKI. Das Transferlab am DFKI in Kaiserslautern schafft einen Rahmen, in dem Wissenschaftler*innen beider Organisationen unter anderem an KI-Systemen zur Interpretation komplexer, umfangreicher Daten aus der Erdbeobachtung oder zur Kollisionsvermeidung von Satelliten forschen.

    Das neue Forschungslabor wird die Nähe des DFKI zum European Space Operations Centre (ESOC) der ESA in Darmstadt nutzen. Das ESOC ist die Missionskontrolle für 22 ESA-Raumschiffe und Zentrum für das Weltraumsicherheitsprogramm der Agentur, das sich auf Gefahren durch Weltraummüll, riskante Asteroiden und Weltraumwetter konzentriert.

    Prof. Dr. Antonio Krüger, Vorsitzender der Geschäftsführung des DFKI: „KI und Raumfahrt gehören zusammen. Denn KI-Technologien haben dort das größte Potenzial, wo der Mensch an die Grenzen des physisch oder kognitiv Machbaren stößt. Sie können in der modernen Raumfahrt entscheidend bei der Bewältigung der steigenden Anforderungen von immer komplexeren Missionen helfen. Zudem ermöglicht der technische Fortschritt der KI neue Projekte, die noch vor kurzem undenkbar waren. Die ESA und das DFKI haben gemeinsam bereits einige erfolgreiche Projekte, beispielsweise im Bereich der Weltraumrobotik und langzeitautonomer Systeme durchgeführt oder sind darin aktiv. Um so mehr freuen wir uns, die Zusammenarbeit mit dem neuen Transferlab auszubauen und zu festigen und damit noch mehr vielversprechende KI-Technologien aus dem breiten Spektrum der DFKI-Forschung für den Einsatz in der Raumfahrt zu erschließen."

    ESA-Generaldirektor Prof. Dr.-Ing. Jan Wörner betont: „Der Einsatz von KI wird dem gesamten Spektrum der Raumfahrt ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Die Extraktion von Wissen aus den enormen Datenströmen, die Erdbeobachtungssatelliten ebenso wie Sonden in unserem Sonnensystem liefern, die Steigerung der Autonomie und Zuverlässigkeit von Satelliten, und schließlich die Verbesserung der Interaktion zwischen Mensch und Maschine sind solche Anwendungsbereiche. Aber auch im administrativen Bereich, insbesondere beim Thema ‚Knowledge Management‘, sehen wir ein exzellentes Anwendungsfeld für KI.

    Dr. h.c. Thomas Reiter, Astronaut und ESA-Koordinator internationale Agenturen und Berater des Generaldirektors, fügt an: „Je weiter wir uns von der Erde entfernen, desto größer wird die Notwendigkeit zur Autonomie. Deshalb ist gerade auch für die astronautische und robotische Exploration unserer Nachbarplaneten und unseres Sonnensystems die KI ein ausgesprochen vielversprechendes Instrument. Das durch KI unterstützte, optimale Zusammenspiel von Mensch und Maschine an Bord einer um den Mond kreisenden Plattform, eines interplanetaren Raumschiffs, oder auf der Oberfläche von Mond und Mars, bei der Steuerung von robotischen Rovern oder Habitaten, wird ein entscheidendes, den Missionserfolg bestimmendes Element. Auch für die Erkennung von Gefahren im und aus dem Weltraum erwarten wir durch den Einsatz von KI-basierten Verfahren entscheidende Fortschritte, wie zum Beispiel bei der Analyse und Vorhersage von Weltraumwetter-Ereignissen. Die stetig zunehmende Zahl von Satelliten im nahen Erdorbit hat immer häufiger die Annäherungen oder gar Überschneidungen der Flugbahnen zur Folge. Auch bei der Analyse von Kollisionsrisiken und der Gewährleistung des sicheren Betriebs von Satelliten sehen wir ein weites Einsatzfeld für KI.“

    Vielfältige Anwendungsgebiete für KI

    Prof. Dr. Andreas Dengel, Geschäftsführender Direktor am DFKI in Kaiserslautern und Leiter des Forschungsbereichs Smarte Daten und Wissensdienste: „Die Möglichkeiten für nutzbringende Anwendungen in der Raumfahrt angesichts einer im technologischen und klimatischen Wandel befindlichen Welt sind vielfältig. Ebenso vielfältig sind hierbei die Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien. Unsere Machine und Deep Learning-Verfahren eignen sich zum Beispiel hervorragend zur Analyse und Interpretation der umfangreichen und komplexen Daten von Erdbeobachtungssystemen, sei es zur Klimabeobachtung, für den Katastrophenschutz oder die Landwirtschaft. Mit dem neuen Transferlab möchten wir einen Kreativraum schaffen, um gemeinsam nachhaltig hochaktuelle und zukünftige Bedarfe an KI-Lösungen in ESA-Projekten zu identifizieren und maßgeschneiderte Raumfahrtanwendungen zu entwickeln.“

    Künstliche Intelligenz für die Erdbeobachtung

    Satelliten senden täglich große Datenmengen zurück zur Erde. Die Daten des Europäischen Copernicus-Programms etwa stehen Anwendern frei zur Verfügung. Diese Daten sind jedoch viel zu umfangreich, als dass sie von Menschen allein analysiert werden könnten. KI-Methoden können dabei helfen, aus den Rohdaten wertvolles Wissen zu generieren. Mit speziellen Methoden des Maschinellen Lernens lassen sich beispielsweise Ausbreitungs- und Schadensprognosen für Umwelt- und Katastrophenschutz von durch Naturkatastrophen betroffenen Gebieten treffen. Kommerzielle Mehrwertdienste reichen von der finanziellen Risikoabschätzung solcher Ereignisse bis zur Überwachung industrieller Infrastrukturen auf der Erde. Ein weiteres Anwendungsszenario zielt auf die Versorgungssicherheit durch landwirtschaftlich Produkte: Wachstumszustände und Bodenqualitäten von Anbaugebieten lassen sich analysieren und so Ertragsprognosen treffen. Die herausragende Expertise der ESA in der satellitengestützten Erdbeobachtung ergänzt sich hierbei ideal mit der Erfahrung der DFKI-Wissenschaftler*innen aus wegweisenden Projekten in der Landwirtschaft, wie iGreen.

    Künstliche Intelligenz für den sicheren Betrieb von Satelliten

    Ein weiteres potenzielles Einsatzgebiet für KI ist die Kollisionsvermeidung von Weltraumflugkörpern angesichts immer mehr Objekten in der Erdumlaufbahn. Denn die Raumfahrt steht mit dem verstärkten Einsatz von so genannten Mega-Konstellationen vor einem Paradigmenwechsel. Sind in der Vergangenheit eher einzelne, hochspezialisierte, große Satelliten betrieben worden, geht der Trend in der internationalen Raumfahrt heute zu Konstellationen von hunderten oder gar tausenden Kleinsatelliten. Dies stellt die Betreiber von weltraumgestützter Infrastruktur vor neue Herausforderungen, denn mit der Anzahl an Satelliten steigt auch das Risiko von Kollisionen und der Entstehung von weiterem Weltraumschrott. KI-Methoden helfen bei der genauen Berechnung der Umlaufbahnen von aktiven und passiven Satelliten sowie von bekanntem Weltraumschrott. Somit lassen sich Kollisionen durch Ausweichmanöver verhindern.

    Erfolgreicher Transfer aus dem Forschungs-Ökosystem

    Die Partnerschaft zwischen ESA und DFKI in Form des ESA_Lab@DFKI wird diese und andere grundlegende Technologieentwicklungen unterstützen und verspricht, die Bandbreite und den Umfang von Innovationen zu erweitern, die aus der akademischen Forschung in hochentwickelte industrielle Anwendungen transferiert werden.

    ESA_Lab@s sind gemeinsame Initiativen zwischen der ESA und akademischen bwz. Forschungseinrichtungen. Die Institutionen steuern Vorschläge für innovative Forschung bei, die den Weltraum mit ihrer wissenschaftlichen Expertise, ihren Studierenden und ihrer Lehre verbinden, während die ESA technische Expertise aus der gesamten Agentur und Wissen aus erster Hand über die Herausforderungen der modernen Raumfahrt beisteuert. Zu den bestehenden ESA_Lab@s, die sich auf künstliche Intelligenz konzentrieren, gehören neben dem DFKI Kooperationen mit der Universität Oxford und dem University College London.

    Auch das DFKI setzt mit dem ESA_Lab@DFKI auf ein bewährtes Konzept, indem Mitarbeiter*innen von Partner-Organisationen in die Forschungsteams des DFKI eingebettet werden, die im „Ökosystem“ der DFKI-Forschungsbereiche mitarbeiten und im geschützten Datenraum konkrete Lösungen und Produkte entwickeln. Die Identifizierung und Entwicklung einschlägiger Technologien ist so eng mit dem wissenschaftlichen Fortschritt verzahnt. Transferlabs unterhält das DFKI bereits mit Industrieunternehmen aus verschiedenen Branchen, wie Continental, Hitachi, IAV oder Sartorius. Eine weitere Kooperation mit LKA Rheinland-Pfalz und BKA befindet sich in Planung.

    Pressekontakt:

    Christian Heyer
    Leiter Unternehmenskommunikation
    Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Kaiserslautern
    Trippstadter Straße 122
    67663 Kaiserslautern
    Email: Christian.Heyer@dfki.de

    Ninja Menning
    ESA Newsroom and Media Relations Office
    Email: media@esa.int


    Weitere Informationen:

    https://www.dfki.de/web/news/esa-dfki-transferlab Diese PM auf DFKI.de


    Bilder

    Zum Teil noch unentdeckte Trümmer und defekte Raketenstufen im geostationären Ring sind eine wachsende Gefahr für Satelliten.
    Zum Teil noch unentdeckte Trümmer und defekte Raketenstufen im geostationären Ring sind eine wachsen ...

    esa


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Informationstechnik, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Zum Teil noch unentdeckte Trümmer und defekte Raketenstufen im geostationären Ring sind eine wachsende Gefahr für Satelliten.


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