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26.02.2021 09:00

Zellbiologie: Signalübertragung ohne Signal - Rezeptorcluster können Zellbewegungen lenken

Dr. Markus Bernards Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Wenn wir riechen, schmecken oder sehen oder wenn Adrenalin durch unsere Adern rauscht, werden diese Signale von unseren Zellen über eine bestimmte Gruppe von Empfänger-Proteinen empfangen, den sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Rezeptoren geben die Signale ins Zellinnere weiter. Dass solche Rezeptoren auch Signale produzieren können, obwohl ein äußerer Stimulus fehlt, haben jetzt Biochemikerinnen und Biochemiker der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Leipzig herausgefunden: Es reicht bei manchen Rezeptoren offenbar aus, wenn viele von ihnen an der Zelloberfläche eng zusammenrücken. (Science, doi/10.1126/science.abb7657)

    Unser Körper besteht aus 100 Billionen Zellen, die miteinander kommunizieren, Signale aus der Außenwelt empfangen und darauf reagieren. Eine zentrale Rolle in diesem Kommunikationsnetz spielen Empfänger-Proteine, sogenannte Rezeptoren, die in der Zellmembran verankert sind. Dort empfangen sie Signale und leiten sie ins Zellinnere weiter, wo die Reaktion der Zelle ausgelöst wird.

    Beim Menschen stellen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPC-Rezeptoren) mit rund 700 verschiedenen Typen die größte Gruppe dieser Empfängermoleküle. Im Fokus der Forschung der Frankfurter und Leipziger Wissenschaftler:innen stand ein GPC-Rezeptor, der in Zellen als Empfänger für das Neuropeptid Y dient und entsprechend Y2-Rezeptor genannt wird. Neuropeptid Y ist ein Botenstoff, der vor allem Signale zwischen Nervenzellen vermittelt, daher treten Y2-Rezeptoren vorwiegend in Nervenzellen auf und lösen die Bildung neuer Zellverbindungen aus.

    Im Labor züchteten die Forscher:innen Zellen, die je rund 300.000 Y2-Rezeptoren an ihrer Oberfläche hatten und auf eigens entwickelten, mit Licht adressierbaren Matrizen wuchsen. Jeder der Y2-Rezeptoren war mit einem kleinen molekularen „Etikett“ versehen. Erzeugten die Wissenschaftler:innen nun mit einem feinen Laserstrahl einen Lichtpunkt auf der Zelle, so verbanden sich unter diesem Spot die Y2-Rezeptorfortsätze derart mit der belichteten Matrize, dass die Y2-Rezeptoren eng zu einer Gruppe zusammenrückten und einen sogenannten Cluster bildeten. Das Ganze passierte unmittelbar an Ort und Stelle und innerhalb weniger Sekunden.

    Prof. Robert Tampé vom Institut für Biochemie der Goethe-Universität Frankfurt erklärt: „Das Erstaunliche an diesem Experiment ist, dass das Clustern der Rezeptoren ein Signal auslöst, das ähnlich dem von Neuropeptid Y ist. So konnten wir alleine durch diese Clusterbildung Zellbewegungen als Reaktion der Zelle auslösen. Durch die Laserspots konnten wir sogar steuern, in welche Richtung sich die Zelle bewegen soll.“ Weil die eingesetzten lichtempfindlichen Moleküle im Vergleich zu den Rezeptoren sehr klein sind, ist die Organisation der Rezeptoren in der Zellmembran mit dem Laserspot hoch präzise steuerbar. „Damit ist diese nicht-invasive Methode besonders gut geeignet, um die Auswirkungen des Rezeptorclusterings in lebenden Zellen zu untersuchen“, so Tampé weiter. „Mit diesem Verfahren lassen sich spannende wissenschaftliche Fragen verfolgen, zum Beispiel, wie Rezeptoren in Netzwerken organisiert sind und wie im Gehirn neue Schaltkreise entstehen.“

    Bild / Video zum Download:

    http://www.uni-frankfurt.de/98160408
    Bildtext: Laserspots aktivieren in einer Matrix sehr kleine synthetische Schlüssel-Schloss-Paare und erzeugen so Rezeptorcluster in der Zellmembran. Diese Liganden-unabhängige Aktivierung löst Kalziumsignale und eine erhöhte Zellbewegung aus. (Copyright: M. Florencia Sánchez & Robert Tampé, Goethe-Universität Frankfurt).

    http://www.uni-frankfurt.de/98150564
    Movie: Nach der Bestrahlung mit Laserlicht (weiße Ringe) gruppieren sich in der Zelle die Rezeptoren (hellgrüne Punkte). Die Zelle bewegt sich daraufhin in Richtung der Rezeptorcluster. (Copyright: M. Florencia Sánchez & Robert Tampé, Goethe-Universität Frankfurt). Reprinted with permission from M. F. Sánchez et al., Science 10.1126/science.abb7657(2021).


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Robert Tampé
    Institut für Biochemie
    Goethe-Universität Frankfurt
    Tel. 069 798 29475
    tampe@em.uni-frankfurt.de
    http://www.biochem.uni-frankfurt.de/


    Originalpublikation:

    M. Florencia Sánchez, Sylvia Els-Heindl, Annette G. Beck-Sickinger, Ralph Wieneke, Robert Tampé: Photo-induced receptor confinement drives ligand-independent GPCR signaling. Science abb7657
    DOI: 10.1126/science.abb7657; https://science.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.abb7657


    Bilder

    Laserspots aktivieren in einer Matrix sehr kleine synthetische Schlüssel-Schloss-Paare und erzeugen so Rezeptorcluster in der Zellmembran. Diese Liganden-unabhängige Aktivierung löst Kalziumsignale und eine erhöhte Zellbewegung aus.
    Laserspots aktivieren in einer Matrix sehr kleine synthetische Schlüssel-Schloss-Paare und erzeugen ...
    M.F. Sánchez, Robert Tampé
    M. Florencia Sánchez & Robert Tampé, Goethe-Universität Frankfurt


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Laserspots aktivieren in einer Matrix sehr kleine synthetische Schlüssel-Schloss-Paare und erzeugen so Rezeptorcluster in der Zellmembran. Diese Liganden-unabhängige Aktivierung löst Kalziumsignale und eine erhöhte Zellbewegung aus.


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