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31.05.2021 21:00

Extremes CO2 Treibhaus heizte die junge Erde auf

Gabriele Meseg-Rutzen Presse und Kommunikation
Universität zu Köln

    Hohe Temperaturen auf der jungen Erde bei niedriger Sonneneinstrahlungen wurden wahrscheinlich durch viel Kohlendioxid in der Atmosphäre verursacht / Mit dem Beginn der Plattentektonik wurde es kälter, da das CO2 nach und nach auf den Kontinenten gespeichert wurde

    Sehr hohe atmosphärische CO2-Gehalte können erklären, wie vor drei bis vier Milliarden Jahren die hohen Temperaturen auf der noch jungen Erde zustande gekommen sind. Zu dieser Zeit strahlte unsere Sonne nur mit 70 bis 80 Prozent ihrer heutigen Intensität. Trotzdem war das Klima auf der jungen Erde offenbar recht warm, denn es gab kaum Gletschereis. Dieses Phänomen ist als das „Paradox der jungen schwachen Sonne“ bekannt. Ohne ein effektives Treibhausgas wäre die junge Erde zu einem Eisklumpen gefroren. Ob CO2, Methan oder ein ganz anderes Treibhausgas dem Planeten Erde eingeheizt hat, ist in der Wissenschaft umstritten. Neue Untersuchungen von Dr. Daniel Herwartz von der Universität zu Köln, Professor Dr. Andreas Pack von der Universität Göttingen und Professor Dr. Thorsten Nagel von der Universität Aarhus (Dänemark) zeigen nun, dass ein hoher CO2-Gehalt als Erklärung plausibel ist. Das würde zudem noch ein anderes geowissenschaftliches Problem lösen: die scheinbar zu hohen Meerestemperaturen. Die Studie ist im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen.
    Eine viel diskutierte Frage in der Geowissenschaft betrifft die Temperaturen der frühen Ozeane. Es gibt Hinweise darauf, dass sie sehr heiß waren. Messungen von Sauerstoff-Isotopen an sehr alten Kalk- oder Kieselgesteinen, die als Geothermometer dienen, deuten auf Meerwassertemperaturen von über 70°C hin. Niedrigere Temperaturen ergeben sich nur, wenn sich auch das Meerwasser in seiner Sauerstoff-Isotopen-Zusammensetzung verändert hätte. Dies galt jedoch lange als unwahrscheinlich.
    Modelle aus der neuen Studie zeigen, dass hohe CO2-Gehalte in der Atmosphäre eine Erklärung liefern können, da sie auch eine veränderte Zusammensetzung der Ozeane verursacht hätten. „Hohe CO2-Gehalte würden somit gleichzeitig zwei Phänomene erklären: zum einen das warme Klima auf der Erde und zum anderen, warum die oft herangezogenen Geothermometer scheinbar heißes Meerwasser anzeigen. Berücksichtigt man das andere Sauerstoff-Verhältnis des Meerwassers, ergibt sich eher eine Temperatur von 40°C“, so Daniel Herwartz von der Uni Köln. Es sei zwar denkbar, dass es auch viel Methan in der Atmosphäre gab. Das hätte jedoch keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Ozeans gehabt. Es würde also nicht erklären, warum das Sauerstoff-Geothermometer zu hohe Temperaturen liefert. „Beide Phänomene lassen sich also nur mit sehr viel CO2 erklären“, fügt der Forscher hinzu. Die Gesamtmenge an CO2 schätzen die Autoren auf etwa ein bar CO2. Das ist so viel, als bestünde unsere gesamte heutige Atmosphäre aus CO2.
    „Heute ist CO2 nur ein Spurengas in der Atmosphäre. Verglichen damit klingt ein bar CO2 nach absurd viel. Wenn wir aber unseren Schwesterplanet Venus mit etwa 90 bar CO2 anschauen, relativiert sich das“, erklärt Andreas Pack von der Uni Göttingen. Auf der Erde wurde das CO2 der Atmosphäre und dem Ozean sukzessive entzogen und in Form von Kohle, Öl, Gas, Schwarzschiefern und in Kalkstein gespeichert. Diese Kohlenstoffspeicher liegen vor allem auf den Kontinenten. Die junge Erde war aber größtenteils von Ozeanen bedeckt und es gab kaum Kontinente, sodass auch die Speicherkapazität für Kohlenstoff begrenzt war. „Dies erklärt auch den aus heutiger Sicht enormen CO2-Gehalt der jungen Erde. Denn vor grob drei Milliarden Jahren hat die Plattentektonik und die Entwicklung von Landmassen, in denen Kohlenstoff über lange Zeit gespeichert werden konnte, gerade erst an Fahrt aufgenommen“, erläutert Thorsten Nagel von der Universität Aarhus.
    Für den Kohlenstoffkreislauf hat der Beginn der Plattentektonik alles verändert. Große Landmassen mit Gebirgen sorgten für eine schnellere Silikatverwitterung, die CO2 in Kalkstein umwandelt. Zudem wurde Kohlenstoff effektiver in den Erdmantel subduziert. Die Plattentektonik hat also dafür gesorgt, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre stark zurückging. Dass es auf der Erde deutlich kälter wurde, sieht man am vermehrten Auftreten von Eiszeiten. „Schon frühere Studien hatten darauf hingewiesen, dass die Kalkgehalte in alten Basalten auf einen starken Abfall im atmosphärischen CO2-Gehalt hindeuten. Das passt gut mit einem Anstieg in den Sauerstoff-Isotopen zur selben Zeit zusammen. Alles deutet darauf hin, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre nach dem Beginn der Plattentektonik schnell zurückgegangen ist“, sagt Daniel Herwartz. Allerdings bezieht sich „schnell“ in diesem Zusammenhang auf mehrere hundert Millionen Jahre.
    Inhaltlicher Kontakt:
    PD Dr. Daniel Herwartz
    Institut für Geologie und Mineraloge
    +49 221 470-3240
    d.herwartz@uni-koeln.de
    Prof. Dr. Andreas Pack
    Geowissenschaftliches Zentrum
    Georg-August-Universität Göttingen
    +49 175 2981638
    apack@uni-goettingen.de
    Presse und Kommunikation:
    Jan Voelkel
    +49 221 470 2356
    j.voelkel@verw.uni-koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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