Am Institut für Europäische Studien und Geschichtswissenschaften der TU Chemnitz startet eine erstmalige systematische Untersuchung der Kinderarbeit in dieser Branche über den Zeitraum von 1800 bis 1938
Weltweit arbeiten heute mehr als 200 Millionen Kinder – oft unter katastrophalen Bedingungen unter anderem in Fabriken, auf Baustellen und in der Landwirtschaft. Am 12. Juni rückt der „Welttag gegen Kinderarbeit“ dieses Thema wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Was weniger bekannt ist, sind die historischen Bezüge der Kinderarbeit – so auch in Sachsen, wo insbesondere im 19. Jahrhundert Kinder vielerorts beispielsweise in Baumwollspinnereien und im Heimgewerbe ausgebeutet wurden. An der Juniorprofessur Antike und Europa der Technischen Universität Chemnitz startet nun ein Forschungsprojekt zum Thema „Kinderarbeit in der sächsischen Textilindustrie, 1800-1938“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in den kommenden drei Jahren mit etwa 155.000 Euro gefördert wird.
Untersucht werden das Ausmaß und die Art der Kinderarbeit in der sächsischen Textilindustrie vom 19. Jahrhundert bis zur Verabschiedung des Jugendschutzgesetzes von 1938. Dabei stützt sich die Studie unter anderem auf eine umfangreiche Überlieferung von Akten im Sächsischen Staatsarchiv, die bisher noch nicht systematisch ausgewertet wurde, und die es erlaubt, neben der Fabrikarbeit von Kindern auch die Heimarbeit im Textilgewerbe, das oft mit der Industrie eng verflochten war, stärker einzubeziehen. „Kinderarbeit war in der Textilindustrie in Sachsen, einer der Pionierregionen der Industrialisierung auf dem europäischen Kontinent, lange Zeit weit verbreitet“, sagt Projektleiter Dr. Manuel Schramm und fügt hinzu: „Die meisten Untersuchungen zur Kinderarbeit in dieser Region gehen bis zum Ersten Weltkrieg, wir nehmen nun eine Langzeitperspektive ein und erforschen auch die Kinderarbeit in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, womit die Studie fast völliges Neuland betritt.“ Die Betrachtung eines längeren Zeitraums ermögliche es, wichtige Fragen zu beantworten wie diejenige nach Rückgang oder Formwandel der Kinderarbeit, oder, im Falle der Fabrikarbeit von Kindern, nach den Ursachen des Rückgangs. „Zudem erlaubt die Konzentration auf eine Branche, der Frage nachzugehen, wie sich technische Entwicklung und Veränderungen der Betriebsorganisation in quantitativer und qualitativer Hinsicht auf die Kinderarbeit auswirkten“, so Schramm. Spannend sei auch zu untersuchen, warum in Sachsen offenbar Kinderarbeit verbreiteter war als in anderen deutschen Staaten wie etwa in Preußen.
Dr. Manuel Schramm, Institut für Europäische Studien und Geschichtswissenschaften, E-Mail manueal.schramm@phil.tu-chemnitz.de
Dr. Manuel Schramm recherchiert auch in Akten des Sächsischen Staatsarchivs in Chemnitz.
Foto: TU Chemnitz/Lili Hofmann
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Geschichte / Archäologie, Maschinenbau
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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