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07.09.2021 11:00

Botengänger zwischen Darm und Gehirn: T-Zellen wandern aus Darm und Haut ins Zentrale Nervensystem

Lisa Pietrzyk Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Schon länger ist bekannt, dass eine Verbindung zwischen dem Darm-Mikrobiom und dem Zentralen Nervensystem (ZNS) besteht. Bisher war es allerdings nicht gelungen, die Immunzellen zu zeigen, die vom Darm ins ZNS und damit ins Hirn wandern. Ein Münchner Forschungsteam konnte nun die Wanderung der T-Zellen mit violettem Licht erstmals sichtbar machen – und schafft damit die Basis für neue Therapiemöglichkeiten bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) oder Krebs.

    Die Verbindung zwischen dem Darm-Mikrobiom und dem ZNS, die sogenannte „Darm-Hirn-Achse“, wird für vieles mitverantwortlich gemacht: für das Gewicht eines Menschen, für Autoimmunerkrankungen, Depressionen, psychische Erkrankungen oder Alzheimer. Dass Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität München (TUM) und des LMU Klinikums München diese Verbindung nun erstmals sichtbar machen konnten, gibt Anlass zur Hoffnung – etwa für MS-Erkrankte: Nun könnten die Therapien angepasst und die T-Zellen eventuell vor dem Eintreffen im Gehirn verändert werden.

    Wanderung der Immunzellen bei MS

    Das Immunsystem wird von Umweltfaktoren beeinflusst – bei Patientinnen und Patienten mit einer MS auch im Zentralen Nervensystem. Sie erleben immer wieder Schübe dieser Autoimmunerkrankung – die MS verbessert oder verschlechtert sich. T-Zellen sammeln Informationen und transportieren diese bei Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose in das Zentrale Nervensystem, also ins Gehirn und Rückenmark, wo dann eine Immunreaktion ausgelöst wird. Wie und von welchem Ausgangspunkt die T-Zellen tatsächlich ins ZNS gelangen, war allerdings lange unklar.

    Markierte T-Zellen mit violettem Licht sichtbar gemacht

    Das Team um Thomas Korn, Professor für Experimentelle Neuroimmunologie an der TUM, hat nun eine Methode entwickelt, um Immunzellen von Mäusen durch photokonvertierbare Proteine zu markieren. Mit violettem Licht können die T-Zellen so sichtbar gemacht werden. Dies gelang den Forscherinnen und Forschern am Mausmodell in Lymphknoten sowohl im Darm als auch in der Haut. So konnte das Team optisch nachverfolgen, wie die T-Zellen von dort ins Zentrale Nervensystem wanderten.

    Eigenschaften der T-Zellen verraten Herkunft

    T-Zellen aus der Haut wanderten in die graue und weiße Substanz des Zentralen Nervensystems, T-Zellen aus dem Darm fast ausschließlich in die weiße Substanz. Bei den T-Zellen im Gehirn konnte ihre Herkunft immer noch abgelesen werden. „Diese Erkenntnisse sind so bedeutsam, da damit erstmals gezeigt wurde, dass Umwelteinflüsse die T-Zellen in den Darm- oder Hautlymphknoten prägen und dann diese Informationen mit in die Organe transportieren, die weit entfernt liegen“, sagt Prof. Thomas Korn. „Die Eigenschaften der T-Zellen sind dabei so stabil, dass wir feststellen konnten, ob die Immunreaktionen durch Haut- oder Darm-T-Zellen beeinflusst werden“, erklärt Dr. Eduardo Beltrán, der wesentlich zur bioinformatischen Analyse der untersuchten Immunzellen beigetragen hat.

    Ansatzpunkt für künftige Therapien

    Eine wichtige Erkenntnis für Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose: „Wüßte man nämlich, ob Darm- oder Hautzellen die Erkrankung ausgelöst haben, könnte man die T-Zellen am Ausgangspunkt der Erkrankung behandeln und Vorhersagen für das Fortschreiten der chronischen Entzündung und der Autoimmunität treffen“ erläutert Michael Hiltensperger, Erstautor der Studie. Auch für andere Autoimmunerkrankungen oder Krebs könnten die Erkenntnisse einen Durchbruch für die Therapie bedeuten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Univ.-Prof. Dr. Thomas Korn
    Klinikum rechts der Isar
    der Technischen Universität München
    Leiter Experimentelle Neuroimmunologie
    Stv. Klinikdirektor Neurologische Klinik
    Tel.: +49-89-4140-5617
    oder +49-89-4140-4606 (OA-Sekretariat)
    E-Mail: thomas.korn@tum.de


    Originalpublikation:

    Hiltensperger, M., Beltrán, E., Kant, R. et al.
    Skin and gut imprinted helper T cell subsets exhibit distinct functional phenotypes in central nervous system autoimmunity. Nature Immunology 22, 880–892 (2021).
    DOI: 10.1038/s41590-021-00948-8


    Weitere Informationen:

    https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/36885
    https://mediatum.ub.tum.de/1622134


    Bilder

    Thomas Korn ist Professor für Experimentelle Neuroimmunologie.
    Thomas Korn ist Professor für Experimentelle Neuroimmunologie.
    Magdalena Jooss
    Magdalena Jooss / TUM


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Thomas Korn ist Professor für Experimentelle Neuroimmunologie.


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