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22.03.2004 15:35

Auf höchster Ebene: Künftige Meteorologen haben April-Wetter im Blick

Dr. Bärbel Adams Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Welt-Wetter-Tag am 23. März - Anlass für eine Stippvisite im ''Turmhaus''

    Der 23. März wird seit 1961 als Weltjahrestag für Meteorologie - kurz auch Welt-Wetter-Tag - begangen. Es soll damit an die 1950 in Kraft getretene Konvention der Weltorganisation für Meteorologie (WMO - World Meteorological Organization), einer Sonderorganisation der UNO, erinnert werden. Der Welt-Wetter-Tag war Anlass für eine Stippvisite im Institut für Meteorologie der Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig.

    "Nein, wir lassen an diesem Tag keine große Party steigen,", bekennt Dr. Armin Raabe, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts. "Keine Zeit. Bei uns laufen derzeit aufwändige Forschungsprojekte an, so unter anderem zu Niederschlagsvorhersagen im Wassereinzugsgebiet der Elbe und zur Nutzung des GPS-Systems, also der von Navigationssystem im Auto bekannten Satelliten für die Wettervorhersage. Und dann kommen unsere Studenten aus dem Semesterferien wieder und beginnen hier ihr Praktikum in Sachen Wetterbeobachtung."

    Um die künftigen Meteorologen mit ihrem Handwerkszeug bekannt zu machen, ist die Universität bestens ausgerüstet. Das Domizil des Instituts für Meteorologie ist das ehemalige ''Turmhaus'' in der Leipziger Stephanstaße. Das Gebäude auf der Anhöhe am Rande einer Kleingartenanlage wird irrtümlich oft als Sternwarte bezeichnet. Es war aber nur ein Nebengebäude der 1861 eingeweihten und im Krieg zerstörten Universitätssternwarte. Ihr erster Direktor Karl Christian Bruhns hatte nicht nur auf astronomischem Gebiet große Verdienste, sondern gründete 1863 auch das meteorologische Beobachtungsnetz in Sachsen. Zu diesem Zwecke ließ er das "Turmhaus" errichten, das wegen seiner Schlichtheit den Unwillen der Anwohner erregt haben soll. Im Jahre 1993 wurde das unter Denkmalschutz stehende Haus restauriert, wodurch das wieder gegründete, damals von Prof. Dr. Gerd Tetzlaff geleitete Institut für Meteorologie an eine historische Stätte zurückkehren konnte.

    Wenn die angehenden "Wetterfrösche" die hölzerne Wendeltreppe im Turm ihres Instituts hinaufklettern, dann erwarten sie hoch oben allerdings andere Messgeräte als die Studentengenerationen vor hundert und mehr Jahren. "Am ähnlichsten ist wahrscheinlich noch das Anemometer, dieses an Quirle erinnernde Messgerät für Windrichtung und Windgeschwindigkeit", erläutert Raabe. Auf der kleinen Dachfläche des Turmes finden zudem noch ein Gerät zur Messung der Strahlungsintensität der Sonne (Sonnenphalometer) sowie ein Blitzlokalisierer Platz. "Mit solch einem Gerät können wir im Umkreis von 50 Meilen, also rund 80 Kilometern, von jedem Blitz unter anderem die Stärke seines magnetischen Feldes und die Richtung und Entfernung des Einschlages registrieren."

    Beim Blick in die Tiefe ist auch die Wetterwiese des Instituts zu überschauen. Dort sieht alles so aus, wie sich der Laie eine richtige Wetterwarte vorstellt: ein hochbeiniges weißes Häuschen mit lamellenartigen Wänden birgt Mess- und Aufzeichnungsgeräte für Temperatur und Luftfeuchtigkeit. In oben offenen Säulen wird der Regen aufgefangen und dessen Menge registriert. Und der Neuschnee wird ganz simpel über einem Brett auf das er gefallen ist, mit dem Zollstock gemessen. "Aber wir sind keine offizielle Wetterstation", möchte Raabe betont wissen. "Wir beliefern keine Kunden und machen keine verbindlichen Vorhersagen.
    Unsere Messungen sind die Übungsergebnisse der Stundenten."

    Wobei er gleich noch zu bedenken gibt: "Viele junge Leute sehen allerdings allein in der Wetterbeobachtung die Aufgabe des Meteorologen und vermuten in dieser Wissenschaft an der frischen Luft ihren Traumberuf. Und wenn es im ersten Semester hart ran geht an die Physik, an Formeln und Berechnungen, wenn sie mehr am PC sitzen als Wolken zu betrachten, dann sind viele verwundert und suchen sich eine andere Studienrichtung."

    Dass die Studenten ihr Praktikum gerade in den ersten Apriltagen und damit in der Zeit wildester Wetter-Wirren beginnen, ist allein dem Studienjahres-Rhythmus geschuldet. "Und eigentlich ist der April nicht komplizierter zu erfassen als jeder andere Monat", so Raabe. Dennoch - wie stellt sich der Wetterwendische denn nun dar in der Leipziger Stephanstraße? Dr. Raabe holt einen dicken Ordner hervor und schlägt die Jahresüberblicke auf: "Bei den Tagesmitteltemperaturen stellt der April keinen besonderen Ausreißer dar; er liegt genau zwischen März und Mai bei etwa 10°C. Tage mit Extremtemperaturen sind im April sogar seltener als in anderen Monaten. Beim Niederschlag allerdings liegt er mit rund 47 Litern pro Tag und Quadratmeter etwa neun Liter über seinem Vor- und drei Liter über seinem Folgemonat. Trotzdem regnet es im Sommer viel mehr, fast 70 Liter im Juli. Der April nervt die Leute aber wahrscheinlich deshalb so, weil sie zwar nicht lange aber ziemlich häufig den Schirm rausholen müssen." Ursache dieser häufigen Änderungen ist der Wechsel von Winter- zu Sommerwetter. "Die feuchten, kühlen Tiefdruckgebiete aus dem Westen und Norden prallen auf die trockenen Hochdruckgebiete aus dem Osten und Süden", erläutert Raabe die Auseinandersetzung in der Wetterküche. "Die extremen Temperaturunterschiede der Luftmassen beschleunigt das Auf und Ab in der Atmosphäre, das Bilden und Auflösen von Wolken, den Ausgleich der Druckunterschiede durch Winde."

    Ein wenig Unbehagen äußert Raabe jedoch beim Blick auf die seit Jahrzehnten - also auch zu Zeiten, da die Meteorologen keine eigenes Institut hatten - in der Stephanstraße erfassten Messergebnisse: "Die Erfassung meteorologischer Daten ist in einer Großstadt nicht frei von Störungen. Als vor rund 20 Jahren der große Neubaublock in der Prager Straße hochgezogen wurde, sind wir sozusagen in dessen Windschatten geraten. Dass sich in unserer Statistik das Monatsmittel im April seitdem ein wenig erhöht hat, kann darin liegen - muss aber nicht." Für die Übungsmessungen der Studenten spielt dies allerdings keine Rolle. Sie werden demnächst wieder auf dem Turm zu sehen sein und den April sozusagen von höchster Ebene aus beurteilen.

    Marlis Heinz


    weitere Informationen Prof. Dr. Gerd Tetzlaff
    Telefon: 0341 97-32850
    E-Mail: staake@uni-leipzig.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-leipzig.de/~meteo


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Organisatorisches
    Deutsch


     

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