FAU-Ökonom untersucht, weshalb in Europa die CO2-Emissionen aus dem Stromsektor aufgrund der Corona-Pandemie stärker gesunken sind als in anderen Teilen der Erde
Das öffentliche Leben und die wirtschaftliche Aktivität auf ein Minimum reduziert: Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben die Nachfrageverhältnisse auf dem Energiemarkt geändert. So stark wie noch nie zuvor in Friedenszeiten sank der Energieverbrauch – und mit ihm die CO2-Emissionen. Jedoch nicht überall gleich viel: In Europa sanken die CO2-Emissionen stärker als in anderen Teilen der Erde. Ökonomen der FAU und der Schweiz untersuchen, wie sich die verringerte Energienachfrage auf die Menge der CO2-Emissionen in Europa auswirkt.
Während des kompletten Lockdowns sank die Stromnachfrage um bis zu 19 Prozent, der CO2-Ausstoß sogar um 34 Prozent pro Stunde. Diese Daten stammen aus 16 EU-Staaten und Großbritannien. Ausgewertet wurde der Zeitraum von Januar bis März 2020. Die Forscher stellten jedoch große Unterschiede fest: Je nachdem welche Stromversorgungsquelle verdrängt wurde und wie intensiv der Nachfrageschock war, haben verschiedene Länder ihre CO2-Emissionen mehr oder weniger deutlich reduziert.
Die Länder, in denen die Reduzierung des CO2-Ausstoßes am spürbarsten war, sind diejenigen, deren Energieversorgung stark kohleabhängig ist. Zu ihnen zählen zum Beispiel Polen und Großbritannien, aber auch Deutschland. Sind die Zertifikate, die für erhöhten Kohlenstoffausstoß erworben werden müssen, teuer, sorgt die geringe Nachfrage dafür, dass der teurere, „schmutzige“ Strom zugunsten von alternativen Energiequellen vom Markt verdrängt wird. Als sich die Pandemie Anfang vergangenen Jahres in Europa ausbreitete, war der Preis für diese Zertifikate hoch, weniger Strom wurde aus Kohle gewonnen, die CO2-Emissionen sanken deutlich.
In anderen Ländern ohne eine entsprechende CO2-Bepreisung, wurde eher das weniger CO2-intensive Gas als Stromquelle vom Markt verdrängt – eine Entwicklung, die eine nicht so drastische Verringerung des CO2-Ausstoßes zur Folge hatte. „Unsere Forschung zeigt, dass die Emissionsminderung durch eine Reduktion der Energienachfrage bei einem angemessen hohen CO2-Preis wesentlich höher ausfällt, als bei keinem oder einem geringen CO2-Preis“, erklärt Prof. Liebensteiner.
Es ist möglich, dass die Verringerung der CO2-Emissionen nur so lange anhält, bis sich die Wirtschaft von der Pandemie erholt – ähnlich wie es während der Weltwirtschaftskrise 2009 der Fall war. Denn obwohl weniger Kohlenstoff ausgestoßen wurde, gibt es keinen Strukturwandel hin zu einer kohlenstoffärmeren Energieversorgung. Die Wissenschaftler veröffentlichen ihrer Ergebnisse in der Fachzeitschrift Energy Policy*. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein ausreichend hoher Preis für Emissionen sofort die Wirksamkeit von Energieeffizienzmaßnahmen ankurbeln würde“, sagt Prof. Liebensteiner. „So könnte auch längerfristig der Strukturwandel in der Elektrizitätsversorgung durch Anreize für Investitionen in weniger emissionsintensive Technologien eingeläutet werden.“
Prof. Dr. Mario Liebensteiner
Juniorprofessur für Energiemärkte und Energiesystemanalyse
Tel.: 0911/5302-96204
mario.liebensteiner@fau.de
doi.org/10.1016/j.enpol.2021.112392
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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