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08.04.2004 17:55

Wie man den Hautkrebs austrickst. Biochemiker entschlüsselt Schutzmechanismus der Melanomzellen

Ilka Seer Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Freie Universität Berlin

    Das maligne Melanom ist ein bösartiger Hauttumor an dem immer mehr Menschen erkranken. Hat das Melanom Metastasen gebildet, zeigt es eine äußerst schlechte Prognose, was z.Z. auf eine Resistenz gegen bisher bekannte Chemotherapeutika zurückzuführen ist. Möglicherweise hat ein junger Wissenschaftler nun einen Ansatz gefunden, um diese Resistenz zu überwinden. Dazu ist es zunächst notwendig, die Mechanismen zu verstehen, die der Tumor zur Regulation des Zelltods, "Apoptose" genannt, verwendet. Dies war Gegenstand der Doktorarbeit von Dr. Amir Masoud Hossini. Er arbeitet an der Dermatologischen Klinik der Charité, Campus Benjamin Franklin, in Berlin.

    Apoptose ist der programmierte Zelltod. Überall da, wo es kranke oder nicht mehr benötigte Zellen gibt, entledigt sich der Körper dieser Zellen durch die Apoptose. Genetisch regulierte Mechanismen werden in Gang gesetzt, die zum Tod der Zelle führen. Man kann auch vom Selbstmordprogramm der Zelle sprechen. Dieses ist ein natürlicher Vorgang, mit dem sich ein Organismus auch regeneriert. Wird dieses empfindliche System gestört, kann es z.B. zu Alzheimer (erhöhte Apoptose) oder zu Krebs (erniedrigte Apoptose) kommen. Die Entwicklung von Krebs wird durch Mutationen unterstützt, die u.a. zu unkontrollierter Bildung anti-apoptotischer Proteine oder zum Verlust pro-apoptotischer Proteine führen. Entscheidend für das Schicksal einer Zelle ist die Balance zwischen diesen Faktoren. Dr. Hossini arbeitet an Mitgliedern der Bcl-2-Proteinfamilie; diese Proteine spielen bei der Regulation des Zelltods eine wichtige Rolle. Ein Mitglied dieser Familie, Bcl-Xl, vermittelt das Überleben der Zelle, während ein anderes Mitglied, Bcl-Xs, der Zelle befiehlt zu sterben. Die genauen Mechanismen sind noch Gegenstand der Forschung. Dr. Hossini konnte in seinen Forschungen zeigen, dass der Signalweg nicht von der Aktivierung von Caspasen abhängt. Caspasen sind intrazelluläre, eiweißspaltende Enzyme. Man kann sie sich bildlich als rotierende Messer vorstellen, die in der Zelle alles kurz und klein schneiden. Ihre Agilität bestimmt in vielen Fallen die Einleitung des Zelltods. In Krebszellen ist diese Möglichkeit häufig blockiert. Sie kann aber unter Umständen mit Hilfe der Chemotherapie reaktiviert werden. Diese Medikamente sollen die Signale fördern, die den Zelltod verursachen.

    Die chemotherapeutischen Medikamente haben beim malignen Melanom nur unzureichende Wirkung. Das Melanom hat jedoch einen Schutzschild gegen die Zelltodsignale entwickelt. Dr. Hossinis Forschungen konnten nun zur Klärung der Mechanismen hierfür beitragen. Die Melanomzellen verstärken die Überlebenssignale von Bcl-2 und Bcl-Xl, so dass andere proapoptotische Signale nicht mehr wahrgenommen werden können. Das proapoptotische Protein Bcl-Xs wird hingegen nur schwach von den Zellen gebildet. Um in Richtung eines therapeutischen Ansatzes vorzuarbeiten, hat der Forscher in seinen Untersuchungen das Apoptosesignal Bcl-Xs in Krebszellen einbracht und in einer Zellkultur vermehrt. Mit gentechnischen Methoden konnte er dieses Gen zu einem gewünschten Zeitpunkt an- und ausschalten. Als die Krebszellen in der Kultur mit Chemotherapeutika behandeln wurden reagierten die Melanomzellen anfangs nur schwach darauf. Nach Anschalten des Bcl-Xs-Proteins zeigte sich jedoch eine deutlich erhöhte Sterberate.

    Auch im Tiermodell konnte dieser Effekt bestätigt werden: Nach Anschalten von Bcl-Xs zeigte sich bei Mäusen ein deutlich vermindertes Tumorwachstum. Für therapeutische Überlegungen besteht noch die prinzipielle Schwierigkeit, Apoptosegene, wie etwa Bcl-Xs, nur in die Krebszellen, nicht aber in gesunde Zellen eines Patienten einzubringen. Sollten sich dieses Problem in Zukunft lösen lassen, könnten Tumore mit Hilfe von Apoptosegenen erfolgreich behandelt werden. Die Forscher schätzen jedoch, dass dies noch einige Jahre intensiver Forschung in Anspruch nehmen wird.

    Von Thomas Rode

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
    Dr. Amir Masoud Hossini, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Haut- und Poliklinik, Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin, Tel.: 030 / 8445-2770, E-Mail: hossini@gmx.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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