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04.02.2022 12:12

Tumorsuppressor für Leukämie identifiziert

Dr. Markus Bernards Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Federführung der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt haben einen molekularen Mechanismus entschlüsselt, der die Entstehung einer besonders aggressiven Form von Blutkrebs erklärt. Dabei führt die Störung eines Genregulators zur Ausbildung der akuten myeloischen Leukämie (AML). Die gezielte Wiederherstellung des gestörten Regulators könnte den Weg für neue Therapien ebnen.

    Blutkrebs, sogenannte Leukämien, sind bösartige und aggressive Erkrankungen der blutbildenden Zellen im Knochenmark. Heilung kann nur durch eine sehr intensive Chemotherapie und teilweise durch Knochenmarktransplantation erzielt werden. Ein wesentliches Merkmal von Leukämien ist, dass die bösartigen Zellen nicht zu normalen Blutzellen ausreifen, sondern in einem unreifen Stadium verharren. Die normale Entwicklung und Aktivierung der blutbildenden Zellen wird durch sogenannte Transkriptionsfaktoren gesteuert. Diese Proteine regulieren die Funktion und Entwicklung der Zelle. Jede Fehlsteuerung kann Zellen bösartig verändern und zu Blutkrankheiten wie Leukämie führen.

    Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Jan-Henning Klusmann, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt, hat nun neue Einblicke gewonnen, wie der Ausreifungsstop bei einer bestimmten Form der Leukämie im Kindesalter auf molekularer Ebene zustande kommt. Die Wissenschaftler entdeckten, dass der Transkriptionsfaktor ARID3A eine entscheidende Rolle spielt. Er reguliert eine Vielzahl von Prozessen, einschließlich der embryonalen Entwicklung und der frühen Blutbildung. Die Störung dieses wichtigen Regulators ist ein Schlüsselereignis in der Entwicklung der Akuten Megakaryoblastären Leukämie (AMKL), einem aggressiven Subtyp der Leukämie. „Dank unserer Forschungsergebnisse können wir einen neuen Regulator der Blutbildung beschreiben und somit auch einen Mechanismus der Leukämieentstehung besser verstehen“, erklärt Prof. Klusmann. „Durch gezieltes Eingreifen und Verändern des Regulators konnten wir die Ausreifung der Leukämiezellen einleiten und damit die Leukämie erfolgreich bekämpfen.“ Die Wirkung wurde in Laborversuchen bestätigt und soll nun für die Umsetzung in der medizinischen Versorgung weiterverfolgt werden.

    ARID3A unterdrückt die Leukämieentstehung
    Transkriptionsfaktoren binden an bestimmte DNA-Abschnitte und regulieren, welche und wie viele Botenstoffe oder Proteine hergestellt werden, die die Weiterentwicklung der Zelle bestimmen. Die Transkriptionsfaktoren ARID3A und GATA1 haben die Aufgabe, die Bildung elementarer zellulärer Blutbestandteile wie Thrombozyten (Blutplättchen) und Erythrozyten (rote Blutkörperchen) anzuregen. Bei der Krankheit AMKL wird dieser Prozess unterbunden. AMKL ist häufig durch die Kombination von Trisomie 21 und Mutationen des Transkriptionsfaktors GATA1 gekennzeichnet, die Krankheit tritt also vermehrt bei Kindern mit Down-Syndrom auf.

    In den Analysen der Wissenschaftler wurde deutlich, dass der Transkriptionsfaktor ARID3A durch die Trisomie 21 gestört wird, und er damit seine Fähigkeit verliert, das Wachstum von Blutzellen zu kontrollieren. In der Folge können sich unreife Zellen unkontrolliert vermehren, und es entsteht eine Leukämie. Aus den Erkenntnissen über die Rolle von ARID3A bei der Entstehung dieser Leukämieform schließen die Forscher, dass die Wiederherstellung der gestörten ARID3A-Funktion eine vielversprechende Strategie zur Behandlung der aggressiven Erkrankung sein kann. Diese Erkenntnisse wurden am 3. Februar in der renommierten Fachzeitschrift Blood veröffentlicht. Die Zeitschrift wird von der American Society of Hematology herausgegeben.

    Entwicklung verfeinerter Therapieansätze
    Die Forschungsergebnisse erweitern das Verständnis der komplexen Regulation der Blutbildung und welche schwerwiegenden Folgen eine Fehlsteuerung der molekularen Prozesse hervorruft. „Unsere Ergebnisse können die Grundlage für die Entwicklung verfeinerter Behandlungsansätze legen“, ergänzt Prof. Klusmann. „Basierend auf unserer Expertise wollen wir nun Therapien zur Korrektur dieser Fehlsteuerung entwickeln. Deren klinischer Einsatz wird sicherlich noch einige Jahre dauern, aber sie werden hoffentlich dazu führen, dass unseren kleinen Patientinnen und Patienten in Zukunft schwere Chemotherapien erspart bleiben.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Jan-Henning Klusmann
    Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
    Universitätsklinikum Frankfurt
    Telefon: +49 69 63 01 – 50 94
    KKJM-Direktor@kgu.de
    www.kgu.de


    Originalpublikation:

    Alejo-Valle, O., Weigert, K., Bhayadia, R., Ng, M., Issa, H., Beyer, C., Emmrich, S., Schuschel, K., Ihling, C., Sinz, A., Zimmermann, M., Wickenhauser, C., Flasinski, M., Regenyi, E. M., Labuhn, M., Reinhardt, D., Yaspo, M.-L., Heckl, D., Klusmann, J.-H.; The megakaryocytic transcription factor ARID3A suppresses leukemia pathogenesis; Blood, February 3rd, 2022. https://doi.org/10.1182/blood.2021012231


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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