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02.05.2022 15:29

Arthritis mit Hilfe von künstlicher Intelligenz früh erkennen

Jennifer Utley Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Arthritis ist nicht gleich Arthritis. Doch die Diagnose, unter welcher Art von Entzündungskrankheit die Gelenke genau leiden, fällt nicht immer leicht. In einem interdisziplinären Forschungsprojekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Universitätsklinikums Erlangen konnten Informatiker/-innen und Mediziner/-innen einem künstlichen neuronalen Netzwerk beibringen, zwischen rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis und gesunden Gelenken zu unterscheiden.

    Neuronales Netzwerk lernt anhand von Fingergelenken, gesunde und entzündlich-veränderte Knochen zu klassifizieren

    Im Rahmen des Projekts „Molekulare Charakterisierung der Remission von Arthritis“
    (MASCARA), gefördert vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), stellte sich ein Team unter der Leitung von Prof. Andreas Maier und Lukas Folle, Lehrstuhl für Informatik 5 (Mustererkennung) an der FAU, sowie von PD Dr. Arnd Kleyer und Prof. Dr. Georg Schett von der Medizin 3 des Uni-Klinikums Erlangen die Fragen: Kann künstliche Intelligenz (KI) anhand von Gelenkformen verschiedene Arten von Arthritis erkennen? Ist es so auch möglich, bei Fällen von undifferenzierter Arthritis eine genauere Diagnose zu machen? Gibt es außerdem bestimmte Bereiche in Gelenken, auf die man sich bei einer Diagnose konzentrieren kann?

    Aktuell erschweren fehlende Biomarker häufig eine genaue Klassifizierung der jeweiligen Arthritisform. Zu Hilfe genommene Röntgenaufnahmen können ebenfalls nicht für hundertprozentige Sicherheit sorgen: Ihre Zweidimensionalität ist nicht genau genug, lässt also Raum für Interpretationen. Hinzu kommt, dass die richtige Positionierung des zu untersuchenden Gelenks für das Röntgenbild schwierig sein kann.

    Künstliche Netze lernen anhand von Fingergelenken
    Um seine Antworten zu finden, legte das Forschungsteam den Fokus seiner Untersuchungen auf die Fingergrundgelenke – Regionen im Körper, die im Rahmen von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder Psoriasisarthritis sehr häufig und früh betroffen sind. Ein Netz aus künstlichen Neuronen wurde dann mit Finger-Scans aus der hochauflösenden peripheren quantitativen Computertomographie (HR-pQCT) trainiert mit dem Ziel, „gesunde“ Gelenke von Rheumatoider Arthritis oder Psoriasisarthritis zu unterscheiden.
    Dabei wurde die HR-pQCT gewählt, weil es aktuell die qualitativ hochwertigste Methode ist, um den menschlichen Knochen in der höchsten Auflösung dreidimensional darzustellen. Im Fall einer Arthritis lassen sich so Veränderungen in der Knochenstruktur sehr gut erkennen, was eine zuverlässige Klassifizierung möglich macht.

    Neuronale Netzwerke könnten eine zielgerichtete Behandlung ermöglichen
    Anschließend wurde anhand von 932 neuen HR-pQCT-Scans von 611 Patientinnen und Patienten geprüft, ob das künstliche Netzwerk das Erlernte denn auch umsetzen kann: Beurteilt es die vorher bereits klassifizierten Fingergelenke richtig?
    Die Ergebnisse: Die KI erkannte gesunde Fingergelenke zu 82 Prozent, rheumatoide Arthritis zu 75 Prozent und Psoriasisarthritis in 68 Prozent der Fälle – eine sehr hohe Trefferwahrscheinlichkeit bereits ohne weitere Informationen. Kombiniert mit der Expertise einer Rheumatologin oder eines Rheumatologen könnte dies zu viel eindeutigeren Diagnosen führen. Außerdem war das Netzwerk in der Lage, vorgelegte Fälle von undifferenzierter Arthritis zu klassifizieren.
    „Wir sind mit den Ergebnissen der Studie sehr zufrieden, denn sie zeigen: Mithilfe von künstlicher Intelligenz kann Arthritis leichter klassifiziert werden, was eine schnellere und zielgerichtete Behandlung ermöglichen könnte. Dabei ist uns klar, dass es noch weitere Kategorien gibt, die dem Netzwerk beigebracht werden müssen. Zudem ist geplant, die Methodik der KI auf andere bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT anzuwenden, die häufiger verfügbar sind“, erklärt Lukas Folle.

    Hotspots können Weg zur Diagnose verkürzen
    Während das Forschungsteam für aussagekräftige Ergebnisse auf die hochauflösende Computertomographie zurückgreifen konnte, steht diese Form der Bildgebung Ärztinnen und Ärzten unter normalen Umständen aus Platz- und Kostengründen selten zur Verfügung. Dennoch können die neu gewonnenen Erkenntnisse weiterhelfen: So machte
    das neuronalen Netzwerk gewisse Regionen im Gelenk fest, die jeweils für eine bestimmte Form der Arthritis am aussagekräftigsten sind, sogenannte intraartikuläre Hotspots. „Für die Zukunft könnte das bedeuten, dass diese Bereiche Medizinerinnen und Medizinern als weiteres Teil im Diagnostikpuzzle dienen, um eine Verdachtsdiagnose zu erhärten“, erklärte Dr. Kleyer. Das erspart bei der Diagnose Zeit und Aufwand und ist beispielsweise bereits mithilfe von Ultraschall machbar. In einem Folgeprojekt planen Kleyer und Maier, zusammen mit ihren Gruppen diesen Ansatz noch weiter zu untersuchen.

    Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sind in einem Bericht in englischer Sprache im Journal Frontiers in Medicine nachzulesen: https://doi.org/10.3389/fmed.2022.850552


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Lukas Folle
    Lehrstuhl für Informatik 5 (Mustererkennung), FAU
    Tel.: 09131/85-28982
    lukas.folle@fau.de

    PD Dr. Arnd Kleyer
    Medizin 3 des Uni-Klinikums Erlangen
    Tel.: 09131/85-32093
    arnd.kleyer@uk-erlangen.de

    Prof. Dr. Georg Schett
    Medizin 3 des Uni-Klinikums Erlangen
    Tel.: 09131/85-39133
    georg.schett@uk-erlangen.de


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.3389/fmed.2022.850552


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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