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28.06.2022 10:30

Rassismus und Diskriminierung schaden der Gesundheit

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Langfristige Veränderungen des Stresshormons Kortisol können zu Krankheiten führen

    Personen mit Migrationshintergrund sind häufig mit Diskriminierungserfahrungen konfrontiert. Das Erleben von Diskriminierung aufgrund des ethnischen Hintergrundes steht im Zusammenhang mit Stress und beeinträchtigt die psychische und körperliche Gesundheit. Ein Team um Psychologin Ricarda Nater-Mewes von der Universität Wien zeigte nun, dass die Häufigkeit von Rassismuserfahrungen mit körperlichen Stressindikatoren zusammenhängt. Die Studie erschien kürzlich in der Fachzeitschrift Psychoneuroendocrinology.

    Erlebnisse ethnischer Diskriminierung lösen bei betroffenen Personen häufig eine akute Stressreaktion aus. Stressreaktionen haben mehrere Komponenten, da neben der empfundenen Belastung gleichzeitig auch physiologische Prozesse ablaufen: Der Körper reagiert mit einer Stressantwort (zum Beispiel durch eine erhöhte Herzrate) und das Stresshormon Kortisol wird ausgeschüttet.

    Ungleichgewicht im Körper kann zu psychischen Störungen und körperlichen Krankheiten führen

    Nater-Mewes erklärt: „Wenn ethnische Diskriminierung häufig bzw. chronisch erlebt wird, dann können die körpereigenen Stresssysteme durch den immer wiederkehrenden Stress aus der Balance kommen. Ein solches Ungleichgewicht kann zum Entstehen von psychischen Störungen und körperlichen Krankheiten beitragen. Deshalb ist es wichtig, die potenziell gesundheitsschädigenden Auswirkungen von ethnischer Diskriminierung auf die Stresssysteme auf mehreren Beobachtungsebenen zu untersuchen.“

    In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Psychoneuroendocrinology erschienenen Studie konnten die Autor*innen an einer Stichprobe von Männern mit türkischem Migrationshintergrund zeigen, dass die Häufigkeit von Rassismuserfahrungen mit körperlichen Stressindikatoren zusammenhängt. In der Studie wurden zwei Gruppen von türkischen Migranten untersucht: Personen, die angeben sehr häufig (chronisch) Diskriminierungserfahrungen zu erleben und eine zweite Gruppe von Personen, die solche Erfahrungen sehr selten machen. Die Teilnehmer unterschieden sich sonst in keinem Merkmal voneinander.

    In der Studie durchliefen alle Teilnehmer dann ein Interaktions-Paradigma im Labor, in dem ethnische Diskriminierung standardisiert ausgelöst wurde. Die Reaktion auf diese Diskriminierung wurde mit mehreren Stressindikatoren aufgezeichnet: Das subjektive Stressempfinden wurde erhoben, die Herzrate gemessen und Speichel- und Haarproben entnommen. Diese Proben wurden nach Abschluss der Erhebung von den Forscher*innen unter anderem auf den biologischen Stressindikator Kortisol untersucht. Alle Studienteilnehmer wurden vor ihrer Teilnahme ausführlich über die Studie aufgeklärt und stimmten der Teilnahme zu. Sie konnten die Studie jederzeit abbrechen und Unterstützung in Anspruch nehmen.

    Studienleiter Andreas Goreis erläutert die zentralen Befunde: „Die Analyse der Daten zeigte, dass Personen mit chronischen Diskriminierungserfahrungen mit einem höheren subjektiven Stressempfinden und weniger Kortisol im Speichel auf die Diskriminierung im Labor reagierten. Des Weiteren hatte die chronische Gruppe eine höhere Kortisol-Konzentration im Haar. Die Herzrate und andere Indikatoren des autonomen Nervensystems stiegen hingegen in beiden untersuchten Gruppen gleichermaßen an.“

    Stresshormon Kortisol kann dem Immunsystem schaden

    Mitautor Urs Nater interpretiert dies wie folgt: „Die Ergebnisse legen nahe, dass häufige Diskriminierungserfahrungen tatsächlich zu einer Imbalance körpereigener Stresssysteme führen können. Insbesondere Veränderungen des Stresshormons Kortisol können sich schädigend auf das Immunsystem auswirken und so auf lange Sicht krankheitsfördernd sein.“

    Diese und andere Arbeiten des Forschungsteams fördern das grundlegende Verständnis über die Prozesse und Mechanismen, über die sich ethnische Diskriminierung negativ auf Personen mit Migrationshintergrund auswirken kann. Nater-Mewes hält fest: “Die Ergebnisse dieser Studien helfen uns, maßgeschneiderte klinisch-psychologische und psychotherapeutische Interventionen zu entwickeln. Dies ist insbesondere relevant, um die Gesundheit von Personen mit Migrationshintergrund zu fördern und aufrecht zu erhalten.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    PD Dr. Dr. Ricarda Nater-Mewes
    Forschungs-, Lehr- und Praxisambulanz
    Fakultät für Psychologie
    Universität Wien
    1010 Wien, Renngasse 6-8
    T +43-1-4277-477 00
    ricarda.nater-mewes@univie.ac.at


    Originalpublikation:

    Goreis, A., Nater, U. M., Skoluda, N., & Mewes, R. (2022). Psychobiological effects of chronic ethnic discrimination in Turkish immigrants: Stress responses to standardized face-to-face discrimination in the laboratory. Psychoneuroendocrinology, 142, 105785. https://doi.org/10.1016/j.psyneuen.2022.105785


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Psychologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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