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15.09.2022 12:12

Verbessertes Monitoring von Silikonimplantaten

Carolin Lerch Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine sensitive Methode zur Kontrolle von Silikonimplantaten. Dennoch kann eine zuverlässige Untersuchung der Implantate herausfordernd sein, da eine klare Abgrenzung zwischen Silikon und Fettgewebe auf den Bildern schwierig ist. Ein interdisziplinäres Forschungsteam an der Technischen Universität München (TUM) hat nun einen neuen Algorithmus entwickelt, der die Qualität der MRT-Bilder verbessert, indem er vollautomatisch und zuverlässig Wasser, Fett und Silikon gleichzeitig darstellt.

    Für die Brustrekonstruktion nach einer Mastektomie und zur Brustvergrößerung werden üblicherweise Silikonimplantate verwendet. Die regelmäßige Kontrolle dieser Implantate hilft, Komplikationen wie eine Implantat-Ruptur oder ein implantat-assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom (BI-ALCL) frühzeitig zu erkennen. Dabei ist die MRT die empfindlichste Methode, die zur Überprüfung von Silikonimplantaten zur Verfügung steht. Bislang war es jedoch schwierig, Fett und Silikon in MRT-Aufnahmen voneinander abzugrenzen, da diese Materialien aufgrund ihrer ähnlichen Frequenzen im Hauptmagnetfeld des MRT-Geräts ähnliche Signale erzeugen.

    Verbesserte klinische MRT-Bildgebung von Silikonimplantaten

    Ein Team um Dimitrios Karampinos, Professor für Experimentelle Magnetresonanztomographie an der TUM, hat nun einen neuen Algorithmus für die Datenverarbeitung entwickelt, um Wasser, Fett und Silikon in MRT-Aufnahmen zuverlässig zu unterscheiden. Das Bildgebungsverfahren mit dem Algorithmus basiert auf einem speziellen Datenerfassungsschema geeignet für die Messung von mehreren chemischen Spezies, das bereits zuvor von dem Team entwickelt worden war.

    „Aus technischer Sicht ist es eine Herausforderung, zuverlässige Informationen über Wasser, Fett und Silikon gleichzeitig mit einer einzigen MRT-Aufnahme zu erfassen. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit dem Radiologieteam der TUM haben wir dieses komplexe Optimierungsproblem nicht nur aus mathematischer Sicht gelöst, sondern zudem eine Lösung entwickelt, die sich einfach in gängige klinische MRT-Geräte implementieren und in einen klinischen Arbeitsablauf integrieren lässt“, erläutert Prof. Karampinos.

    Das Bildgebungsverfahren nach der neuen Methode ist einfach und die Datenverarbeitung verläuft vollständig automatisiert. Es soll künftig in der Brustbildgebung für alle Patientinnen, mit und ohne Implantate, eingesetzt werden. Der Algorithmus nutzt zur Lösung des komplexen Problems drei Hauptprinzipien:

    • Hierarchie: Der Algorithmus verarbeitet die MR-Signale in einer Reihe von Schritten, um hochwertige Wasser-, Fett- und Silikonbilder zu erstellen. Dabei entscheidet der Algorithmus bei jedem Schritt auf der Grundlage der verfügbaren Informationen – beispielsweise „Implantat oder kein Implantat“, wie weiter zu verfahren ist.

    • „Multiresolution“ - Ansatz: Hochauflösende Bilder zeigen viele Details, was für Diagnose-Zwecke hilfreich sein kann. Allerdings sind sie auch rauschanfälliger und erschweren daher die Differenzierung von Wasser, Fett und Silikon. Darüber hinaus beanspruchen sie erheblich längere Verarbeitungszeiten. Deshalb beginnt der Algorithmus mit niedrigauflösenden Aufnahmen und erhöht die Auflösung und Komplexität bei den verschiedenen Schritten je nach Bedarf.

    • „Graph-cuts“: Um die komplexe Unterscheidung zwischen mehreren verschiedenen chemischen Spezies zu ermöglichen, wird jeder Wert des dreidimensionalen MRT-Bildes in einem entsprechenden Graphen kodiert. Ein einzelner Graph liefert allerdings nicht genügend Informationen, um zuverlässig zu entscheiden, ob sein Wert Fett, Wasser oder Silikon repräsentiert. An dieser Stelle setzt der Algorithmus an: Die Graphen werden nacheinander gelöst, um auf den vorherigen Informationen aufzubauen. So wird die optimale Lösung – Wasser, Fett oder Silikon – erarbeitet, die unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Graphen und im Kontext des gesamten Bildes am sinnvollsten ist.

    Zuverlässigere und schnellere Kontrolluntersuchungen

    Bisherige Methoden für MRT-Untersuchungen basieren darauf, dass andere Materialien während der Bildgebung unterdrückt werden, während das zu untersuchende Material – beispielsweise Silikon – abgebildet wird. Diese Technik beruht jedoch auf mehreren manuellen Kalibrierungsschritten, die fehleranfällig sein können. Während sich Implantat-Rupturen mit den bisherigen Methoden gut darstellen lassen, sind kleinere Veränderungen wie der Austritt kleinster Silikonpartikel, Gel-Bleeding genannt, damit schwieriger zu erkennen.

    „Die neue Methode läuft vollautomatisiert ab und erfordert keine vorherige Kalibrierung oder Anwenderschulung. Das macht sie robuster und zuverlässiger als Techniken, die auf der Unterdrückung ausgewählter Materialien beruhen“, sagt PD Dr. Eva Maria Fallenberg, Oberärztin am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum rechts der Isar. „Der neue Algorithmus hat bisher selbst bei unterschiedlichen Implantattypen zuverlässige Ergebnisse gezeigt. Da alle Informationen gleichzeitig und nicht für eine chemische Spezies nach der anderen erfasst werden, verkürzt sich die Untersuchungszeit. Das verbessert den Patientenkomfort und ermöglicht es uns zudem, mehr Patientinnen zu untersuchen.“

    Nach den ersten vielversprechenden Ergebnissen wird das neue Verfahren nun mit einer größeren Patientenkohorte auf klinischen MRT-Geräten evaluiert, wie sie üblicherweise in Krankenhäusern eingesetzt werden. Für die Anwendung der neuen Methode sind keine zusätzlichen Geräte erforderlich. Daher könnte sie großflächig im klinischen Bereich eingesetzt werden, sobald sie sich in einer großen Patientenkohorte bewährt hat. Auf längere Sicht wollen die Forschenden zudem untersuchen, ob die neue Methode auch Vorteile für die Beurteilung von Brustgewebe ohne Implantate bietet, da sie zusätzliche nützliche Informationen für die Messung der Brustdichte und zur Darstellung von Verkalkungen im Brustgewebe liefern könnte.

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    Prof. Dimitrios Karampinos und Coautor Prof. Marcus R. Makowski sind Principal Investigators am Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE). MIBE ist ein Integrative Research Institute der Technischen Universität München (TUM), das interdisziplinäre Zusammenarbeit und Synergien zwischen Forschenden aus dem weiten Feld des Biomedical Engineering fördert. Am MIBE entwickeln und verbessern Forschende aus der Medizin, den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften gemeinsam Verfahren zur Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Die Aktivitäten reichen dabei von der Untersuchung grundlegender wissenschaftlicher Prinzipien bis zu deren Anwendung in medizinischen Geräten, Medikamenten oder Computerprogrammen.

    Die Arbeit wurde in Teilen gefördert vom European Research Council (ERC Starting Grant „ProFatMRI“) und unterstützt durch Philips Healthcare.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Dimitrios Karampinos
    Technische Universität München
    Professur für Experimentelle Magnetresonanztomographie
    dimitrios.karampinos@tum.de


    Originalpublikation:

    J. K. Stelter, C. Boehm, S. Ruschke, K. Weiss, M. N. Diefenbach, M. Wu, T. Borde, G. Schmidt, M. R. Makowski, E. M. Fallenberg, D. C. Karampinos: Hierarchical multi-resolution graph-cuts for water-fat-silicone separation in breast MRI. IEEE Transactions on Medical Imaging (2022). DOI: 10.1109/TMI.2022.3180302
    https://ieeexplore.ieee.org/abstract/document/9788478


    Weitere Informationen:

    https://mediatum.ub.tum.de/1687409 Hochauflösendes Bildmaterial
    https://www.bioengineering.tum.de/ Munich Institute of Biomedical Engineering


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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