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16.09.2022 07:55

Den Reset-Knopf drücken: Wie sich eine Autoimmunerkrankung auflöst

Katrin Piecha Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wurden weltweit erstmalig mehrere Patientinnen und Patienten mit schweren Formen einer Autoimmunerkrankung mit körpereigenen gen-modifizierten Immunzellen – sogenannten CAR T Zellen – behandelt. Diese Behandlung erwies sich zum Erstaunen der Ärzte wie eine Art „Reset-Knopf“: Unmittelbar nach der Therapie löste sich die Autoimmunerkrankung völlig und nachhaltig auf.

    „Die Abkürzung ‚CAR‘ steht für chimäre Antigenrezeptoren und bezeichnet einen künstlichen Rezeptor“, erklärt Prof. Andreas Mackensen, Direktor der Medizinischen Klinik 5 für Hämatologie & Internistische Onkologie. „Immunzellen – auch bekannt als T-Zellen – des Patienten werden im Labor mit Hilfe eines gentechnischen Verfahrens mit dem CAR ausgestattet. Dieser erkennt spezielle Antigene auf der Oberfläche der Zielzellen und zerstört diese.“ Bisher sei die Zelltherapie mit CAR-T Zellen bei der Behandlung von Leukämien und Lymphdrüsenkrebs erfolgreich eingesetzt, erläutert Mackensen. Im Falle der Patientinnen und Patienten mit Autoimmunerkrankungen wurde den CAR-T Zellen die Fähigkeit beigebracht, diejenigen Immunzellen unschädlich zu machen, die die selbstzerstörerischen Antikörper gegen die körpereigenen Zellen bilden: die B Zellen.

    Systemischer Lupus erythematodes („Roter Wolf“), kurz „SLE“, ist eine schwere Form einer Autoimmunerkrankung, die meist bei junge Frauen auftritt und bei der sich Antikörper gegen die eigene Erbsubstanz (DNA) bilden. Dies führt zu einer Entzündung innerer Organe wie Nieren, Lungen und Herz. Oft benötigen SLE Patienten große Mengen an Kortison und schwere Immunsuppressiva über lange Zeit hinweg, um die Erkrankung in Schach zu halten. „Wir konnten mittlerweile sechs junge Patientinnen und Patienten, die lebensbedrohlich an einem SLE erkrankt waren, mittels CAR T Zellen vollständig von ihrem SLE befreien“, sagte Prof. Dr. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 (Rheumatologie und Immunologie). Dies sind weltweit die ersten Patientinnen und Patientenmit Autoimmunerkrankungen, die CAR T Zellen erhielten. Die Daten zu den ersten fünf Erkrankten wurden nun in der Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht. „Das Besondere dabei ist, dass eine einmalige Infusion von CAR T Zellen das Kartenhaus aus Entzündung und Autoimmunität zum Einsturz brachte, und dass die Patientinnen und Patienten alle Therapie einschließlich Kortison absetzen konnten“.

    Der ebenfalls an der Studie beteiligte CAR T Zell Spezialist Prof. Dr. Dimitros Mougiakakos von der Universität Magdeburg spricht von einem „Reset-Knopf“, der durch die Gabe der CAR T Zellen im Immunsystem der betroffenen Patienten gedrückt wurde. „Erstaunlich ist, dass 100 Tage nach der CAR T Zelltherapie die B Zellen zwar wieder zurückkommen, die Erkrankung aber weiterhin wegbleibt“, meint Mougiakakos. „Wenn man das Immunsystem der behandelten Patienten untersucht, erstaunt, dass die neu-aufgetretenen B Zellen ‚naiv‘ sind, ähnlich wie die im Körper eines Babys. Das zeigt, dass hier offensichtlich wirklich ein „Reset-Knopf“ gedrückt wurde“, sagt der ebenfalls an der Studie beteiligte Wissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Krönke.

    Die Behandlungen wurden am Deutschen Zentrum Immuntherapie (DZI) in Erlangen durchgeführt und vom Sonderforschungsbereich 1181 (Schaltstellen für die Auflösung der Entzündung; Sprecher: Prof. Dr. Georg Schett) unterstützt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler planen nun eine so genannten Basket Studie zu Beginn des Jahres 2023, in der es Patienten mit verschiedenen Formen schwerer Autoimmunerkrankungen ermöglicht wird, eine Therapie mit CAR T Zellen zu erhalten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Andreas Mackensen
    Tel.: 09131 85-35954
    andreas.mackensen@uk-erlangen.de

    Prof. Dr. Georg Schett
    Tel.: 09131 85-33418
    georg.schett@uk-erlangen.de


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41591-022-02017-5


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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