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02.11.2022 09:27

Zum Verhältnis von Politik und Wissenschaft in der Standortsuche für ein Endlager

Christine Xuan Müller Stabsstelle Presse und Kommunikation
Freie Universität Berlin

    Workshop an der Freien Universität Berlin befasst sich mit Herausforderungen und offenen Fragen bei der Atommüll-Endlagersuche

    Das Forschungszentrum für Nachhaltigkeit (FFN) am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin veranstaltet am 3. und 4. November 2022 einen Workshop im Rahmen des Forschungsvorhabens „Transdisziplinäre Forschung zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland“ (TRANSENS). Ziel ist, die Schnittstellen von Politik und Wissenschaft bei der Standortsuche für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle zu diskutieren und zu reflektieren. Eingeladen sind Forschende, Vertreterinnen und Vertreter der Politik und staatlicher Behörden sowie die interessierte Öffentlichkeit. Konkret befassen sich die Teilnehmenden mit zwei zentralen Fragen: Welche Rollen kommen Wissenschaft und staatlichen Organisationen sowie der Politik im Verfahren zu, und wie sieht ein konstruktives Verhältnis von Politik und Wissenschaft in diesem Zusammenhang aus? Welche Herausforderungen und offenen Fragen lassen sich hierbei identifizieren? Das Forschungszentrum für Nachhaltigkeit (FFN) setzt seit Februar 2022 die Arbeit des 1986 an der Freien Universität gegründeten Forschungszentrums für Umweltpolitik (FFU) fort.

    Hintergrund:
    Das Auswahlverfahren für ein Endlager hochradioaktiver Abfälle soll laut Gesetzgeber wissenschaftsbasiert verlaufen. Mit Unterstützung der Wissenschaft soll ein Standort mit der bestmöglichen Sicherheit bestimmt werden. Der Sammelbegriff der Wissenschaftumfasst an verschiedenen Stellen des sogenannten Standortauswahlgesetzes (StandAG) unterschiedliche institutionalisierte Akteure. So müssen die Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Im Zusammenhang mit den Abwägungskriterien werden explizit die Disziplinen Geo- und Planungswissenschaften hervorgehoben.
    „Die Rolle von Wissenschaft ist jedoch nicht mit diesen Disziplinen aus dem Standortauswahlgesetz erschöpft. Denn die sichere Entsorgung ist wissenschaftlich deutlich umfangreicher zu betrachten; nicht zuletzt, weil sie politisch umkämpft ist und neue Formen demokratischer Prozesse und long-term governanceim Zusammenhang mit Risikothemen erprobt werden. Daraus ergibt sich ein Bedarf nach einer breiteren wissenschaftlichen, interdisziplinären und auch transdisziplinären Begleitung“, sagte Privatdozent Dr. Achim Brunnengräber.

    Die Wechselwirkung zwischen Politik und Wissenschaft erfordert dabei auch eine Reflexion über das Selbstverständnis der Akteure im Verfahren. Staatliche Organisationen können auf vielfältige Weise wissenschaftliche Expertise in ihre Arbeit einfließen lassen. So wurde das Nationale Begleitgremium (NBG) explizit auch mit Akteuren aus universitären Forschungseinrichtungen besetzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten auch im Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), in der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) oder in den geologischen Landesdiensten. Es werden beratende Kommissionen eingesetzt, gutachterliche Tätigkeiten oder langfristige Forschungsaufträge an wissenschaftliche Einrichtungen vergeben.

    Durch Förderpolitik wird maßgeblich mitbestimmt, was als wichtige Erkenntnisgewinne und relevante Forschungsgegenstände gelten und welche nicht. Gleichzeitig finden sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in hochpolitisierten Diskursen wieder. Hier sind sie nicht nur im regelmäßigen Austausch mit staatlichen Verfahrensbeteiligten; sie sind auch integraler Teil des politischen Prozesses und der breiten Beteiligungskultur, wenn sie ihre Erkenntnisse öffentlich kommunizieren und Orientierungswissen bereitstellen wollen. Hier zeigen sich etliche Herausforderungen, etwa der Umgang mit Meinungsverschiedenheiten und Konflikten, der Umgang mit Interessen und Wertungen oder die Kommunikation über Ungewissheiten.

    Die Bewusstmachung wechselseitiger Einflüsse ist notwendig für ein Verfahren, das laut StandAG neben der Wissenschaftsbasierung auch Lernen, Selbsthinterfragung, Reversibilität und Transparenz zum Qualitätsmerkmal machen will. In dem Workshop zum Verhältnis von Politik und Wissenschaft soll gleichermaßen über Erfahrungen aus der Standortsuche wie über Perspektiven im Verhältnis von Wissenschaft und Politik diskutiert werden.

    Drei zentrale Problemstellungen sollen ein erster Ausgangspunkt für den gemeinsamen Dialog sein:
    • Die Abhängigkeit und Unabhängigkeit zwischen staatlichen und wissenschaftlichen Akteuren und Einrichtungen
    • Der Umgang mit Dissensen und unterschiedlichen Erkenntnisinteressen von Expertinnen und Experten
    • Die Kommunikation in einem komplexen Akteursumfeld zwischen politischen (staatlichen) und wissenschaftlichen Akteuren sowie Akteuren aus der (Zivil-)Gesellschaft

    Das Forschungszentrum für Nachhaltigkeit (FFN) befasst sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Transformation. Nachhaltigkeit wird dabei als globale Herausforderung verstanden, die auch einen konfliktreichen Aushandlungs- -und Entscheidungsprozess und damit Politik umfasst. Eine nachhaltige Entwicklung betrifft demnach die Umwelt, die Wirtschaft und die Gesellschaft gleichermaßen. Geforscht wird zu ökologischen, ökonomischen und vor allem zu sozialen Themen. Dabei werden am FFN auch internationale Verflechtungen in den Blick genommen.
    Weitere Informationen

    Zeit und Ort
    • Donnerstag und Freitag, 3. (Beginn 12.00 Uhr) und 4. November 2022 (Beginn 12.30 Uhr).
    • Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin, Garystaße 35-37, 14195 Berlin, U-Bhf. Freie Universität/Thielplatz (U3)
    Anmeldung bis Veranstaltungsbeginn über
    https://www.eventbrite.com/e/das-verhaltnis-von-politik-und-wissenschaft-in-der-...


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Kontakt
    Freie Universität Berlin, Forschungszentrum für Nachhaltigkeit (FFN), Ihnestraße 22, D-14195 Berlin, Albert Denk, E-Mail: albert.denk@fu-berlin.de, Achim Brunnengräber, E-Mail: achim.brunnengraeber@fu-berlin.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Energie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Politik, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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