idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.02.2023 07:50

Die „Achillesferse“ des Influenza-Virus: Ubiquitin-Protein kann Ansatzpunkt für Medikamente sein

Dr. Kathrin Kottke Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfälische Wilhelms-Universität Münster

    Influenza-Viren werden zunehmend resistenter gegen Medikamente. Daher werden neue Wirkstoffe benötigt. Wichtige Erkenntnisse hierzu liefern Forschende der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster: Die Polymerase des Influenza-A-Virus muss für die Virusvermehrung vielfach durch Enzyme der Wirtszellen modifiziert werden. Das Team konnte eine umfassende Landkarte von Modifikationsorten erstellen. Medikamente gegen die Enzyme der Wirtszellen wären resistent gegenüber schnellen Mutationen des Virus und bieten somit viel Potenzial für die Zukunft. Die Studienergebnisse sind nun in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen.

    Jahr für Jahr stellt die Grippesaison eine Herausforderung für die Krankenhäuser dar. Trotz Impfung haben vor allem ältere Menschen und vorbelastete Patienten ein erhöhtes Risiko, schwer an Influenza zu erkranken. Besonders tückisch an den Influenza-Viren ist deren schnelle Mutationsfähigkeit, durch die sie zunehmend auch gegen Medikamente resistent werden. Um auch in Zukunft die Krankheit behandeln zu können, müssen daher dringend neue Wirkstoffe her. Einen wichtigen Schritt auf diesem Weg liefern Forschende der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster in einer aktuell in dem Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlichten Studie: Das Team konnte 59 spezifische Modifikationen an der Polymerase des Influenza-A-Virus nachweisen, also dem entscheidenden Enzym, dass für die Herstellung von Kopien des Virus-Genoms verantwortlich ist. Das Besondere an den in der Studie beschriebenen Modifikationen: Sie werden von Proteinen der Wirtszellen vermittelt – und die können, anders als Virusproteine, nicht schnell mutieren. Daher sind sie ein vielversprechender Angriffspunkt für neue Medikamente.

    Die Influenza-A-Virus-Polymerase (IAV-Polymerase) ist ein hochkomplexes Protein mit gleich mehreren Funktionen. Zu diesen gehört, dass sie nach einer Strukturveränderung auch Kopien des Virus-Genoms (cRNA und vRNA) bilden kann. Ohne diesen „Funktionsswitch“ ist es dem Virus nicht möglich, sich zu vermehren. Wie Dr. Linda Brunotte und Dr. Franziska Günl zusammen mit Kollegen nun herausgefunden haben, benötigt die IAV-Polymerase Proteine der Wirtszelle als „molekulare Schalter“, um ihre vielfältigen Funktionen ausführen zu können. Dabei handelt es sich um Enzyme, die sogenannte Ubiquitinproteine an spezifische Stellen der Polymerase „anhängen“ und dadurch das Signal für den „Funktionsswitch“ auslösen. „Wir konnten eine Landkarte mit 59 Positionen auf der viralen Polymerase erstellen, an die Ubiquitin durch die Wirtszelle angebracht wird. Das sind komplett neue Erkenntnisse, die quasi eine ‚Achillesferse‘ der Influenza-A-Viren offenlegen“, erläutert Dr. Brunotte, Leiterin eines Forschungsteams am Institut für Molekulare Virologie sowie Initiatorin der Studie.

    An 17 Stellen beeinflusst die Ubiquitinierung konkret die Aktivität der Polymerase. Auch eine spezifische Position wurde entdeckt, deren Modifikation das Signal für die Umwandlung und den damit verbundenen „Funktionsswitch“ der Polymerase darstellt. Dr. Günl, Erstautorin der Studie, blickt daher bereits nach vorn: „Auf Basis unserer Kartierung der Ubiquitinierung kann nun in weiteren Studien erforscht werden, welche Enzyme konkret für die Modifikation der IAV-Polymerase zuständig sind. Medikamente, die sich gegen diese Enzyme richten, wären gegenüber Mutationen der Influenza-Viren resistent und bieten somit viel Potenzial für künftige Therapien.“

    Die Studie von Dr. Brunotte und Dr. Günl wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit 266.000 Euro gefördert. Passenderweise fiel das Veröffentlichungsdatum der Ergebnisse der beiden erfolgreichen Forscherinnen auf den „Internationalen Tag der Frauen in der Wissenschaft“.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Linda Brunotte
    Institute of Virology / Universität Münster
    Von-Esmarch-Str. 56
    48149 Münster
    Tel: +49 251 83 52213
    E-Mail: brunotte@uni-muenster.de


    Originalpublikation:

    Günl, F., Krischuns, T., Schreiber, J.A. et al. The ubiquitination landscape of the influenza A virus polymerase. Nat Commun 14, 787 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-36389-0


    Weitere Informationen:

    https://www.medizin.uni-muenster.de/zmbe/die-institute-des-zmbe/inst-fuer-moleku... Institut für Virologie Münster


    Bilder

    Erstautorin Dr. Franziska Günl (l.) und die Leiterin der Studie Dr. Linda Brunotte
    Erstautorin Dr. Franziska Günl (l.) und die Leiterin der Studie Dr. Linda Brunotte
    Saskia Hinse
    Saskia Hinse


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Erstautorin Dr. Franziska Günl (l.) und die Leiterin der Studie Dr. Linda Brunotte


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).