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04.12.1998 14:25

Erster Sonderforschungsbereich zur Nieren- und Hochdruckforschung

Dr.rer.pol. Dipl.-Kfm. Ragnwolf Knorr Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Wie entstehen chronische, oft bis zum Nierenversagen fortschreitende Erkrankungen der Niere, und welche Mechanismen können dieses Organ vor Schädigungen schützen oder bereits eingetretene Schäden wieder beheben? Diese beiden Fragestellungen umreißen den Themenkreis eines neuen Sonderforschungsbereichs (SFB), der zum 1. Januar 1999 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) eingerichtet wird. Im SFB 432 "Nierenschäden: Pathogenese und regenerative Mechanismen", dem ersten Sonderforschungsbereich auf dem Gebiet der Nieren- und Hochdruckforschung, werden zwei Kliniken und vier Institute der FAU zusammenarbeiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat zunächst für die Jahre 1999 bis 2001 einen Förderbetrag von rund zwei Millionen Mark jährlich bewilligt. Sprecher des SFB ist Prof. Dr. Ralf Bernd Sterzel, Vorstand der Medizinischen Klinik IV und Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin IV.

    In dem Sonderforschungsbereich werden nicht nur klinisch und experimentell arbeitende Nierenforscher kooperieren, also beispielsweise Spezialisten für Nierenheilkunde und Bluthochdruck; auch Wissenschaftler anderer medizinischer Bereiche werden einbezogen. In Erlangen und Nürnberg beteiligen sich die Medizinischen Kliniken III und IV, das Institut für Experimentelle Medizin, das Institut für Pathologie, das Institut für Pharmakologie und Toxikologie sowie das Institut für Klinische und Molekulare Virologie.

    Wegbereiter und Kristallisationskern des neuen Sonderforschungsbereichs ist die Klinische Forschergruppe der DFG zum Thema "Molekulare Regulationsmechanismen in glomerulären Zellen der Niere", die 1993 an der Medizinischen Klinik IV eingerichtet wurde und noch bis März 1999 gefördert wird. Das 1994 gegründete Institut für Präventive Medizin der Nieren-, Hochdruck- und Herzerkrankungen (IPM) an der Universität, das von Prof. Sterzel geleitet wird und mit mehreren Wissenschaftlern zusammenarbeitet, die nun im SFB Teilprojekte leiten, kann sowohl wichtige Daten von nierenkranken Patienten zur Verfügung stellen als auch wissenschaftliche Erkenntnisse des SFB in der klinischen Praxis überprüfen. Das IPM ist übergreifend an der FAU und am Klinikum Nürnberg Süd angesiedelt.

    Filter für Reinigung und Recycling

    Durch die Nieren fließt in jeder Minute ein Fünftel der gesamten Menge an Blut, die ein menschlicher Körper enthält. Eine Millionen Nephrone - Nierenkörperchen und Nierenkanälchen - sind im gesunden Organ an der Arbeit. Sie sind "Reinigungs- und Recyclingapparate" zugleich, die Abfall- und Giftstoffe aus dem Blut filtern, alles Verwertbare aber wieder in den Blutkreislauf einspeisen. So regeln die Nieren den Wasser- und Elektrolythaushalt, das Säure-Basen-Gleichgewicht im Blut und den Calcium- und Phosphatstoffwechsel; außerdem produzieren sie wichtige Hormone.

    Funktionsverluste der Nieren, die durch Vernarbung des Gewebes entstehen, können durch keine medizinische Behandlung rückgängig gemacht werden. Sind beide Nieren stark geschädigt, droht der Tod durch Harnvergiftung. 16.000 Patienten in Deutschland leben mit einer Spenderniere; bei 1.700 bis 2.000 Transplantationen jährlich beträgt die Wartezeit derzeit 3 bis 4 Jahre. 50.000 chronisch Nierenkranke können derzeit nur durch Blutwäsche am Leben gehalten werden - das bedeutet auf lange Frist hin dreimal wöchentlich fünf Stunden am Dialysegerät, eine psychisch wie körperlich belastende Prozedur. Pro Jahr kommen drei- bis viertausend neuerkrankte Patienten hinzu. Das deutsche Gesundheitssystem muß Jahr für Jahr die Kosten von Dialysebehandlungen in Höhe von 4,5 bis 5 Milliarden Mark tragen.

    Kaum Spuren auf dem Weg zum Nierenversagen

    Die Mehrzahl der Erkrankungen, die zum irreversiblen Nierenversagen führen, verlaufen "stumm", ohne auffällige Symptome. Schmerzen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang in der Nacht oder angeschwollene Beine und Füße werden häufig ignoriert. Dies erschwert es den Ärzten, rechtzeitig einzugreifen. Bis eine Störung der Nierenfunktion eindeutig erwiesen ist, ist das Organ oft schon unumkehrbar geschädigt. Diabetes und Bluthochdruck sind die häufigsten Risikofaktoren; hier sind bereits erfolgreiche Therapien möglich, wenn die Erkrankung frühzeitig diagnostiziert wird.

    Der neue Sonderforschungsbereich soll die Methoden zur Früherkennung, Vorsorge und effektiven Behandlung wesentlich verbessern. Grundlagenforschung, Untersuchungen am Tiermodell und patientennahe klinische Forschung sind im SFB 423 gleichermaßen vertreten. Die zehn Einzelprojekte untersuchen molekulare oder zelluläre Mechanismen, die Strukturen und Funktionen der Niere aufrechterhalten, und krankhafte Abweichungen von diesen Prozessen. Sehr unterschiedliche Regulationsstörungen münden in eine chronische Niereninsuffizienz; sie können das Immunsystem, den Stoffwechsel oder die Durchblutung betreffen, mit Infektionen oder mit Vergiftungen in Zusammenhang stehen. Die Wissenschaftler interessiert, welche Faktoren das akute Nierenversagen auslösen, warum bestimmte Medikamente den Nieren Schaden zufügen, wodurch das chronische Fortschreiten der Schäden bedingt ist und was dem entgegenwirkt oder wie es dazu kommt, daß Transplantate abgestoßen werden.

    Auf Kooperationsmöglichkeiten und Synergieeffekte in der Entzündungsforschung, wie in zell- und molekularbiologischen Projekten kann der neue SFB 423 bei den bereits bestehenden Sonderforschungsbereichen an der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg rechnen, dem SFB 263 "Immunologische Mechanismen bei Infektion, Entzündung und Autoimmunität", dem SFB 353 "Pathobiologie der Schmerzentstehung und Schmerzverarbeitung", dem SFB 466 "Lymphoproliferation und virale Immundeffizienz" und dem SFB 539 "Glaukome einschließlich Pseudoexfoliationssyndrom". Berührungspunkte ergeben sich auch mit dem Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) und den drei FAU-Graduiertenkollegs, die sich mit medizinwissenschaftlichen Themen befassen.

    Die Gesamtzahl der Sonderforschungsbereiche an der Universität Erlangen-Nürnberg wird, nachdem die Arbeit des SFB 182 "Multiprozessor- und Netzwerkkonfigurationen" vor kurzem zu Ende ging, im Jahr 1999 wieder zehn betragen.

    * Kontakt:
    Prof. Dr. Ralf Bernd Sterzel, Medizinische Klinik IV, Krankenhausstraße 12, 91054 Erlangen
    Tel.: 09131/85 -39002, Fax: 09131/85 -39209

    FAU-Pressestelle, Redaktion Forschung: Gertraud Pickel, Tel.: 09131/85 -24036, -26167


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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