idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.06.2004 14:30

Frauenleben im Griechenland des 19. Jahrhunderts

Brigitte Nussbaum Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Universitäts- und Landesbibliothek Münster bewahrt den Nachlass von Bettina Schinas, geborene von Savigny

    Ernst schaut sie, ihre tief liegenden Augen von keinem Lächeln erhellt. Schmuck und Schleier geben ihr etwas Fernöstliches. Als Referenz an ihre neue Heimat trägt sie ihren Schal nach Art der Griechinnen um den Kopf geschlungen. Als Karl Wilhelm Wach das Bild 1834 wenige Wochen vor ihrer Hochzeit malt, hat Bettina von Savigny gerade noch ein Jahr zu leben. Ein Jahr, in dem sie ihren Mann nach Griechenland begleitet und aus dem zahlreiche Briefe an ihre Familie überliefert sind. Heute sind sie Teil der Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek und geben Auskunft von dem Leben in einem Griechenland, das politisch und kulturell zerrissen war. Dr. Ruth Steffen, 26 Jahre lang Leiterin der Handschriftenabteilung der ULB, hat ihre Briefe und Tagebuchaufzeichnungen in einem opulenten Band herausgegeben.

    Bettina von Savigny war die einzige Tochter des Rechtswissenschaftlers Friedrich Carl von Savigny, in dessen Bekannten- und Verwandtenkreis sich so bekannte Namen wie Clemens Brentano, Ludwig Tieck, Karl Friedrich Schinkel, Leopold von Ranke und die Brüder Humboldt finden, die regelmäßig in seinem Haus in Berlin verkehrten. Bettina wurde 1805 in einen Haushalt hineingeboren, in dem Bildung und Wissen auch für ein Mädchen selbstverständlich waren. Ihre Eltern förderten das intelligente und vielseitig interessierte Mädchen, die mit 15 Jahren Livius las und offensichtlich in Aussehen und Charakter vor allem nach dem Vater kam. Wie die seine war auch ihre Gesundheit nie stabil, sie kränkelte oft und litt unter Kopf- und Zahnweh.

    Mit 19 Jahren lernte sie ihren späteren Mann Konstantinos Dimitrios Schinas in Berlin kennen, wo er die Vorlesungen ihres Vaters besuchte. Schinas stammte aus einer angesehenen griechischen Familie, der 1821 mit dem Beginn des griechischen Aufstandes vor den Türken hatte fliehen müssen. Im Hause Savignys wurde er fast wie ein Familienmitglied aufgenommen. Sehr bald verliebten sich beide ineinander. Doch es sollte bis 1833 dauern, bis Schinas endlich die Möglichkeit sah, in einem inzwischen befreiten Griechenland einer Frau eine Zukunft zu geben. Am 9. Oktober heirateten die beiden in Ancona, Bettina musste sich von ihrer geliebten Familie trennen, blieb aber in regem brieflichen Kontakt.

    Die nun einsetzenden Briefe und Tagebuchaufzeichnungen geben einen ausgezeichneten Einblick in die griechischen Verhältnisse, so Herausgeberin Steffen. Bettina berichtet über Volkscharakter und Wesen der griechen, ihr Familienleben, ihre Lebensweise, ihre Häuslichkeit, Wirtschaft, Sitten und Gebräuche. Zu Anfang bezog das Paar ein Haus in Nauplia und wurde sofort zu einem geschätzten und hoch geachteten Paar der griechischen Gesellschaft. Anfang April 1835 zogen die beiden in die Nähe von Athen um, was für Bettina miserable hygienische Zustände, beengte Wohnverhältnisse und geringeren gesellschaftlichen Verkehr als in Nauplia bedeutete. Im Sommer litt Bettina sehr unter dem kalten, nassen Wetter. In der Stadt kam eine Epidemie auf. Als die Hitze endlich kam, fühlte sich Bettina wieder wohler. Noch in ihrem letzten Brief schreibt sie: "Mir geht es so, dass ich nur dankbar sein kann." Schinas aber erkrankte, Bettina pflegte ihn und steckte sich wohl an. Am 28. August starb sie, tief betrauert von ihrem Mann und ihrer Familie.

    Ihr Nachlass, wie auch der ihres Vaters, dessen privater Teil ebenfalls in der ULB aufbewahrt wird, machen Privates öffentlich, ganz im Sinne Bettinas, die um ihre Wirkung wusste: "Ich kann mir wohl denken, wie meine Briefe für viele Menschen interessant sein können." Der im Verlag Cay Lienau herausgegebene Band gibt nun die Möglichkeit, sie nachzulesen.


    Bilder

    Bettina Schinas, geborene von Savigny
    Bettina Schinas, geborene von Savigny

    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Bettina Schinas, geborene von Savigny


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).