Lucas Cranach der Ältere war einer der einflussreichsten und produktivsten Künstler der Renaissance. Mehr als 2.000 Gemälde, die ihm, seinen Söhnen oder seiner Werkstatt zugeschrieben werden, sind heute bereits im Cranach Digital Archive erschlossen. In einem weiteren Projekt sollen nun rund 300 Zeichnungen sowie 600 Holzschnitte und Kupferstiche erstmals interdisziplinär analysiert werden. Die Forschungsergebnisse und hochauflösende Abbildungen werden der Öffentlichkeit dann unter lucascranach.org frei zur Verfügung stehen.
„Man kann die Bedeutung Cranachs für die Kunst der Renaissance und die Verbreitung der Ideen der Reformation nicht hoch genug schätzen. Er leitete in Wittenberg eine für seine Zeit ausgesprochen innovative Werkstatt mit bis zu zehn Mitarbeitern, die arbeitsteilig organisiert war und neue Bildthemen in verschiedenen Medien seriell produzieren konnte“, erläutert Projektleiter Prof. Dr. Gunnar Heydenreich vom Cologne Institute of Conservation Sciences der TH Köln.
Vorhandenes Archiv wird erweitert
Das Cranach Digital Archive umfasst heute bereits etwa 2.500 Gemälde aus 350 kooperierenden Museen, Kirchengemeinden sowie Privatsammlungen. Über 24.000 hochauflösende Abbildungen sowie mehr als 2.000 Infrarot- und Röntgenaufnahmen ermöglichen tiefere Einblicke in das Gesamtwerk und seine Entstehung. „Mit unseren kunsttechnologischen Untersuchungen können wir zum Beispiel sehen, welche Entwurfszeichnungen unter der sichtbaren Farbschicht liegen und ermitteln, welchen Anteil Cranach an der Produktion in seiner Werkstatt hatte: Legte er nur noch die Motive fest oder unterzeichnete er selbst? Welche Arbeiten an den Werken hat er delegiert?“, sagt Projektmitarbeiter Daniel Görres. Solche Aussagen werden künftig auch für Zeichnungen und Druckgrafiken möglich sein.
Untersuchung von Farben und Papier
Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Werkstattbetrieb erwartet das Forschungsteam auch Fortschritte bei der Zuschreibung von Werken, deren Herkunft bisher unklar ist. So lässt sich etwa genau bestimmen, welche Farbpigmente und Stifte verwendet wurden. „Zeichnungen wurden kopiert und Holzschnitte auch noch hunderte Jahre nach dem Tod Cranachs gedruckt. Wir können untersuchen, ob dabei auch Materialien verwendet wurden, wie sie für Cranachs Werkstatt typisch waren und so die Zuordnung klären“, sagt Heydenreich.
Die eingesetzten bildgebenden Verfahren und Künstliche Intelligenz ermöglichen auch eine intensive Analyse des verwendeten Papiers. So können die Forschenden anhand der Struktur und des Wasserzeichens erkennen, wo und von welchem Hersteller das Papier geschöpft wurde. Dies lässt zum einen Rückschlüsse auf die Handelsbeziehungen dieser Zeit zu. „Zum anderen können wir aber auch sehen, welche Werke auf dem Papier der gleichen Charge und damit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang entstanden sind, was wiederum kunsthistorisch relevant ist“, so Görres.
Weltweit verteilte Werke sind digital einsehbar
Im Cranach Digital Archive werden die hochauflösenden Abbildungen der untersuchten Werke mit technischen Informationen und den Erkenntnissen aus den kunsttechnologischen Untersuchungen verknüpft. Zudem findet sich dort heute bereits eine umfangreiche Sammlung von archivalischen Quellen zu Cranach sowie über 4.000 Literaturnachweisen, die im nun folgenden Projekt weiter ergänzt wird. Das Archiv steht allen Interessierten kostenlos zur Verfügung und bildet die Grundlage für Forschungen rund um Cranach und sein Schaffen.
„Cranachs Werke verteilen sich auf Sammlungen in der ganzen Welt – daher ist die internationale und interdisziplinäre Kooperation die Grundlage für unser Vorhaben“, betont Heydenreich. Die Analysen vor Ort würden daher nur zum Teil von seinem Team und zum anderen Teil von den Mitarbeiter*innen der jeweiligen Institutionen übernommen. In dem Projekt kooperieren Wissenschaftler*innen aus den Disziplinen Kunstgeschichte, Geschichte, Kunsttechnologie und Informationswissenschaften.
Über das Projekt
Das Forschungsvorhaben „Das graphische Werk Lucas Cranachs d. Ä., seiner Söhne und der Werkstatt“ wird über drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Ernst von Siemens Kunststiftung gefördert. Projektpartner sind das Cologne Institute of Conservation Sciences der TH Köln, das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg an der Philipps-Universität Marburg, das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und des Kunstpalasts in Düsseldorf. Weitere bedeutende Sammlungen in Deutschland und Europa beteiligen sich an dem Forschungsnetzwerk. Die Benutzeroberfläche des Cranach Digital Archive entsteht in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christian Noss vom Advanced Media Institute der TH Köln.
Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 25.000 Studierende in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und Wegbereiterin.
Kontakt für die Medien
TH Köln
Referat Kommunikation und Marketing
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Christian Sander
0221-8275-3582
pressestelle@th-koeln.de
Falls Sie keine weiteren Pressemitteilungen der TH Köln erhalten möchten, schreiben Sie bitte an pressestelle@th-koeln.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Kulturwissenschaften
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).