idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.06.2004 08:56

Neue EU-Mitgliedstaaten wollen schnelle Euro-Einführung

Ilka Seer Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Freie Universität Berlin

    Auch in den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird der Euro bald seinen Einzug halten. Ein solcher Schritt beschleunigt die Einbeziehung dieser Länder in den europäischen Integrationsprozess, er ist jedoch auch mit erheblichen wirtschaftlichen und politischen Risiken verbunden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie über "Die Osterweiterung der Eurozone" unter Federführung des "Jean Monnet Centre of Excellence" der Freien Universität Berlin, die heute auf einer internationalen Konferenz in der Berliner Vertretung der Europäischen Kommission vorgelegt wird.

    Von einem schnellen Beitritt zur Eurozone ab 2006 versprechen sich die neuen EU-Mitgliedstaaten in Zentraleuropa vor allem einen stärkeren Zustrom von Auslandskapital, um die wirtschaftliche Lücke, die noch auf Jahrzehnte zwischen den neuen und den alten Mitgliedstaaten klaffen wird, zu schließen. Festgelegte Wechselkurse oder gar eine gemeinsame Währung schaffen Vertrauen und intensivieren den wirtschaftlichen Austausch von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit zwischen beiden Regionen. Das dadurch bewirkte wirtschaftliche Wachstum trägt zur politischen und sozialen Stabilität in Zentraleuropa bei.

    Die Wissenschaftler weisen aber auch auf die erheblichen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Risiken hin, die mit einer Euroeinführung verbunden sind. Die Produktions- und Finanzstrukturen in Ost-Mitteleuropa haben immer noch nicht ganz das Erbe langjähriger kommunistischer Planwirtschaft überwunden. Ein zu rascher Wegfall der währungs- und zinspolitischen Autonomie dieser Länder kann zu sozialen Härten führen, die diese Länder politisch destabilisieren. Das gilt vor allem für die Arbeitsmärkte, die sich als Folge einer währungspolitischen Öffnung weiter liberalisieren dürften. Angesichts der ohnehin schon hohen strukturellen Arbeitslosigkeit - ein Erbe der Planwirtschaft - besteht die Gefahr, dass die Zahl der sozialen Verlierer weiter steigt und gesellschaftliche Polarisierungen zunehmen.

    Wohl das größte Problem, das gegenwärtig die neuen EU-Mitgliedsländer vor Herausforderungen stellt, sind deren erhebliche Leistungsbilanzdefizite. Diese werden vor allem durch unter Umständen volatile Kapitalzuströme finanziert. Die Wissenschaftler schlagen Maßnahmen zur Überführung des gegenwärtig auf ausländischen Investitionen beruhenden Wirtschaftswachstums auf einen nachhaltigen Wachstumspfad vor, um die Risiken möglicher Finanzkrisen zu minimieren. Dies betrifft vor allen Dingen die Geld- und Währungspolitik, die in Bezug auf die Wahl des Wechselkursregimes als auch der Höhe des Wechselkurses das Vertrauen der Finanzmärkte in die Politik herstellen muss. "Der Erfolg der Erweiterung hängt letztlich ab von der Geschwindigkeit des Anpassungsprozesses sowie von den Verfahren, mit denen die richtigen politischen und wirtschaftlichen Mechanismen in Richtung auf eine selbstfinanzierte nachhaltige Entwicklung durchgesetzt werden", betont Prof. Dr. Michael Bolle vom "Jean Monnet Centre of Excellence" der Freien Universität Berlin.

    Ein entsprechender Katalog wirtschaftspolitischer Instrumente beinhaltet Maßnahmen zur Liberalisierung der Güter- und Faktormärkte, die besondere Förderung von Bildung und Infrastruktur sowie jene steuer- und finanzpolitische Aktivitäten, die die inländische Ersparnisbildung und Investitionstätigkeit anregen. Auf diese Weise lassen sich die Leistungsbilanzdefizite allmählich abbauen, so dass eine nachhaltige Konvergenz der neuen EU-Mitgliedsländer an die gegenwärtigen Mitglieder der Eurozone erreicht wird. Je effektiver diese Maßnahmen eingesetzt werden, umso früher sind diese Länder selbst in der Lage, auf dem gesamteuropäischen Markt zu konkurrieren und eine selbsttragende Entwicklung zu bewirken, die wiederum die "alten" EU-Mitgliedstaaten nicht mehr belastet. Es liegt im wohlverstandenen Interesse der "alten" Mitgliedstaaten selbst, diesen Anpassungsprozess zu fördern, damit sie nicht nach einmal erfolgter Einführung des Euro gezwungen werden, eventuelle Destabilisierungseffekte in diesen Ländern durch die Bereitstellung zusätzlicher Hilfen kompensieren zu müssen.

    Das Projekt wurde im Sommer 2001 initiiert und unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Bolle durchgeführt. Wirtschafts- und Politikwissenschaftler der Freien Universität Berlin sowie aus Forschungsinstituten und Universitäten Estlands, Finnlands, Italiens, Polens, Portugals und Sloweniens haben sich mit den Auswirkungen eines bevorstehenden Beitritts zur Eurozone auf politische, ökonomische und soziale Entwicklungen in den Beitrittsländern und in der Eurozone selbst beschäftigt.

    Die gemeinschaftlich von alle beteiligten Institutionen erarbeiteten Ergebnisse sind öffentlich zugänglich: Das Forschungsprojekt hat eine eigene Website, die unter http://www.ezoneplus.org abrufbar ist.

    Der Abschlussbericht ist veröffentlicht unter:
    Michael Bolle (ed.), Eurozone Enlargement - Exploring Uncharted Waters, Berlin: Berliner Wissenschaftsverlag, Juni 2004, 130 Seiten, ISBN 3-8305-0834-4

    Weitere Informationen erhalten Sie unter:
    Prof. Dr. Michael Bolle, "Jean Monnet Centre of Excellence" der Freien Universität Berlin, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Ihnestr. 22, 14195 Berlin, Tel.: 030 / 838-54966, E-Mail: info@ezoneplus.org

    Die Konferenz wird unterstützt von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland und der Sparkassen-Finanzgruppe.


    Weitere Informationen:

    http://www.ezoneplus.org


    Bilder




    None




    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     


    Zum Download

    x


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).