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01.09.2023 11:18

Internationales Forschungsprojekt zu Deportationsfotos aus der NS-Zeit wird an Freier Universität Berlin fortgesetzt

Christine Xuan Müller Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Freie Universität Berlin

    „#LastSeen“ leistet Grundlagenforschung zur Geschichte des Nationalsozialismus / Zweite Förderphase gestartet

    Ein internationales Forschungsprojekt zur Geschichte des Nationalsozialismus ist neu am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg an der Freien Universität Berlin angesiedelt. In dem Verbundprojekt „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ kooperieren sechs renommierte internationale Partnerorganisationen. So konnten die Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution, das USC Dornsife Center for Advanced Genocide Research, Los Angeles, die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Berlin, die Gedenkstätte Hadamar, Public History München und das Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg seit 2021 mittlerweile rund 500 NS-Deportationsfotos aus 60 Städten zusammentragen und den Bestand verdoppeln. Ein digitaler Bildatlas macht die historischen Fotos mit wissenschaftlichen Einordnungen öffentlich frei zugänglich. Ein digitales Spiel, das ebenfalls aus dem Projekt hervorgegangen ist, will Jugendliche und andere Interessierte zur Auseinandersetzung mit den Geschichten in und hinter den Fotos anregen.

    Wer ist der Mann im Kittel, der am 9. Mai 1942 vormittags seine Arbeit in Eisenach unterbricht, sich ans Fenster stellt und neugierig auf den Bahnhofplatz schaut? Vor seinen Augen und unter den Blicken vieler anderer Eisenacher müssen Magda Katz, Marianne Spangenthal und 56 andere Menschen zum Bahnhof gehen, von wo sie in das deutschbesetzte Osteuropa deportiert werden. Im Auftrag der Stadt werden sie dabei fotografiert. Wer war der Fotograf? Welches Schicksal erlitten Magda Katz und Marianne Spangenthal? Überlebten sie oder wurden sie, wie so viele andere Deportierte, ermordet? Diese und andere Fragen werden im internationalen Forschungsprojekt „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ gestellt und beantwortet.

    Die Bilder aus Eisenach sind keine Ausnahme. Es gibt mehrere hundert Fotos der NS-Deportationen aus Deutschland. Sie zeigen, wie sich die Verfolgten zwischen 1938 und 1943zumeist am helllichten Tag, an zentralen Orten in Städten und Orten mit Gepäck einfinden mussten, durchsucht und dann unter Bewachung abtransportiert wurden. Viele der Verfolgten sind auf den Deportationsfotos zum letzten Mal zu sehen. Das Projekt „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ recherchiert Bilder der Deportationen von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma sowie Opfern der Krankenmorde.

    Mittlerweile konnten die Forscher*innen des Verbundprojekts rund 500 Fotos aus mehr als 60 Städten im Gebiet des damaligen Deutschen Reichs zusammentragen. Damit haben sie den bislang bekannten Quellenbestand fast verdoppeln können. Dr. Alina Bothe, die Projektleiterin von „#LastSeen“ erklärt: „Fotos der Deportationen sind zentrale historische Dokumente. Über die Fotos können neue Aussagen zur Geschichte des Nationalsozialismus gemacht werden. Bereits in der ersten Förderphase haben wir mehr gefunden, als wir erwartet haben.“ Kernstück des Projekts ist der online frei zugängliche Bildatlas – zugleich digitale Edition und interaktive Ausstellung. Die Fotos werden historisch und geographisch genau eingeordnet. Sämtliche Aufnahmen sind punktgenau mit Anmerkungen versehen – direkt auf den Fotos. Auf diese Weise werden wichtige Bildinhalte erklärt. Im Zentrum der Forschung steht die Identifikation der Verfolgten auf den Fotos.

    „‘#LastSeen‘ leistet wichtige Grundlagenforschung zur Geschichte des Nationalsozialismus. Zugleich werden die Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht und können z.B. von lokalen Initiativen genutzt werden“, so Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum, Direktorin und Sprecherin des Selma Stern Zentrums für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg.

    Zusätzlich zum Bildatlas wurde ein Spiel entwickelt, bei dem die Spieler*innen selbstständig die Geschichte(n) vor und hinter den Fotos der Deportation aus Eisenach im Mai 1942 recherchieren können. Die Spielenden sollen selbst die Lebensgeschichten von Magda Katz, Marianne Spangenthal und anderen herausfinden. Dabei erfahren sie, dass der Zuschauer auf dem Balkon vermutlich Zahnarzt war.

    Steffen Jost, Programmdirektor der Alfred Landecker Foundation, die „#LastSeen“ fördert, betont die Relevanz des Vorhabens: „Deutlich zu machen, dass die Deportationen in der Öffentlichkeit, vor aller Augen stattfanden, ist ein wichtiger Bestandteil von Forschung und Vermittlung zum Nationalsozialismus. „‚#LastSeen‘ füllt Wissenslücken zu diesem Thema und sorgt dafür, dass dieses Wissen in die Öffentlichkeit getragen wird. Die tiefe Verstrickung der deutschen Gesellschaft in die Ermordung von Millionen von Menschen über innovative Formate wie digitale Spiele zu vermitteln, ist ein wichtiger Schritt.“

    Das Verbundprojekt „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“ wird in der zweiten Förderphase 2023-2025 von der Alfred Landecker Foundation gefördert. (https://www.alfredlandecker.org/de).

    In der ersten Projektphase 2021-2023 wurde das Projekt in der Bildungsagenda NS-Unrecht der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (https://www.stiftung-evz.de/ ) gefördert.

    Weitere Informationen

    Die digitalen Angebote von „#LastSeen“ sind öffentlich frei zugänglich unter:

    Bildatlas: https://atlas.lastseen.org
    Spiel: https://game.lastseen.org

    Zum Verbundprojekt „#LastSeen“ gehören die sechs Partner:

    Arolsen Archives. International Center on Nazi Persecution - https://arolsen-archives.org/
    USC Dornsife Center for Advanced Genocide Research, Los Angeles - https://dornsife.usc.edu/cagr/
    Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Berlin - https://www.ghwk.de/de
    Gedenkstätte Hadamar - https://www.gedenkstaette-hadamar.de/
    Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München
    Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg - https://www.selma-stern-zentrum.de/


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Alina Bothe, Projektleiterin #LastSeen, c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg Freie Universität Berlin, Habelschwerdter Allee 34A, E-Mail:alina.bothe@fu-berlin.de


    Weitere Informationen:

    https://atlas.lastseen.org - Bildatlas
    https://game.lastseen.org - Spiel


    Bilder

    Der Bildatlas #LastSeen
    Der Bildatlas #LastSeen

    Projekt #LastSeen/ &Why


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    Der Bildatlas #LastSeen


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