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20.12.2023 15:51

Wann Schwangere besonders müde sind

Blandina Mangelkramer Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Forschungsteam der FAU analysiert Big-Data-Datensatz über schwangerschaftsbedingte Symptome

    Ob Müdigkeit, Rückenschmerzen oder Schlafprobleme – während der Schwangerschaft treten Symptome auf, die fast allen Frauen zu schaffen machen. Wann welche Beschwerden besonders häufig sind und wie sie verlaufen, hat ein interdisziplinäres Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) untersucht. Das Team nutzte dafür einen anonymisierten Big-Data-Datensatz einer Schwangerschafts-App.

    Jede Schwangerschaft ist einzigartig, doch fast alle Schwangeren haben mit ähnlichen schwangerschaftsbedingten Symptomen zu tun: Sie sind müde, haben Rückenschmerzen, klagen über Verstopfung, Schlafprobleme oder Atemnot. „Diese Symptome sind schon lange bekannt. Aber wann sie im Lauf der Schwangerschaft auftreten, wie sie genau verlaufen und sich gegenseitig beeinflussen, ist bislang nicht gut erforscht“, erklärt Prof. Dr. Björn Eskofier. „Wir müssen das Auftreten dieser Symptome besser verstehen lernen, um Schwangerschaftsvorsorge, aber auch therapeutische Maßnahmen gezielter weiterentwickeln zu können.“ Der Inhaber des Lehrstuhls für Maschinelles Lernen und Datenanalytik der FAU koordiniert gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias W. Beckmann (Klinikdirektor und Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Geburtshilfe und Frauenheilkunde) sowie Prof. Dr. Peter A. Fasching (Professur für Translationale Frauenheilkunde und Geburtshilfe) von der Frauenklinik des Uniklinikums Erlangen das interdisziplinäre Forschungsprojekt SMART Start. Mit im Boot ist auch Prof. Dr. Oliver Schöffski vom Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement der FAU sowie Prof. Dr. Matthias Braun vom Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik der Universität Bonn. Gemeinsam wollen die Wissenschaftler auf Grundlage einer breiten Datenbasis Impulse zur Digitalisierung in der Schwangerschaftsvorsorge in Deutschland geben.

    Müde im ersten Trimester

    Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts analysierte Michael Nissen, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Maschinelles Lernen und Datenanalytik, einen Big-Data-Datensatz des deutschen Schwangerschafts-App-Herstellers keleya. Schwangere Frauen können in der keleya-App ihre individuellen Symptome auswählen. Anschließend erhalten sie angepasste und individuell zusammengestellte Informationen und Inhalte.

    „Am häufigsten sind Frauen während der Schwangerschaft von Müdigkeit betroffen. Das gaben 92,9 Prozent der Nutzerinnen an. Es folgen Rückenschmerzen mit 92,6 Prozent, Kurzatmigkeit mit 81,0 Prozent und Schlafstörungen mit 79,4 Prozent “, fasst Nissen die Ergebnisse zusammen. „Interessant ist, dass jedes einzelne Symptom ein eindeutiges Zeitmuster aufweist“, erklärt der Informatiker. Müdigkeit erreicht demnach im ersten Trimester der Schwangerschaft ihren Höhepunkt, Kopfschmerzen treten vor allem um die 15. Schwangerschaftswoche auf, Durchfall tendenziell zu Beginn und am Ende der Schwangerschaft mit einem deutlichen Minimum um Schwangerschaftswoche 20. Und Schlafprobleme nehmen während der gesamten Schwangerschaft stetig zu.

    Schlafprobleme können mit Schwangerschaftserkrankungen zusammenhängen

    Einige der Symptome haben nicht nur einen Einfluss auf die Lebensqualität. Sie hängen auch mit unerwünschten Folgen für die Schwangerschaft zusammen. So ist aus der Literatur bekannt, dass Schlafstörungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Kaiserschnitte, Frühgeburtlichkeit und Schwangerschaftsdepressionen verknüpft sind. Daher ist die Symptomforschung relevant.

    Großer Datensatz für die Forschung verfügbar

    Keleya stellte der FAU einen großen anonymisierten Datensatz von Nutzerinnen der App für Forschungszwecke zur Verfügung und trägt so unmittelbar zum Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft bei – ein gelungenes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschung. Insgesamt 183.732 Frauen haben mit dem Symptomtracker der App ihre schwangerschaftsbezogenen Symptome erfasst. Sie zeichneten mehr als 1,5 Millionen Symptome auf. Diesen riesigen Datensatz werteten die Forscherinnen und Forscher aus und erstellten Symptomverlaufskurven mit wöchentlichen Symptomberichten für 15 unterschiedliche schwangerschaftsbedingte Symptome. „Die Größe des Datensatzes übersteigt vorherige Arbeiten um ein Vielfaches“, ergänzt Nissen. Darüber hinaus entstammt der Datensatz der „echten Welt“ (real-world evidence). Das kann dazu beitragen, mögliche Verzerrungen und Benachteiligung in der medizinischen Forschung zu verringern und ein breites Bild außerhalb klassischer medizinischer Studien liefern.

    Unterschiede im Nutzungsverhalten

    Ein Problem von Gesundheits-Apps kann das Nutzungsverhalten sein. Einige Nutzerinnen probieren die App nur ein einziges Mal aus. „Wir konnten zeigen, dass sich diese Daten kaum von sehr aktiven Nutzerinnen unterscheiden“, erläutert Nissen. Damit können auch die Daten von Einmal-Nutzerinnen für Forschungszwecke verwendet werden.

    Sekundärnutzung von Branchendaten

    Insgesamt stellt die Arbeit mehrere bisher unbekannte oder umstrittene Symptomverläufe klar und übertrifft vorherige Arbeiten im Umfang deutlich. „Unsere Arbeit unterstreicht das Potenzial der Sekundärnutzung von Branchendaten“, betont der Doktorand. „Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie kann dazu beitragen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen.“

    Zur kompletten Studie in npj Digital Medicine:
    https://www.nature.com/articles/s41746-023-00935-3

    Ansprechpartner für Medien:
    Michael Nissen
    Lehrstuhl für Maschinelles Lernen und Datenanalytik
    Tel.: 09131/85-20286
    michael.nissen@fau.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Michael Nissen
    Lehrstuhl für Maschinelles Lernen und Datenanalytik
    Tel.: 09131/85-20286
    michael.nissen@fau.de


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41746-023-00935-3


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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