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08.02.2024 10:28

Wie erreichen Klimabotschaften die Menschen am besten?

Theresa Bittermann Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Wissenschaftliches Web-Tool zeigt, welche Formulierungen eine Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen begünstigen können

    Ein großes internationales Team an Wissenschafter*innen unter Co-Leitung der Psychologin Kimberly Doell von der Universität Wien untersuchte die Reaktionen von etwa 59.000 Teilnehmer*innen aus 63 Ländern auf verschiedene Formulierungen, die alle zu Klimaschutzmaßnahmen auffordern. So fanden die Wissenschafter*innen etwa heraus, dass Aufrufe, die in einem "Weltuntergangs"-Stil formuliert waren großteils zu einer höheren Bereitschaft zum Teilen von Beiträgen auf Social Media führte. Bei Klimawandel-Skeptiker*innen hingegen führten solche Formulierung nur zu stärkerer Ablehnung von Maßnahmen. Die Studienergebnisse wurden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.

    Kimberly Doell von der Universität Wien und Madalina Vlasceanu von der New York University haben die Studie, an der über 250 internationale Wissenschafter*innen beteiligt waren, geleitet und dabei Daten aus 63 Ländern quer durch alle Gesellschaftsschichten erhoben. Dabei testeten sie die Effektivität verschiedener Messages (sogenannte Interventionen) hinsichtlich unterschiedlicher Ziele. Eine der Botschaften, die die Wissenschafter*innen einer Art "Weltuntergangsstimmung" zuordneten, wies etwa daraufhin, dass der Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung für die Menschheit darstellt. In einer anderen Botschaft wurden Beispiele für erfolgreiche Klimaaktionen aus der Vergangenheit beschrieben. Eine weitere Intervention forderte die Teilnehmer*innen dazu auf, einen Brief an eine Person aus einer künftigen Generation zu schreiben und darin zu erklären, welche Klimaschutzmaßnahmen momentan ergriffen werden. In anderen Botschaften wurde der wissenschaftliche Konsens über die Fakten zum Klimawandel betont.

    In weiterer Folge untersuchten die Forscher*innen dann Unterschiede in den Reaktionen auf diese unterschiedlichen Botschaften. Insgesamt variierten die Antworten zwar erheblich je nach geografischem Standort, Demografie und Überzeugungen der Teilnehmer*innen, jedoch erkannten insgesamt 86 % die Gefahren des Klimawandels an und mehr als 70 % befürworteten systemische/kollektive Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. "Damit zeigt unsere Studie, dass es einen globalen Konsens über die Gefahren des Klimawandels und die Bedeutung von Klimaschutzmaßnahmen gibt", so Doell. "Es ist wichtig, dass die Menschen auch erkennen, dass es hier diese mehrheitliche Meinung gibt", ergänzt Jay Van Bavel, Psychologieprofessor an der NYU und ebenfalls einer der Autoren der Studie.

    Österreicher*innen können durch regionale Belege zum Klimawandel bewegt werden

    Einer der besten Wege etwa, um Österreicher*innen zu einem nachhaltigeren Verhalten zu bewegen, ist die psychologische Distanz zum Klimawandel zu verringern. Dies erfolgt durch Belege, dass der Klimawandel Österreich bereits jetzt in vielerlei Hinsicht beeinträchtigt und dass diese negativen Folgen die Österreicher*innen zunehmend beeinträchtigen werden, wenn sich der Klimawandel verschärft. Österreichische Teilnehmer*innen daran zu erinnern, dass andere Österreicher*innen bereits an den Klimawandel glauben, ist jedoch der unwirksamste Weg, um umweltbewusstere Verhaltensweisen zu motivieren.

    Öffentliches Web-Tool zur Überprüfung von Klimabotschaften

    Die Autor*innen haben auf Grundlage ihrer Forschungsergebnisse ein Web-Tool, die Climate Intervention Webapp, ( ManyLabs Climate Change Megastudy (shinyapps.io) ) https://climate-interventions.shinyapps.io/climate-interventions/ entwickelt, mit dem jede*r, politische Entscheidungsträger*innen, aber auch Klimaaktivist*innen, ihre Messages auf Effektivität – je nach Zielgruppe und Ziel der Aufrufe – testen können. In die Erstellung der Web App sind Daten von Personen aus 63 Ländern mit diversen Hintergründen (Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommensniveau, politische Ideologie) eingeflossen. Die Daten wurden zwischen Juli 2022 und Juli 2023 erhoben. "Um die positive Wirkung ihrer Aufrufe zu steigern, können politische Entscheidungsträger*innen und Aktivist*innen mit dem Tool messen, welche Botschaften für ihr Publikum am vielversprechendsten sind", so Kimberly Doell.

    Botschaften sind je nach Zielsetzung unterschiedlich effektiv

    Während einige Personen sich für Botschaften aussprechen, die die Bedrohung durch den Klimawandel deutlich hervorheben, befürchten andere, dass Menschen dadurch deprimiert werden und in Untätigkeit verfallen können. Die neue Studie zeigt, dass beide Szenarien eintreten können – je nach Zielsetzung hinter der Message und Zielgruppe. Geht es etwa darum Aufmerksamkeit auf Social Media zu erreichen, so haben "Weltuntergangs"-Botschaften die dortige Verbreitung angeregt. Ist das Ziel aber die Unterstützung vergleichsweise aufwändigerer Aktionen, wie etwa die Teilnahme an einer Baumpflanz-Aktion, sank die Bereitschaft dazu durch solche Botschaften. Darüber hinaus verringerten solche Botschaften auch die politische Unterstützung unter Skeptiker*innen des Klimawandels waren.

    "Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass eine effektive Öffentlichkeitsarbeit etwa von der Voreinstellung der Menschen zum Klimawandel abhängt. Aktivist*innen sollten also ihre Bemühungen vor allem auf die Merkmale ihrer jeweiligen Zielgruppe abstimmen", so Co-Studienleitern Vlasceanu von der NYU.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Kimberly Doell, MSc PhD
    Institut für Psychologie der Kognition, Emotion und Methoden
    Universität Wien
    1010 Wien, Liebiggasse 5
    T +43-1-4277-47133
    kimberly.doell@univie.ac.at
    www.univie.ac.at


    Originalpublikation:

    Vlasceanu*, M., Doell*, K. C., Bak Coleman*, J. B., Todorova, B., Berkebile-Weinberg, M. M., Grayson, S. J., Patel, Y., Goldwert, D., Pei, Y., Chakroff, A., Pronizius, E., van den Broek, K. L., Vlasceanu, D., Constantino, S., Morais, M. J., Schumann, P., Rathje, S., Fang, K., Aglioti, S. M., ... Van Bavel, J. J. (2024). Addressing Climate Change with Behavioral Science: A Global Intervention Tournament in 63 Countries. Science Advances.
    DOI: 10.1126/sciadv.adj577
    https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adj5778


    Weitere Informationen:

    https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Psychologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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