idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.02.2024 12:00

Mentale Gesundheit nach Kriegsausbruch in Ukraine international beeinträchtigt

Anke Poppen Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Münster

    Der Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine führte international zu einem kollektiven Einbruch des Wohlbefindens – unabhängig von individuellen Eigenschaften der Personen. Bei der Erholung von diesem Schock sind hingegen die Persönlichkeitsmerkmale maßgebend. Die Studie unter Leitung von Julian Scharbert und Prof. Dr. Mitja Back wurde in „Nature Communications“ veröffentlicht.

    Der Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast zwei Jahren hat international zu einem kollektiven Einbruch des Wohlbefindens geführt – unabhängig von Alter, Geschlecht, politischer Orientierung oder sonstigen Eigenschaften der befragten Personen. Mit Blick auf die Erholung von diesem Schock sind hingegen individuelle Persönlichkeitsmerkmale maßgebend. Zu diesen Ergebnissen kommt ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Psychologen Julian Scharbert und Prof. Dr. Mitja Back der Universität Münster. Die Studie basiert auf etwa 45.000 Einzelerhebungen von 1.300 befragten Personen aus 17 europäischen Staaten, an der über 50 Forscher beteiligt waren. Sie wurde jetzt im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

    Die von Ende 2021 bis Sommer 2022 durchgeführte Studie ermöglichte eine Untersuchung der täglichen Stimmungsverläufe in den Wochen des Kriegsausbruchs. „Normalerweise ist es nicht möglich, derart einschneidende Ereignisse in einem präzisen Zeitfenster bei gleichzeitiger geografischer Breite zu untersuchen“, ordnet Mitja Back die Relevanz ein. Die Daten seien „einzigartig“. Die Forscher konzentrierten sich auf Menschen in Europa und einen zweimonatigen Zeitrahmen um den Kriegsausbruch am 24. Februar 2022.

    Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:
    Die messbare kollektive psychische Beeinträchtigung ist größer als nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 und dem Corona-Lockdown 2020.
    Menschen in Europa hatten im Vergleich zum Rest der Welt im Erhebungszeitraum ein signifikant niedrigeres Wohlbefinden.
    Die Erhebungen lassen keinen direkten Zusammenhang zwischen starker Betroffenheit und aktiver Solidarität, etwa durch Spenden oder Teilnahme an Demonstrationen, erkennen.
    An Tagen mit besonders starker Präsenz des Krieges in den sozialen Medien war eine durchschnittlich schlechtere mentale Verfassung zu beobachten.

    Die Untersuchung mit Fokus auf der mentalen Gesundheit fügt der Debatte um humanitäre, politische und ökonomische Folgen des Krieges eine weitere Dimension hinzu. Während das Wohlbefinden vor dem Kriegsausbruch stabil war, kam es am Tag der russischen Invasion zu einem kollektiven Abfall. Mit Blick auf die Erholung von dieser Erschütterung stießen die Forscher hingegen auf systematische Unterschiede. „Menschen mit einer anfälligeren, wenig stabilen Persönlichkeit haben sich im Unterschied zu gefestigteren Personen im Schnitt auch einen Monat nach Kriegsbeginn noch nicht erholt“, erläutert Julian Scharbert, Doktorand und Erstautor der Studie.

    „Neben den offensichtlichen Folgen des Krieges wie Flucht oder unterbrochene Versorgungsketten gibt es eine weniger offensichtliche Dimension: die Auswirkungen der täglichen Nachrichten und Bilder auf die Psyche“, sagt Julian Scharbert. „Unsere Daten weisen darauf hin, dass politische und gesellschaftliche Akteure in Krisenzeiten auch die mentale Gesundheit in den Fokus nehmen sollten – besonders von Menschen, die ohnehin anfälliger für Belastungen sind.“ Menschen in der Ukraine und Russland würden psychisch vermutlich ungleich größer belastet sein, zu diesen Ländern lägen allerdings keine Daten vor.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Julian Scharbert, julian.scharbert@uni-muenster.de
    Prof.Dr. Mitja Back, mitja.back@uni-muenster.de


    Originalpublikation:

    Julian Schabert et al. (2024): Psychological well-being in Europe after the outbreak of war in Ukraine. Nature Communications; DOI: 10.1038/s41467-024-44693-6.


    Weitere Informationen:

    https://www.nature.com/articles/s41467-024-44693-6 Originalveröffentlichung in „Nature Communications“
    https://www.uni-muenster.de/PsyIFP/AEBack/ Arbeitseinheit Prof. Dr. Mitja Back vom Institut für Psychologie an der Universität Münster


    Bilder

    Julian Scharbert
    Julian Scharbert

    Julian Scharbert

    Prof. Dr. Mitja Back
    Prof. Dr. Mitja Back

    Thomas Mohn Fotografie


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Julian Scharbert


    Zum Download

    x

    Prof. Dr. Mitja Back


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).