idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
29.02.2024 13:25

EnRich: Zukunftskonzept für geschlechtersensible Forschung an der Universität Marburg

Anne Reichel Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

    Projektförderung für systematische Berücksichtigung von Geschlechterdimensionen in der Forschung

    Es stellt sich zunehmend heraus, dass geschlechterrelevante Aspekte für objektive und zuverlässige Ergebnisse von wissenschaftlicher Forschung von großer Bedeutung sind. Mit dem Projekt „EnRich“ will die Philipps-Universität Wissenschaftler*innen dabei unterstützen, Geschlechterdimensionen noch systematischer in Forschungskonzepte zu integrieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt für fünf Jahre mit rund 800.000 Euro.

    Mit dem Vorhaben will die Universität Unterstützung für Forschende bereitstellen, damit diese ihre Fragestellungen, Daten und Erkenntnisse auf die Relevanz und Auswirkung von Geschlechteraspekten überprüfen können. Im ersten Schritt geht es dabei um medizinische Forschungsvorhaben. Langfristig sollen Forschende in allen Fachbereichen und in allen Phasen, also von der anfänglichen Projektidee über die Antragstellung bis zur Ergebnispräsentation für diversitäts- und geschlechtersensible Zugänge sensibilisiert werden.

    „Wissenschaftliche Forschung bringt neue Erkenntnisse hervor, die mitunter auch von der persönlichen Biografie und Herkunft der Forschenden und den damit verbundenen Perspektiven abhängen. Je breiter der Blickwinkel ist, desto höher kann der Erkenntnisgewinn sein“, betont Prof. Dr. Sabine Pankuweit. Die Vizepräsidentin für Chancengleichheit der Philipps-Universität leitet das Projekt zusammen mit Prof. Dr. Carola Seifart und Dr. Irene Portig von der Arbeitsgruppe Ethik in der Medizin des Fachbereichs Medizin, Dr. Carmen Schade-Brittinger vom Koordinierungszentrum für klinische Studien sowie Prof. Dr. Ursula Birsl und Dr. Inga Nüthen vom Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung.

    Verschiedene Beispiele aus der Forschung offenbaren Wissenslücken, die entstehen, wenn Diversitätsmerkmale vernachlässigt werden. So kann dies zu Ungleichheiten in den Behandlungsverläufen und -ergebnissen für bestimmte Gruppen führen. Bei europäischen Frauen und Männern zeigen sich z.B. bei der koronaren Herzerkrankung erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Altersverteilung, Prävention, klinische Manifestation, das Ansprechen auf Medikamente und das Outcome. Männer haben ein doppelt so hohes Risiko, an Morbus Parkinson zu erkranken, Frauen haben allerdings die höhere Sterblichkeitsrate und die Krankheit schreitet schneller fort. Die in den letzten Jahren gewonnenen empirischen Ergebnisse zu geschlechtsspezifischen Unterschieden z. B. in der Prävalenz, Wahrnehmung und Ausprägung epidemiologisch bedeutsamer Erkrankungen, zur Arzneimittelwirksamkeit oder dem Gesundheitsverhalten müssen daher systematisch in die Forschung integriert werden. „Wenn Fragestellungen, Methoden und Analyseverfahren in möglichst vielen Bereichen einer diversitätssensiblen Betrachtung unterzogen werden, profitiert exzellente Forschung von dieser strukturellen Verankerung von Diversitätsaspekten und bringt Innovation für unsere gesamte, vielfältige Gesellschaft hervor“, betont Pankuweit.

    Der Fachbereich Medizin wurde als Modell für die Pilotphase ausgewählt. Die Ethikkommission spielt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung: Hier soll geschlechter- und diversitätssensible Forschungsplanung und Antragstellung sowie fachliche Beratungsqualität strukturell verankert werden. Zu den Aufgaben der Ethikkommission gehört es, eine hohe Qualität und wissenschaftliche Aussagekraft der medizinischen Forschung am Menschen zu gewährleisten. Zudem beurteilt sie ethische, medizinisch-wissenschaftliche und rechtliche Aspekte in der medizinischen Forschung.
    Für die Vorbereitung von Forschungsanträgen erhalten Wissenschaftler*innen ein Toolkit, das für die bedarfsorientierte Berücksichtigung von Geschlechteraspekten sensibilisiert. Langfristig werden die Mitarbeiter*innen der Ethikkommission speziell für die Peer-Beratungstätigkeit geschult. Um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen, sollen die Forschungsprojekte, die der Ethik-Kommission vorgelegt werden, regelmäßig anhand eines selbst entwickelten Scoring-Systems bewertet werden. Maßgeblich ist dabei die Frage, inwiefern sich die Berücksichtigung gender- und diversitätssensibler Aspekte erhöht hat, insbesondere, ob Aspekte zu anatomischen oder sozialen Geschlechtern in Theoriebildung, Forschungsfrage, Methodik, statistischer Auswertung und Studiendesign berücksichtigt wurden.

    Diese (Er)-kenntnisse werden in die Aktivitäten der Graduierteneinrichtung Marburg University Research Academy (MARA) integriert, durch Workshops in der Universität sichtbar gemacht und in weitere bestehende Ethikkommissionen implementiert. So soll universitätsweit die Expertise zur Integration geschlechterrelevanter Aspekte in die Forschung ausgebaut werden. Geeignete Kommunikations- und Transferformate tragen diese Erkenntnisfortschritte in die Öffentlichkeit. So soll es gelingen, Kenntnisse und Expertisen zu Diversitätsaspekten im Forschungsprozess zu stärken und auszubauen sowie nachhaltig in die Qualifizierung von Promovierenden und Post-Docs zu übertragen. Durch einen externen Beirat werden (inter-) nationale, universitätsinterne und zivilgesellschaftliche Kenntnisse und Praktiken einbezogen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Sabine Pankuweit
    Vizepräsidentin für Chancengleichheit
    Philipps-Universität Marburg
    Tel.: 06421 28-26205
    E-Mail: vp-chancengleichheit@uni-marburg.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).