Die Netzhaut von Schizophrenie-PatientInnen unterscheidet sich von der Netzhaut gesunder ProbandInnen, das haben Forschende in einer neuen Studie herausgefunden. Diese Veränderungen könnten PsychiaterInnen dabei helfen zu erkennen, wer einen besonders schweren Krankheitsverlauf haben wird.
Die Netzhaut ist aus evolutionärer Sicht eine Ausstülpung des Gehirns und hat dieselbe Genetik. Bei Erkrankungen wie der Schizophrenie, die von genetischen Veränderungen geprägt ist, ist die Netzhaut für Forschende eine leicht zugängliche Alternative um das Zentralnervensystem zu untersuchen. Erstautor Emanuel Boudriot vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie untersuchte mit seinen KollegInnen die Netzhaut von etwa 230 Schizophrenie-PatientInnen und gesunden ProbandInnen. Sie erfassten die Schichten der Netzhaut mithilfe der licht-basierten Optical Coherence Tomography (OCT) und maßen die elektrischen Signale der einzelnen Nervenzellen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei Schizophrenie-PatientInnen einige Netzhautschichten deutlich dünner und die elektrophysiologischen Signale deutlich verändert waren“, erklärt Studienleiter Florian Raabe. Außerdem konnten die WissenschaftlerInnen zum ersten Mal nachweisen, dass die Netzhautveränderungen bei schwerer erkrankten PatientInnen sowie bei PatientInnen mit einer höheren Belastung an genetischen Risikofaktoren besonders ausgeprägt waren. Diese Korrelation ist ein Hinweis darauf, dass die Netzhautveränderungen durch die Erkrankung selbst hervorgerufen werden und nicht nur von anderen Faktoren wie Rauchen, Übergewicht oder einer Diabetes-Erkrankung (wie sie bei Schizophrenie-PatientInnen generell häufiger als in der restlichen Bevölkerung auftreten).
Die nun in Biological Psychiatry veröffentlichte Querschnittsstudie liefert Momentaufnahmen. Um zu bestätigen, dass PatientInnen mit ausgeprägten Netzhautveränderungen generell schwerere Krankheitsverläufe haben, sind Longitudinalstudien notwendig. Dabei werden PatientInnen vom Diagnosezeitpunkt an über einen längeren Zeitraum hinweg begleitet. Dann könnten Messungen der Netzhaut PsychiaterInnen zukünftig helfen, schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vorauszusagen, welche PatientInnen besonders gefährdet sind und eine engmaschige Behandlung benötigen.
Dr. Dr. Florian Raabe (florian_raabe@psych.mpg.de)
Boudriot et al., Signature of altered retinal microstructures and electrophysiology in schizophrenia spectrum disorders is associated with disease severity and polygenic risk, Biological Psychiatry (2024), https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2024.04.014
Beispielbild für die Durchführung einer elektrophysiologischen Untersuchung (ERG) der Netzhaut.
Alexandra Hisch
Beispielbild für die Durchführung eines OCT-Scans der Netzhaut.
Alexandra Hisch
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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