idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
10.07.2024 13:17

Durchbruch an der Kante: Forschende schaffen wichtige Voraussetzung für Quantencomputer

Eva Schissler Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Kölner Forscher*innen gelingt ein Durchbruch bei Quantenmaterialien, der die Voraussetzungen für Fortschritte bei der topologischen Supraleitung und der robusten Kodierung von Information für Quantencomputer schaffen könnte / Veröffentlichung in „Nature Physics“

    Experimentalphysiker*innen der Universität zu Köln haben gezeigt, dass es möglich ist, in speziellen Materialien supraleitende Effekte zu erzeugen, bei denen der Strom nur an den Außenkanten fließt. Das eröffnet neue Möglichkeiten für die Erforschung fortgeschrittener Quantenzustände, die für die Entwicklung stabiler und effizienter Quantencomputer entscheidend sein könnten. Die Studie „Induced superconducting correlations in a quantum anomalous Hall insulator“ wurde in Nature Physics veröffentlicht.

    Das Phänomen der Supraleitung bezeichnet die verlustfreie Leitung von Strom in bestimmten Materialien. Der anomale Quanten-Hall-Effekt bewirkt ebenfalls eine widerstandsfreie Leitung, allerdings mit der Besonderheit, dass der Strom nur an den Rändern, nicht aber im Inneren des Materials fließt. Theoretisch können Supraleiter in Kombination mit dem anomalen Quanten-Hall-Effekt sogenannte Majorana-Fermionen erzeugen, die in topologischen Supraleitern in einer geschützten Weise vorkommen. Diese Teilchen könnten zukünftige Technologien wie Quantencomputer revolutionieren. Eine solche Kombination lässt sich erreichen, indem man die Supraleitung im Randbereich eines anomalen Quanten-Hall-Isolators induziert, der bereits widerstandsfrei ist. Der daraus resultierende chirale Majorana-Kantenzustand, eine spezielle Art von Majorana-Fermionen, ist entscheidend für die Erzeugung topologisch geschützter „fliegender Qubits” (oder Quantenbits).

    „Wir haben dünne Schichten des anomalen Quanten-Hall-Isolators verwendet, die mit einer supraleitenden Niob-Elektrode kontaktiert sind, und versucht, an ihren Rändern chirale Majorana-Zustände zu induzieren“, erklärt Anjana Uday, Doktorandin in der Arbeitsgruppe um Professor Dr. Yoichi Ando und Erstautorin der Studie. „Nach fünf Jahren harter Arbeit haben wir dieses Ziel endlich erreicht. Wenn wir über eine Zuleitung ein Elektron in das Isolatormaterial injizieren, reflektiert es in einer anderen Zuleitung ein Elektron in einem Lochzustand, also im Prinzip ein Phantom eines entgegengesetzt geladenen Elektrons. Dieses Phänomen wird als gekreuzte Andreev-Reflexion bezeichnet und ermöglicht uns, die induzierte Supraleitung im topologischen Randzustand nachzuweisen.“

    Gertjan Lippertz, Postdoc in der Arbeitsgruppe um Ando und Co-Autor der Studie, fügt hinzu: „Seit der Entdeckung des anomalen Quanten-Hall-Effekts vor zehn Jahren haben sich viele Forscher*innen an diesem Experiment versucht, aber niemandem ist es gelungen. Der Schlüssel zu unserem Erfolg liegt darin, dass das Wachsen dünner Schichten des anomalen Quanten-Hall-Isolators, alle Schritte der Herstellung der Bauelemente sowie die Messungen bei extrem niedrigen Temperaturen im selben Labor durchgeführt werden. Das ist nicht überall möglich.“

    Um diese Ergebnisse zu erzielen, hat die Forschungsgruppe der Universität zu Köln mit Kolleg*innen der KU Leuven, der Universität Basel und des Forschungszentrums Jülich zusammengearbeitet. Letzteres trug zu den theoretischen Analysen im Rahmen des gemeinsamen Exzellenzclusters Matter and Light for Quantum Computing (ML4Q) bei. „Das Exzellenzcluster hat uns entscheidend unterstützt, den für diesen Durchbruch erforderlichen Kooperationsrahmen und die Ressourcen bereitzustellen“, sagt Yoichi Ando, Professor für Experimentalphysik an der Universität zu Köln und Sprecher des Exzellenzclusters ML4Q.

    Diese Entdeckung eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für die künftige Forschung. Die nächsten Schritte sind Experimente, um das Auftreten chiraler Majorana-Fermionen eindeutig zu bestätigen und ihre außergewöhnlichen Eigenschaften zu klären. Das Verständnis und die Nutzung der topologischen Supraleitung und der chiralen Majorana-Kantenzustände sind wesentlich für die Entwicklung stabiler Qubits, die weniger anfällig für Dekohärenz und Informationsverlust sind, und die Quanteninformatik revolutionieren könnten. Die in dieser Studie vorgestellte Plattform bietet hierfür vielversprechende Möglichkeiten, die zu robusteren und skalierbaren Quantencomputern führen könnten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professor Dr. Yoichi Ando
    Institut für Experimentalphysik der Universität zu Köln
    +49 221 470 3570
    ando@ph2.uni-koeln.de


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41567-024-02574-1


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).