Zu Beginn dieses Jahres ging ein Meteorit in der Nähe von Ribbeck im Havelland zu Boden. Ein internationales Team unter der Leitung der Wissenschaftler Prof. Dr. Addi Bischoff und Dr. Markus Patzek vom Institut für Planetologie der Universität Münster untersuchte den Fund und veröffentlichte nun seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Meteoritics & Planetary Science“.
Zu Beginn dieses Jahres, am 21. Januar, war ein riesiger Feuerball vor allem über dem Bundesland Brandenburg sichtbar. Er entstand, weil ein kleiner Himmelskörper in die Erdatmosphäre eingedrungen war, zerplatzte und in zahlreichen Bruchstücken in der Nähe von Ribbeck im Havelland zu Boden ging. Nachdem sich in den folgenden Tagen Hunderte Menschen auf die Suche nach den Überresten des eingedrungenen Körpers gemacht hatten, konnten Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Addi Bischoff und Dr. Markus Patzek vom Institut für Planetologie der Universität Münster jetzt die Fundstücke untersuchen. Die beiden Wissenschaftler haben mit fast 30 weiteren Kolleginnen und Kollegen aus fünf Ländern ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Meteoritics & Planetary Science“ unter dem Titel „Cosmic pears from the Havelland (Germany): Ribbeck, the twelfth recorded aubrite fall in history“ veröffentlicht. Mit den „kosmischen Birnen“ spielen die Autoren auf das bekannte Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ von Theodor Fontane und die Birnen an, die die titelgebende Figur verteilt.
In ihrer Publikation beschreiben die Autoren, dass 202 Bruchstücke des Meteoriten mit einem Gesamtgewicht von 1,8 Kilogramm aufgefunden wurden. Das Streufeld umfasste eine Größe von 1,5 mal 10 Kilometer in der Nähe der Ortschaften Ribbeck, Berge und Lietzow. Dank der ungewöhnlich schnell erfolgreichen Suche konnte das Team nur wenige Tage nach dem Fall mit ihrer Untersuchung beginnen. Ohne es zu diesem Zeitpunkt zu wissen, standen die Sucher zunächst vor einer Herausforderung. „In der Regel hält man bei der Meteoritensuche nach schwarzen Steinen Ausschau. Aufgrund der Mineralogie und Zusammensetzung wiesen die Bruchstücke von Ribbeck aber keine durchgängig dunkle Schmelzkruste auf. Wahrscheinlich wurden deshalb in den ersten Suchtagen zahlreiche Stücke übersehen, bis man diese Eigenart erkannt hatte“, erklärt der Erstautor der Publikation, Addi Bischoff.
Bei der Analyse ermittelten die Wissenschaftler, dass der Meteorit „Ribbeck“ der eher seltenen Meteoritenklasse der Aubrite angehört. Diese Klasse ist nach dem Meteoriten von Aubres benannt, der 1936 in Frankreich vom Himmel fiel und zu denen weltweit nur zwölf Fälle gehören. Die Aubrite sind reich an Magnesium und Silizium. Der Meteorit „Ribbeck“ nimmt innerhalb seiner Klasse wiederum eine Sonderstellung ein, da das Gestein über einen außergewöhnlich hohen Anteil an Feldspäten verfügt – einem Mineral, das zur Gruppe der Silikate gehört.
Die Forscher gehen davon aus, dass der Mutterkörper des Ribbeck’schen Meteoriten etwa 4,5 Milliarden Jahre alt ist und aus dem Asteroidengürtel stammt. Dieser befindet sich zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter. „Die intensive Brekziierung des Gesteins lässt auf eine bewegte Vergangenheit mit verheerenden Einschlagsergebnissen auf dem Mutterkörper schließen“, führt Markus Patzek aus. Bei Brekzien handelt es sich um Trümmergesteine, die durch Einschläge auf dem Mutterkörper entstanden sind und deren Trümmer, also Fragmente, durch einen erneuten Einschlag wieder verfestigt werden. Kleine Schmelzbereiche innerhalb der feinkörnigen Trümmer deuten beim Meteoriten „Ribbeck“ auf mindestens einen späteren Einschlagsprozess hin, der nach den Hauptfragmentierungsereignissen und der Brekzienbildung stattfand.
Die Meteoritenstücke fielen beim Auffinden durch einen intensiven Geruch nach Schwefelwasserstoff auf – ähnlich dem Geruch von faulen Eiern. Obwohl die Einzelstücke nur wenige Tage der feuchten Umgebung – Schnee mit anschließendem Tauwetter – ausgesetzt waren, fanden unmittelbar nach dem Fall chemische Reaktionen zwischen den Mineralphasen und der Feuchtigkeit statt, die den Geruch verursachten und die ursprüngliche Mineralogie des Gesteins veränderten. Bestimmte Mineralphasen im Meteoriten können unter irdischen Bedingungen nicht gebildet werden und sind instabil, das heißt, sie reagieren mit der irdischen Luftfeuchtigkeit und dem Wasser und zerfallen.
Dr. Markus Patzek
Universität Münster, Institut für Planetologie
Wilhelm-Klemm-Str. 10, 48149 Münster, DE
Telefon: +49 251 83-33606
Mobil: +49 151 10435681
E-Mail: markus.patzek@uni-muenster.de
Bischoff, Patzek et al., 2024: Cosmic pears from the Havelland (Germany): Ribbeck, the twelfth recorded aubrite fall in history. Meteoritics & Planetary Science. https://doi.org/10.1111/maps.14245
https://www.uni-muenster.de/Planetology/ifp/home.html Institut für Planetologie der Universität Münster
Ein Fundstück des Meteoriten „Ribbeck“
Dennis Harries
Dennis Harries
Kartenansicht des Trümmerfeldes in Ribbeck, Berge und Lietzow. Die Pfeile markieren die Fundstücke, ...
Markus Patzek
Markus Patzek
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Geowissenschaften, Physik / Astronomie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
Ein Fundstück des Meteoriten „Ribbeck“
Dennis Harries
Dennis Harries
Kartenansicht des Trümmerfeldes in Ribbeck, Berge und Lietzow. Die Pfeile markieren die Fundstücke, ...
Markus Patzek
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