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07.01.2025 17:18

Leuchtende Pilze: eine Faszination für Künstler und Wissenschaftler gleichermassen

Beate Kittl Medienkontakt WSL Birmensdorf
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

    Durch Zufall haben zwei Künstler die Biolumineszenz eines Pilzes entdeckt. Gemeinsam mit einer Pilzexpertin der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL beschreiben sie das wenig erforschte Phänomen.

    Bei leuchtenden Pilzen denkt man oft an tropische Regionen, aber auch in der Schweiz kommen sie vor. Die Zürcher Künstler Heidy Baggenstos und Andreas Rudolf beschäftigen sich seit über zehn Jahren mit biolumineszenten Organismen. „Wir wollen zeigen, dass diese biolumineszenten Pilze in Schweizer Wäldern vorkommen und dass wir nicht weit reisen müssen, um sie zu finden“, erklärt Baggenstos.

    Eines Abends, als sie durch den Wald in Zürich-Albisrieden spazierten, beobachtete das Duo durch ihre Kamera grünes Licht. Manchmal ist die Biolumineszenz der Pilze so schwach, dass sie mit blossem Auge nicht zu sehen ist. „Heutzutage verwenden wir meistens unsere Handys oder eine Taschenlampe, aber um Biolumineszenz im Wald zu sehen, muss es stockdunkel sein“, sagt Rudolf.

    Die Künstler sammelten einige Proben des leuchtenden Exemplars, da sie dachten, es handele sich um Mycena haematopus, eine bekannte biolumineszente Art. Zurück in ihrem gut beleuchteten Atelier stellten sie fest, dass es sich um eine andere Art handelte, Mycena crocata, den Gelbmilchenden Helmling, der für seine safranfarbene Milch bekannt ist und bisher nicht als biolumineszent beschrieben wurde.

    Über Disziplinen hinweg

    Gemeinsam mit Renate Heinzelmann, einer Pilzexpertin an der WSL, beschrieben sie diese neue Entdeckung genauer. Die Künstler massen die von verschiedenen Teilen des Pilzes emittierte Lichtmenge mithilfe von Langzeitbelichtungsfotos und einem Luminometer, das schwächeres Licht stärker verstärkt als eine Kamera. „Die meisten Experimente führten die Künstler durch. Sie sammelten die Proben, machten die Fotos und die Lichtmessungen“, erklärt Heinzelmann.

    Biolumineszenz ist ein chemischer Prozess, bei dem lebende Organismen Licht erzeugen, und Pilze haben ihren eigenen, einzigartigen Mechanismus entwickelt. Der entscheidende Schritt ist die Umwandlung von Luciferin durch das Enzym Luciferase in ein instabiles Produkt, das bei seinem Zerfall Energie in Form von Licht freisetzt. Im Gegensatz zur Fluoreszenz ist bei diesem Prozess keine externe Lichtquelle erforderlich.

    Die Lichtmessungen ergaben, dass der Fruchtkörper von M. crocata (siehe Kasten) abgesehen von der Stielbasis nicht leuchtet, während das Myzel die stärkste Biolumineszenz aufwies. Das Myzel ist das unterirdische Geflecht eines Pilzes, das den Wurzeln von Pflanzen ähnelt. Daher kann auch das verrottende Holz, auf dem M. crocata wächst, beim Aufspalten ein grünes Leuchten abgeben, das bis zu 4 Stunden anhält, bis das Holz austrocknet. Als Baggenstos und Rudolf reine Myzelkulturen unter optimalen Bedingungen züchteten, leuchteten diese bis zu 164 Tage lang.


    Warum leuchten?

    Heinzelmanns genetische Untersuchungen bestätigten die bestimmte Art sowie die Anwesenheit von Genen, die mit der Biolumineszenz in Zusammenhang stehen und in allen leuchtenden Pilzen der Gattung Mycena, den Helmlingen, vorkommen. „Es werden laufend neue biolumineszente Arten entdeckt werden“, prognostiziert Heinzelmann. „Die Biolumineszenz ist noch wenig erforscht, und je mehr Menschen nachforschen, desto mehr werden sie finden.“

    Biolumineszierende Pilze üben seit Aristoteles' erster Beobachtung vor über zweitausend Jahren eine Faszination aus. Er beschrieb sie als „kaltes Feuer“, das aus verrottendem Holz austritt. Doch das Rätsel um dieses Phänomen hat sich über die Zeit erhalten. Obwohl der biologische Mechanismus inzwischen verstanden ist, bleibt seine ökologische Funktion unklar. Während einige leuchtende Pilze Insekten anlocken könnten, um Sporen zu verbreiten, passt die Biolumineszenz von verstecktem Myzel nicht zu dieser Hypothese. „Es scheint, dass die Biolumineszenz über lange Zeiträume erhalten geblieben ist, also nehmen wir an, dass sie eine Funktion hat“, sagt Heinzelmann, „aber sie ist immer noch ein Rätsel.“

    Pilzanatomie für Anfänger

    - Fruchtkörper (auch Basidien genannt): ist der Teil des Pilzes, an den wir normalerweise denken, nämlich das sporenproduzierende Organ. Nicht alle Pilze haben einen Fruchtkörper.

    - Sporen: eine Fortpflanzungseinheit von Pilzen, mit einer ähnlichen Funktion wie die von Pflanzensamen, aber während ein Samen aus vielen Zellen besteht, ist eine Spore eine einzelne Zelle.

    - Myzel: unterirdisches Geflecht aus Hyphen (Fäden), das Nährstoffe aufnimmt.

    - Stiel: der Stängel des Fruchtkörpers

    - Latex: milchige Flüssigkeit, die der Pilz absondert, wenn er beschädigt wird


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Renate Heinzelmann
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin
    Waldschutz Schweiz
    renate.heinzelmann@wsl.ch
    +41 44 739 2109
    WSL Birmensdorf


    Originalpublikation:

    Heinzelmann R., Baggenstos H., Rudolf A. (2024) Is the bioluminescence in many Mycena species overlooked? - A case study from M. crocata in Switzerland. Mycoscience. 65(4), 173-179. https://doi.org/10.47371/mycosci.2024.03.001


    Bilder

    M. crocata in Albisrieden, Zürich
    M. crocata in Albisrieden, Zürich
    (Foto: Baggenstos/Rudolf)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    M. crocata in Albisrieden, Zürich


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