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16.01.2025 11:07

So bedroht der tauende Permafrost bis zu drei Millionen Menschen in arktischen Regionen

Theresa Bittermann Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Erstmals pan-arktische gesellschaftliche Auswirkungen der tauenden Permafrostböden untersucht

    In einer inter- und transdisziplinären Studie untersuchte ein internationales Team unter Leitung der Universität Wien, sowie der Dänisch Technischen Universität und der Universität Umeå, die gesellschaftlichen Risiken für arktische Regionen, die mit dem tauenden Permafrostboden zusammenhängen. Dabei konnten sie fünf zentrale Risiken feststellen, betroffen sind Infrastruktur, Mobilität und Versorgung, Wasserqualität, Ernährungssicherheit und Gesundheit. Durch den tauenden Permafrost stellten die Wissenschafter*innen etwa eine erhöhte Gefahr durch ansteckende Krankheiten oder eine Unterbrechung der Versorgungswege fest. Die Studie wurde aktuell in der renommierten Fachzeitschrift Communications Earth and Environment veröffentlicht.

    Das Auftauen des Permafrosts birgt verschiedene Risiken für die arktische Umwelt und die Lebensgrundlagen der Menschen. Zunehmend tauende Permafrostböden stellen aufgrund dem in ihnen gespeicherten CO2 und Methangas nicht nur eine globale Gefahr dar, sondern haben auch weitreichende Implikationen für die circa drei Millionen Arktis-Bewohner*innen, die auf Permafrostböden leben. Diese Risiken zu verstehen, ist entscheidend für eine fundierte politische Planung und Anpassungsmaßnahmen. Um diese Risiken festzustellen haben die Wissenschafter*innen von 2017 bis 2023 im Rahmen vom "Nunataryuk" Projekt die vier arktischen Regionen Longyearbyen (Svalbard, Norwegen), die Gemeinde Avannaata (Grönland), die Region der Beaufortsee und das Mackenzie River Delta (Kanada) sowie den Bezirk Bulunskiy in der Republik Sacha (Russland) untersucht. Beteiligt waren Ingenieurswissenschafter*innen, Physiker*innen sowie Umwelt-, Sozial- und Gesundheitswissenschafter*innen. "Die umfassende Risikoanalyse wurde durch den intensiven Austausch mit lokalen Interessengruppen und Permafrost-Wissenschafter*innen ermöglicht, und umfasst erstmals nicht nur physische Prozesse, sondern auch die gesellschaftlichen Auswirkungen von tauenden Permafrostböden", erklärt die Sozialanthropologin und Co-Studienleiterin Susanna Gartler von der Universität Wien.

    Dabei haben die Wissenschafter*innen schließlich fünf zusammenhängende, zentrale Auswirkungen festgestellt: Schäden an der Infrastruktur, Unterbrechungen der Verkehrs- und Versorgungswege, eine potentielle Verschlechterung der Wasserqualität, Herausforderungen für die Ernährungssicherheit sowie eine erhöhte Gefahr durch ansteckende Krankheiten und Schadstoffe. Infrastruktur in Küstengebieten, entlang von Flüssen, in Deltas und bergigen Regionen ist besonders gefährdet. Eine Studienteilnehmerin berichtet: "Ich habe ein Camp am Fluss. Diesen Sommer brach ein großes Stück Land neben meiner Hütte ab und stürzte in den Fluss. Das ist beängstigend." Manche Erosionen verlaufen langsam, doch in Deltaregionen können über Nacht große Teile Land abbrechen. In Bezug auf Gesundheit und Ökosysteme werden Schadstoffe aus alten Öl- und Gasgruben, die durch auftauende Böden freigesetzt werden, zum Problem. Historisch lies die Industrie Überreste im Boden zurück, unter der Annahme, dass die Böden dauerhaft gefroren bleiben – eine Tatsache die sich mit der zunehmenden Erderwärmung nun dramatisch ändert.

    In Kanada und anderen Regionen in denen die Bevölkerung stark von der Jagd und dem Fischfang abhängig ist beeinträchtigt Erosion auch die Ernährungssicherheit, da Jagd- und Fischhütten schwerer erreichbar sind, Böden sich in Treibsand verwandeln und Erdrutsche umgangen werden müssen. In Longyearbyen auf Svalbard bedroht das Auftauen des Permafrosts zudem den Zugang zu sauberem Trinkwasser, da der Damm der Hauptquelle, Isdammen, auf gefrorenem Boden steht. Dies führt zu großer Sorge um Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen. Im Folgeprojekt ILLUQ untersuchen die Wissenschafter*innen nun den Themenkomplex Permafrost, Gesundheit und Verschmutzung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Susanna Gartler
    Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien
    1010 Wien, Universitätsstrasse 7 (NIG), A0404
    T +436504690230
    susanna.gartler@univie.ac.at
    www.univie.ac.at


    Originalpublikation:

    Susanna Gartler, Johanna Scheer, Alexandra Meyer, Khaled Abass, Annett Bartsch, Natalia Doloisio, Jade Falardeau, Gustaf Hugelius, Anna Irrgang, Jón Haukur Ingimundarson, Leneisja Jungsberg, Hugues Lantuit, Joan Nymand Larsen, Rachele Lodi, Victoria Sophie Martin, Louise Mercer, David Nielsen, Paul Overduin, Olga Povoroznyuk, Arja Rautio, Peter Schweitzer, Niek Jesse Speetjens, Soňa Tomaškovičová, Ulla Timlin, Jean-Paul Vanderlinden, Jorien Vonk, Levi Westerveld, und Thomas Ingeman-Nielsen: A transdisciplinary, comparative analysis reveals key risks from Arctic permafrost thaw. In: Communications Earth and Environment (2025).
    DOI: 10.1038/s43247-024-01883-w
    https://www.nature.com/articles/s43247-024-01883-w


    Weitere Informationen:

    https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a...


    Bilder

    Durch Ufererosion ist die Infrastruktur in Permafrostgebieten bedroht, Mackenzie River Delta (Kanada)
    Durch Ufererosion ist die Infrastruktur in Permafrostgebieten bedroht, Mackenzie River Delta (Kanada ...

    Angus Alunik, 2021


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Durch Ufererosion ist die Infrastruktur in Permafrostgebieten bedroht, Mackenzie River Delta (Kanada)


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