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14.02.2025 13:53

Mitochondriales Protein Mitofusin 2 schützt die Zellen

Eva Schissler Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Eine europäische Forschungskooperation hat herausgefunden, dass das Protein Mitofusin 2 nicht nur die Fusion von Mitochondrien reguliert, sondern auch eine Rolle bei der Qualitätskontrolle von Proteinen spielt. Die Ergebnisse könnten neue Ansätze für die Behandlung der Charcot-Marie-Tooth Krankheit ermöglichen / Veröffentlichung in „Nature Communications“

    Ein Forschungsteam aus Köln, Bochum, Padua und Angers hat einen Zusammenhang zwischen der Funktion von Mitochondrien, der Qualitätskontrolle von Proteinen und der Zellgesundheit entdeckt, dessen Fehlfunktion die Hauptursache für die noch unheilbare neurologische Erkrankung Charcot-Marie-Tooth (CMT) sein könnte. Die Studie unter der Leitung von Dr. Mafalda Escobar vom Institut für Genetik der Universität zu Köln, dem Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD und dem Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK) hat eine unerwartete Funktion des Proteins Mitofusin 2 (MFN2) in den Mitochondrien festgestellt. Sie könnte weitreichende Auswirkungen auf die Behandlung von CMT und ähnlicher Erkrankungen haben. Die Studie „Mitofusin 2 displays fusion-independent roles in proteostasis surveillance“ wurde in Nature Communications veröffentlicht.

    Mitochondrien sind vor allem als Energieproduzenten der Zelle bekannt, sie regulieren aber auch wichtige Faktoren für ein gesundes Altern wie den Stoffwechsel, die Genexpression und das Überleben der Zellen. Seit Langem ist bekannt, dass MFN2 eine
    wichtige Rolle bei der mitochondrialen Fusion spielt.

    Die Wissenschaftler*innen entdeckten nun eine zusätzliche, unerwartete Funktion von MFN2 bei der Aufrechterhaltung der Proteinqualität in Zellen. Sie fanden heraus, dass MFN2 mit dem Proteasom und Chaperonen interagiert – zelluläre Systeme, die verhindern, dass neu produzierte Proteine verklumpen, was zu Neurodegeneration führen kann. Erstaunlicherweise verfügt MFN2 ebenfalls über diese Schutzfunktion. Weitere Analysen von Hautzellen von CMT-Patient*innen bestätigten, dass bei einer Mutation von MFN2 diese neu entdeckte Funktion verloren geht, was zu einer schädlichen Proteinverklumpung führt. Dieses Ergebnis könnte neue Möglichkeiten für die Behandlung von Krankheiten wie CMT eröffnen.

    „MFN2 ist entscheidend für die Entstehung von Charcot-Marie-Tooth. Doch es gibt andere Gene, die zwar mit der Krankheit in Verbindung stehen, aber keine mitochondrialen Proteine kodieren. Daher überrascht es nicht, dass die Verbindung von MFN2 und CMT nicht mit der primären Funktion von MFN2 bei der mitochondrialen Fusion zusammenhängt“, erklärt Mariana Joaquim, eine der Erstautor*innen.

    Um die einzigartige Rolle von MFN2 zu verstehen, verglichen die Forschenden es mit dem eng verwandten Protein MFN1. Während Hunderte von Mutationen in MFN2 als Ursache für CMT bekannt sind, wird MFN1 nicht mit der Krankheit in Verbindung gebracht. Die Wissenschaftler*innen erzeugten menschliche Zelllinien, denen entweder MFN1 oder MFN2 fehlten, und fanden so heraus, dass nur MFN2 mit dem Proteasom interagiert und eine schädliche Proteinansammlung verhindert. Dies unterstreicht die besondere Rolle von MFN2 für die Zellgesundheit. Die Autor*innen nutzten hierfür eine Kombination modernster Proteomik-, Mikroskopie- und Biochemietechniken, die insbesondere vom CECAD und dem ZMMK zur Verfügung gestellt wurden. Zudem wurde die Forschung von anderen Forschungsgruppen in Köln unterstützt, die sich auf Mitochondrien und Proteostase spezialisieren.

    An der Entdeckung waren zudem Promovierende der Cologne Graduate School of Ageing Research (CGA) beteiligt. Die CGA ist eine Kooperation des CECAD, der Uniklinik Köln, des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns und des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung. Die Doktorandin Maria-Bianca Bulimaga zeigt sich von den Ergebnissen begeistert: „Der Anblick dieser Aggregate in den Zellen von CMT-Patient*innen war ein Aha-Erlebnis. Es wurde deutlich, wie sehr die Mitochondrien am Gleichgewicht zwischen Proteinsynthese und -abbau beteiligt sind. Das ist etwas, das ich unbedingt weiter erforschen möchte.“

    „Das Ergebnis der Studie legt nahe, dass MFN2 auch für Krankheiten wie Adipositas
    relevant sein könnte, bei denen zellulärer Stress und Proteinfehlfaltungen eine wichtige Rolle spielen“, sagte Tânia Simões, eine weitere Autorin der Studie. Selver Altin, eine ehemalige Doktorandin, sagte: „Ich freue mich sehr über die Ergebnisse dieser Arbeit, die ich im Rahmen meiner Doktorarbeit mit auf den Weg gebracht habe.“

    Den Wissenschaftler*innen zufolge ist diese Entdeckung ein wichtiger Schritt, um zu verstehen, wie Mitochondrien zur Zellgesundheit beitragen. Das Team sieht Potenzial für neue therapeutische Ansätze. „Wenn wir verstehen, wie MFN2 mit der zellulären Maschinerie interagiert, die die Gesundheit der Proteine aufrecht erhält, können wir vielleicht Behandlungen entwickeln, die die schädliche Proteinaggregation verhindern und die neuronale Funktionalität bei CMT und möglicherweise anderen neurodegenerativen Krankheiten schützen. Besonderer Dank gilt unseren zahlreichen Förderern, darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fritz Thyssen Stiftung, die Boehringer Ingelheim Stiftung und die Bayer Foundation“, fügte Mafalda Escobar hinzu.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Mafalda Escobar
    Institut für Genetik, Universität zu Köln
    +49 221 478 84257
    mafalda.escobar@uni-koeln.de


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41467-025-56673-5


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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