Unmittelbar vor der Bundestagswahl 2025 wirft eine neue Studie der Freien Universität einen Blick zurück: Was hat sich in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland verändert? Was nicht? Und wie nehmen die Menschen diese Veränderungen wahr? Wie ändert sich ihr Blick auf zentrale Elemente der Demokratie, etwa Wahlen und Parteien?
Basierend auf Bevölkerungsumfragen, die anlässlich der Bundestagswahlen 2017 und 2021 sowie der Europawahl 2024 durchgeführt wurden, ergibt die Untersuchung der Politologen und Politologinnen der Freien Universität Berlin unter dem Titel „Polarisierung trotz Stabilität. Wähler:innen in Deutschland und ihr Blick auf Demokratie, Medien, Themen und Parteien im Lichte der CNEP-Studien 2017, 2021, 2024“ ein differenziertes Bild: An einigen Stellen zeigen sich gravierende Verschiebungen, etwa beim medialen Kontext.
Auch hat sich die Stimmung zur wirtschaftliche Lage in Deutschland eingetrübt, was sich auch in den Aussagen der Befragten spiegelt: Die Wahrnehmung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage ist vom deutlich positiven in den deutlich negativen Bereich gefallen, während die eigene wirtschaftliche Lage im Mittel weitgehend auf hohem Niveau stabil und positiv gesehen wird. Gleichzeitig gehen mit dem Wandel des ökonomischen und medialen Kontexts teils dramatische Veränderungen in der Wahrnehmung von Parteien einher. Zu vielen Themen haben sich die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger dagegen kaum verändert.
„In weniger als zehn Jahren sehen wir einerseits einen Wandel, den sich in diesem Tempo kaum jemand hätte vorstellen können: in der Parteien- und vor allem in der Medienlandschaft“, konstatiert Prof. Dr. Thorsten Faas, Professor am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität und Leiter der Studie. So sei das Kurzvideoportal Tiktok 2017 noch völlig unbekannt gewesen, ebenso eine Partei wie das im Januar 2024 gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). „Die Veränderungen des medialen Umfelds, aber auch die Ausdifferenzierung des Parteiensystems haben auch die Wahrnehmungen der politischen Situation insgesamt deutlich verändert und polarisiert. Dabei sind diese Verschiebungen aber weniger auf thematische Neuorientierungen zurückzuführen. Hier gibt es eine erstaunliche Konstanz. Vielmehr deuten die Verschiebungen auf veränderte Wahrnehmungen hin: Daraus, weniger aus tatsächlichen Positionsveränderungen ergeben sich die verstärkten Polarisierungsmuster, die zu beobachten sind“, unterstreicht Thorsten Faas, „man kann es auf die Formel bringen ‚Polarisierung trotz (inhaltlicher) Stabilität‘“.
Und was bedeutet das für die Demokratie? Auch hier ergibt die Studie ein gemischtes Bild: Grundlegende Aspekte der liberalen Demokratie – freie Wahlen, freie Medien – genießen 2017 ebenso wie 2024 noch große Unterstützung. In fast jeder Hinsicht hätten sich aber teils deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gezeigt. Gerade junge Menschen mit formal niedriger Bildung ragen den Ergebnissen zufolge an vielen Stellen heraus – sie sind besonders kritisch gegenüber grundlegenden Elementen der Demokratie eingestellt. „Zudem sehen wir deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Parteilagern. Gerade die Anhänger:innen der AfD sehen viele Dinge um ein Vielfaches skeptischer und kritisch. Ihnen ist Demokratie weniger wichtig, und vor allem nehmen sie sie als weniger funktionsfähig wahr“, betont Thorsten Faas. (cwe)
Weitere Informationen zur Studie
- Grundlage der aktuellen Publikation sind deutsche Teilstudien, die im Rahmen des international vergleichend angelegten Comparative National Elections Project (CNEP) entstanden sind. CNEP ist ein multinationales Projekt, in dem seit mehr als 30 Jahren Wissenschaftler:innen weltweit zentrale Aspekte rund um Wahlen und Demokratie untersuchen und dabei vergleichbare Forschungsdesigns und Kernfragebögen verwenden (siehe auch https://u.osu.edu/cnep/). Es ist eines der wichtigsten Projekte der länderübergreifenden vergleichenden Forschung zu politischen Einstellungen und dem Wahlverhalten von Bürger:innen.
- Der Abschlussbericht „Polarisierung trotz Stabilität. Wähler:innen in Deutschland und ihr 2021, 2024“ ist online abrufbar unter
https://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/systeme/empsoz/forschung/resso...
Kontakt und Interview-Wünsche
Prof. Dr. Thorsten Faas, Freie Universität Berlin, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Telefon: 030 - 838 64131, E-Mail: thorsten.faas@fu-berlin.de
https://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/systeme/empsoz/forschung/resso...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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