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31.03.2025 13:34

Auffallend unauffällig: Schwache Sprachelemente im Fokus

Dr. Gabriele Neumann Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

    Marburger Linguistin Prof. Dr. Ulrike Domahs leitet neue Forschungsgruppe zu schwachen Elementen in Sprachentwicklung

    Wenn wir sprechen oder eine Sprache lernen, sind sie immer dabei: Tempo, Melodie und Rhythmus. Prosodie heißt dieses komplexe Zusammenspiel sprachlicher Faktoren zwischen Lauten und Wörtern. Wenn dieses Zusammenspiel fehlt, klingt gesprochene Sprache im besten Fall monoton. Im schlechtesten Fall kann man sie nicht mehr verstehen. Während starke Elemente der Prosodie, also betonte Silben und Laute oder starke Akzente im Rhythmus, relativ gut erforscht sind, ist die Rolle schwacher, unbetonter Elemente bisher wenig beleuchtet. Das will die neue Forschungsgruppe unter Marburger Leitung ändern.
    „Weak Elements in Phonology: Development, Processing and Modality – Schwache Einheiten in der Phonologie: Erwerb, Verarbeitung und Modalität” heißt die Gruppe, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die nächsten vier Jahre mit etwa 4,1 Millionen Euro gefördert wird.

    „Wer verstehen will, wie Sprache funktioniert, ist an der Universität Marburg richtig aufgehoben. Der jüngste Erfolg belegt erneut die Exzellenz unserer Forschung in den Profilbereichen „Sprachdynamik“ und „Geist, Gehirn, Verhalten“ und stärkt die Universität Marburg im Wettbewerb um Fördermittel. Ich beglückwünsche Ulrike Domahs und alle Beteiligten zu dieser Leistung“, sagt Prof. Dr. Gert Bange, Vizepräsident für Forschung an der Philipps-Universität.

    Die Marburger Neurolinguistin Prof. Dr. Ulrike Domahs ist Sprecherin der Gruppe. „Die Forschungsgruppe soll zu einem besseren Verständnis der Funktionen von schwachen Einheiten in der Sprachentwicklung und -verarbeitung führen“, erklärt sie. „Ergebnisse aus einer Pilotstudie zeigen, dass kleine Kinder einige Zeit benötigen, bis sie unbetonte Silben am Ende von Wörtern korrekt produzieren können. Bei manchen Kindern halten solche Schwierigkeiten länger an, was sich negativ auf den weiteren Spracherwerb auswirken kann“, führt Domahs aus.

    Die empirische Forschung der letzten Jahrzehnte habe gezeigt, dass der Prosodie wichtige Funktionen beim Sprachenlernen und bei der Sprachverarbeitung zukommen. So sei nachgewiesen worden, dass zum Beispiel Elemente wie Akzent, Rhythmus und Betonung das Erlernen von Wörtern und das Identifizieren von Wortstämmen und Phrasentypen im ersten Lebensjahr unterstützt. So können schwache Silben wichtige grammatische Informationen tragen, zum Beispiel zu Singular und Plural wie in „Skizzen“ vs. „Skizze“. Vergleiche man prosodische Systeme in verschiedenen Sprachen, gebe es auffällige Unterschiede in Bezug auf schwache und nicht primär betonte Elemente. Dabei sei bisher weitgehend unklar, wie diese Elemente zur Struktur prosodischer Systeme und zu deren Verarbeitung beitragen.

    Die Forschungsgruppe (FOR) will das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und folgenden Fragen nachgehen:
    • Wie werden schwache Elemente unter verschiedenen Voraussetzungen erworben?
    • Wie entwickeln sie sich historisch?
    • Welche neuronalen Prozesse sind an ihrem Verstehen beteiligt?
    • Welche Rolle spielen sie im Versmaß?
    • Wie beeinflussen sie die Verarbeitung grammatischer Informationen?
    • Wie wirkt sich die Sprachmodalität auf ihren Erwerb und ihre Verarbeitung aus?
    Die Forschungsgruppe vereint dazu Forschende aus vielen verschiedenen sprachwissenschaftlichen Bereichen und setzt eine breite Palette von experimentellen Methoden ein, um die Funktionen schwacher Elemente zu untersuchen. Neben den Marburger Forschenden sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Erfurt, der Universität Mannheim, der Goethe-Universität Frankfurt, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sowie des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung – Leibniz-Institut für Lebenslanges Lernen in Bonn und des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim beteiligt. Die Ergebnisse sollen zur besseren Bewertung theoretischer Annahmen über prosodische Systeme, Sprachentwicklung und die Rolle der Modalität sowie zur Didaktik der gesprochenen und geschriebenen Sprache beitragen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professorin Dr. Ulrike Domahs
    Institut für Germanistische Sprachwissenschaft
    Philipps-Universität Marburg
    Tel.: 06421 28-24675
    E-Mail: ulrike.domahs@staff.uni-marburg.de


    Bilder

    Eine Probandin bei der Aufzeichnung eines Elektroenzephalogramms (EEG). Im Versuch werden so Informationen zur Verarbeitung von sprachlichen Elementen gewonnen.
    Eine Probandin bei der Aufzeichnung eines Elektroenzephalogramms (EEG). Im Versuch werden so Informa ...
    Foto: Jan Bosch


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Eine Probandin bei der Aufzeichnung eines Elektroenzephalogramms (EEG). Im Versuch werden so Informationen zur Verarbeitung von sprachlichen Elementen gewonnen.


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