Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Projekt zu den Praktiken in Terrorismusprozessen mit 1,2 Millionen Euro / Kooperation zwischen den Universitäten Bielefeld, Köln und Marburg
Ein neues Forschungsprojekt der Universitäten Bielefeld, Köln und Marburg befasst sich mit gerichtlichen Praktiken in deutschen Terrorismusprozessen. Im Fokus stehen vergleichende Beobachtungen von Verhandlungen an deutschen Gerichten gegen Angeklagte aus dem extrem rechten und dschihadistischen Umfeld. Die Forschenden beziehen auch die mediale Berichterstattung ein. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt das Projekt mit 1,2 Millionen Euro über eine Laufzeit von drei Jahren.
Der Rektor der Universität zu Köln, Professor Dr. Joybrato Mukherjee, sagt: „Ich beglückwünsche Frau Dr. Bögelein und ihre Kolleginnen aus Bielefeld und Marburg zur Förderung ihres Forschungsprojektes. Es setzt sich kritisch mit jenen Terrorismusprozessen in Deutschland auseinander, die gegen Angeklagte mit rechtsextremen und dschihadistischen Ideologien geführt werden. Die Förderung des Projektes aus dem Bereich der Kriminologie zeigt, wie wichtig transdisziplinäre Forschung in der Beschäftigung mit aktuellen gesellschaftlichen Vorgängen ist.“
Das Forschungsteam richtet den Blick auf die Verknüpfung von Ideologie, Identität, Interessen und Wissen in Terrorismusverfahren. „Die Gerichtssäle sind nicht nur Orte der Rechtsprechung, sondern zentrale Räume, in denen sich gesellschaftliche Vorstellungen von Terrorismus entwickeln und verfestigen“, sagt Dr. Kerstin Eppert, die das Teilvorhaben am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld gemeinsam mit Viktoria Roth leitet.
In dem Projekt untersuchen die Wissenschaftlerinnen unter anderem, welche Rolle geschlechtliche, religiöse und kulturelle Zuschreibungen in den Gerichtsverhandlungen spielen. „Frühere Studien zeigen, dass gesellschaftliche Geschlechtervorstellungen in der Bewertung der Beteiligung von Angeklagten an schweren Straftaten eine Rolle spielen – sowohl in Gerichtsverfahren als auch in der medialen Darstellung“, berichtet Dr. Anja Schmidt-Kleinert, Leiterin des Teilvorhabens am Institut für Politikwissenschaft der Universität Marburg.
Im internationalen Vergleich steht die Gerichtsforschung in Deutschland noch sehr am Anfang. Daher versprechen sich die Forscherinnen im Projekt auch neue Erkenntnisse zu sozialen Dynamiken im Gerichtssaal. „Insbesondere, wie sich Menschen vor Gericht präsentieren, inwiefern sie Reue zeigen oder sich von einer Ideologie distanzieren, wird von Gerichten erwogen“, sagt Dr. Nicole Bögelein, die das Teilvorhaben am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln leitet.
Die Forscherinnen beobachten die Verhandlungen direkt vor Ort und werten die prozessbegleitende Medienberichterstattung aus. Sie untersuchen dabei drei Ebenen: die direkten Interaktionen im Gerichtssaal, die Entstehung rechtlichen Wissens und die öffentliche Wahrnehmung in den Medien. Das Projektteam arbeitet mit den Ansätzen der Gerichtsethnographie und der Grounded Theory. Dafür werden Daten aus Gerichtsbeobachtungen gesammelt und Inhaltsanalysen von medialer Berichterstattung durchgeführt. Der Ansatz ermöglicht es, neue Theorien aus dem Material heraus zu entwickeln.
Das Projekt heißt „Terror verhandeln: Deutsche Gerichte als gesellschaftliche Orte der Verhandlung und Wissensproduktion zu extrem rechtem und dschihadistischem Terrorismus“, Kurztitel: „Judging Terror“. Es läuft von Januar 2025 bis Dezember 2027. Geplant ist die Veröffentlichung der Ergebnisse in nationalen und internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften sowie die Vorstellung auf Fachkonferenzen. Zudem kooperieren die Projektteams mit dem internationalen IN-COURT-Netzwerk, über das die internationale vergleichende Forschung vorangebracht werden soll.
Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Nicole Bögelein
+49 221 470 4357
Nicole.Boegelein@uni-koeln.de
Dr. Kerstin Eppert, Universität Bielefeld
Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
+49 521 106-12941
kerstin.eppert@uni-bielefeld.de
Presse und Kommunikation:
Robert Hahn
+49 221 470 2396
r.hahn@verw.uni-koeln.de
Verantwortlich: Dr. Elisabeth Hoffmann – e.hoffmann@verw.uni-koeln.de
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Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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