FAU-Forschende behandeln weltweit erstmals eine Autoimmunerkrankung mit zwei verschiedenen CAR-T-Zelltherapien
Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Uniklinikums Erlangen ist es gelungen, eine Patientin mit einer besonders schweren Form einer Autoimmunerkrankung nacheinander mit zwei unterschiedlichen Typen von CAR-T-Zellen zu behandeln. Die 45-jährige Frau, die am Antisynthetase-Syndrom litt, ist inzwischen seit über neun Monaten beschwerdefrei, ohne irgendwelche Medikamente einzunehmen. Die Ergebnisse sind nun in der renommierten Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht worden und könnten den Weg zu neuen Behandlungsstrategien ebnen.
Das Immunsystem schützt den Körper vor Krankheitserregern, doch bei Autoimmunerkrankungen gerät dieser Schutzmechanismus außer Kontrolle. Beim seltenen Antisynthetase-Syndrom greifen fehlgeleitete B-Zellen zentrale Strukturen an, die für die Übersetzung genetischer Informationen in Proteinen notwendig sind. Die Folge sind Entzündungen der Muskulatur, der Lunge und der Gelenke.
Programmierte Abwehrzellen im Einsatz
Die erste Therapie bestand aus einer CD19-CAR-T-Zellbehandlung. „Bei dieser Therapie werden körpereigene T-Zellen entnommen, im Labor zu CAR-T-Zellen umprogrammiert und anschließend den Patienten zurückgegeben. Nach Rückgabe der CAR-T-Zellen eliminierten diese die B-Zellen und die Krankheit bei unserer Patientin zunächst zum Stillstand“, erklärt Prof. Dr. Ricardo Grieshaber-Bouyer, Leitender Arzt der Studienambulanz an der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie des Uniklinikums Erlangen.
T-Zellen verfügen über spezielle Rezeptoren, mit denen sie ihre Gegner ausfindig machen. Wenn dieser Sensor bestimmte Merkmale auf der Oberfläche einer anderen Zelle entdeckt – beispielsweise solche, die auf den Befall mit einem Virus schließen lassen –, dann schlägt das Immunsystem Alarm. Die T-Zelle wird dadurch aktiviert und beseitigt ihren Gegner. „Indem wir T-Zellen mit einem chimären Antigen-Rezeptor – kurz CAR – ausstatten, lassen sie sich gezielt gegen krankheitsverursachende Zellen lenken“, erklärt Prof. Andreas Mackensen, Direktor der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Onkologie. Diese Therapie zeigte anfangs durchschlagenden Erfolg, doch nach neun Monaten kehrten die Symptome zurück. Weiterführende Analysen am Uniklinikum Erlangen ergaben, dass das Immunsystem der Patientin nun gegen die veränderten T-Zellen vorging und sie zerstörte.
„Wir mussten einen neuen Weg finden, da die ‚klassische‘ (gegen CD19 gerichtete) CAR-T-Zelltherapie bei dieser Patientin nicht dauerhaft wirkte“, erklärt Dr. Andreas Wirsching, Leitender Arzt der Studienambulanz an der Medizinischen Klinik 3. Der Durchbruch gelang mit einer zweiten Therapieform: den sogenannten BCMA-CAR-T-Zellen. B-Lymphozyten wandeln sich im Zuge ihrer Reifung in sogenannte Plasmazellen um. Und diese tragen auf ihrer Oberfläche einen weiteren Faktor, der sich ebenfalls als Erkennungsmerkmal nutzen lässt, das BCMA-Protein. Plasmazellen gelten als besonders langlebige Produzenten krankheitsauslösender Antikörper.
„Die zweite Behandlung mit BCMA-CAR-T-Zellen war entscheidend: Sie eliminierte gezielt die Zellen, die die Erkrankung aufrechterhielten“, erläutert Prof. Fabian Müller, Oberarzt an der Medizinischen Klinik 5. Die Mediziner programmierten daher nun T-Zellen der Patientin so um, dass sie sämtliche Zellen mit BCMA angriffen. Die Therapie mit diesen BCMA-CAR-T-Zellen führte zu einer tiefgreifenden Verbesserung: Die Plasmazellen der Patientin wurden gezielt zerstört, die Menge krankheitsverursachender Antikörper nahm ab, und die Patientin ist nun seit über neun Monaten völlig ohne Medikamente beschwerdefrei.
Dass erstmals zwei unterschiedliche Typen von CAR-T-Zellen bei einer Autoimmunerkrankung eingesetzt wurden, markiert einen Paradigmenwechsel. „Wir stehen am Anfang einer neuen Ära in der Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen“, sagt Prof. Georg Schett. „Die Behandlung könnte für viele Betroffene, bei denen herkömmliche Therapien versagen, neue Hoffnung bedeuten.“ „Zudem zeigt unser Behandlungsergebnis eine erfolgsversprechende Strategie auf, wie seltene Rückfälle nach CAR-T-Zelltherapie effektiv behandelt werden können“, betont Prof. Georg Schett. Die Forschenden der FAU – unter Federführung von Prof. Schett und Prof. Mackensen – leisten mit ihrer Arbeit einen entscheidenden Beitrag zur Etablierung der CAR-T-Zelltherapie als neue Säule in der Immunmedizin.
Direkt zur Studie: https://doi.org/10.1038/s41591-025-03718-3
Ansprechpartner für Medien:
Prof. Dr. Ricardo Grieshaber-Bouyer
Medizinische Klinik 3 des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-39109
ricardo.grieshaber@uk-erlangen.de
Prof. Dr. Georg Schett
Medizinische Klinik 3 des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-39109
georg.schett@uk-erlangen.de
Prof. Dr. Andreas Mackensen
Medizinische Klinik 5 des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-35954
med5-direktion@uk-erlangen.de
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Prof. Dr. Andreas Mackensen
Medizinische Klinik 5 des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-35954
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https://doi.org/10.1038/s41591-025-03718-3
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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