Rankings unter Kolleg*innen in Krankenhausteams können manche Ärzt*innen zu besserer Leistung anspornen, auf andere aber demotivierend wirken. Ein verhaltensökonomisches Experiment zeigt, dass das „richtige“ Design eines Rankings demotivierende Effekte vermeiden kann und die Versorgungsqualität für Patient*innen steigert / Veröffentlichung in „Management Science“
Wenn die Qualität medizinischer Leistungserbringung von individuellen Ärzt*innen innerhalb eines Krankenhausteams anhand eines Rankings verglichen wird, entscheidet das Design des Rankings, ob die Ergebnisse eher zu besserer Leistung anspornen oder eher demotivierend wirken. Der vorgegebene Qualitätswert, ab dem ein hervorragender Rang erreicht werden kann und eine Leistung als ausgezeichnet gilt, darf weder zu niedrig angesetzt, noch darf er zu schwer zu erreichen sein. Das ist das Ergebnis einer Studie, die ein Forschungsteam aus dem Bereich der Gesundheitsökonomie an der Universität zu Köln gemeinsam mit einer Kollegin der Universität Münster durchgeführt hat. Die Ergebnisse sind unter dem Titel „How the Design of Ranking Systems and Ability Affect Physician Effort” in der Fachzeitschrift Management Science erschienen.
In Krankenhäusern ist die hohe Qualität der Patientenversorgung das wichtigste Ziel. Eine der Managementmaßnahmen, die Krankenhausleitungen zur Qualitätssteigerung zur Verfügung stehen, sind relative Leistungsvergleiche in Form von Rankings. Verhaltensökonomische Studien zeigen, dass im Gesundheitswesen Feedbacksysteme, die nicht auf finanzielle Anreize für gute Leistungen, sondern auf kollegiale Anerkennung setzen, motivierend wirken können: Feedback durch Rankings macht die eigene Leistung im Vergleich zu anderen innerhalb einer Gruppe oder eines Teams transparent. Das wiederum fördert den sozialen Vergleich und soll die Motivation steigern, sich zu verbessern.
In einem solchen Ranking wird jedem Arzt und jeder Ärztin entsprechend der erreichten Leistung in einem individuell messbaren Qualitätsindikator ein Rang zugeordnet. Die Ranggrenzen legen fest, welchem Rang eine ärztliche Leistung bei einer messbaren Kennzahl (zum Beispiel Rate der Entdeckung von Adenomen, einer Darmtumorform) zugeordnet wird. Die Gestaltung eines solchen Rankings stellt eine Herausforderung für die Führungskräfte dar, denn eine hohe Ranggrenze kann motivierend auf die Ärzt*innen wirken, die eine realistische Chance haben, diese Grenze zu überschreiten. Andererseits kann sie diejenigen Ärzt*innen demotivieren, die glauben, das Ziel selbst bei hoher Anstrengung nicht erreichen zu können. Dadurch entsteht ein Dilemma.
In einem sogenannten „Lab-in-the-Field“-Experiment wurden 112 praktizierende Ärzt*innen sowie 240 Medizinstudierende in kleinen Teams mit einer medizinisch kontextualisierten Entscheidungssituation konfrontiert: Sie konnten unter Inkaufnahme eigener Kosten den Behandlungserfolg für abstrakte Patient*innen maximieren, wobei ihr individueller Einsatz direkt die Versorgungsqualität für echte Patient*innen bestimmte. Vorab wurde eine individuelle Fähigkeitseinstufung vorgenommen, um reale Unterschiede in den Leistungsfähigkeiten abzubilden. Anschließend variierten die Forschenden systematisch das Design der Rankings – insbesondere die Anzahl und Position von Schwellenwerten, die zu einer Einstufung in unterschiedliche Ränge führten. Dadurch konnten sie analysieren, welche Kombinationen von Ranggrenzen motivierend wirken und welche eher demotivieren. Das Ergebnis ist, dass kein festgelegtes Rankingdesign automatisch in jedem Team zu besseren Leistungen führt. Vielmehr soll ein Ranking individuell in Abhängigkeit von den individuellen Fähigkeiten der Teilnehmer*innen gestaltet werden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein gut durchdachtes Ranking sorgfältig auf die Leistungsmöglichkeiten beziehungsweise Fähigkeiten des Teams abgestimmt sein sollte“, sagt Yero Ndiaye, Doktorand am Staatswissenschaftlichen Seminar der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät. „Die Herausforderung liegt darin, die richtige Balance zu finden, um möglichst viele Ärztinnen und Ärzte zu motivieren, ohne einen Teil der Belegschaft zu frustrieren.“
Aus den Resultaten folgen Empfehlung für Führungskräfte, die Feedback in Form von Rankings in ihren Krankenhäusern einführen wollen. Ein Ranking kann ein durchaus wertvolles Instrument ist, um die Motivation von Ärzt*innen zu steigern, allerdings sollten Führungskräfte in Krankenhäusern die unterschiedlich motivierende beziehungsweise demotivierende Wirkung in Abhängigkeit von den Fähigkeiten der Ärzt*innen beachten. Um Demotivation einzelner Ärzt*innen zu vermeiden, sind Rankingdesigns so zu gestalten, dass die Ranggrenzen an die Fähigkeitsverteilung des Ärzt*innenteams angepasst sind; somit existiert für alle ein Rang, der durch höhere Leistung erreicht werden kann.
„Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung in der klinischen Praxis sind allerdings die Erfassung und kontinuierliche Messung von Leistungskennzahlen auf individueller Leistungserbringerebene und die regelmäßige Nutzung des Performance-Feedbacks in Kombination mit Trainings- und Schulungsmöglichkeiten für die Ärzt*innen. Weitere Evidenz hierzu ist allerdings noch in länger angelegten Feldexperimenten in Kliniken notwendig“, resümiert Studienleiter Professor Dr. Daniel Wiesen am Department of Operations Management der Universität zu Köln.
Professor Dr. Daniel Wiesen
Professor of Health Management
Department of Operations Management
+49 221 470 89171
wiesen@wiso.uni-koeln.de
Yero Ndiaye M.Sc.
Staatswissenschaftliches Seminar
+49 221 470 5491
ndiaye@wiso.uni-koeln.de
https://pubsonline.informs.org/doi/full/10.1287/mnsc.2022.00990
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Medizin, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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