Der Kinder- und Jugendmediziner Boris Wittekindt, die Romanistin Romana Radlwimmer, der evangelische Theologe Johannes Friedrich Diehl und der Biochemiker Alexander Heckel – sie alle haben in diesem Jahr den begehrten 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre erhalten, den die Goethe-Universität zum 24. Mal gemeinsam mit der Stiftung der Frankfurter Sparkasse verliehen hat.
„Was bedeutet gute Lehre in einer Welt, in der Texte in Sekundenschnelle generiert und Hausarbeiten von Modellen geschrieben werden können?“ Mit dieser Frage dürfte Prof. Viera Pirker, Vizepräsidentin der Goethe-Universität für Studium und Lehre, bei vielen im vollbesetzten Renate von Metzler-Saal einen Nerv getroffen haben. Doch auch in Zeiten von ChatGPT und Co. sei Lehre an der Goethe-Universität „ein gemeinsamer Suchprozess nach Wissen, Urteilsvermögen und Verantwortung“, so Pirker. Dafür brauche es Menschen, die nicht in gewohnten Mustern verharrten, sondern Lehre weiterdächten. Die mit dem 1822-Preis Ausgezeichneten stünden für besonderes Engagement: „Sie sehen ihre Aufgabe im Vermitteln von Wissen, aber wichtiger noch, im Ermöglichen eines Lernprozesses, der Selbsttätigkeit, kritische Reflexion und Teilhabe fördert.“
Dr. Ingo Wiedemeier, Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Sparkasse: „Aus tiefer Überzeugung begleiten wir mit der Stiftung der Frankfurter Sparkasse seit mehr als zwei Jahrzehnten den 1822-Universitätspreis. Denn eine exzellente Lehre bringt neue Generationen begeisterter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hervor. Davon profitiert die universitäre Forschung, aber auch der gesamte Wirtschaftsstandort Rhein-Main.“
Ein Vortrag zu aktuellen Themen zur Lehre gehört zur Tradition der Preisverleihung. „Von Co-Creation zu Co-Teaching: Generative KI als Impulsgeber für eine zukunftsorientierte Hochschullehre“ lautete der Titel des Vortrags von Wirtschaftsinformatikerin Doris Weßels. ChatGPT & Co. hinterfragen die traditionelle Hochschullehre, so Weßels, die die Entwicklung bis hin zu agentenbasierten Formen des Co-Teachings von Mensch und Maschine skizzierte. Hochschulen stünden vor der Aufgabe, diesen tiefgreifenden Wandel zu gestalten. Weßels ist Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Kiel und Mitgründerin des virtuellen Kompetenzzentrums Künstliche Intelligenz und wissenschaftliches Arbeiten (VK:KIWA).
Mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde der Kinder- und Jugendmediziner Dr. Boris Wittekindt für sein außergewöhnlich breites und nachhaltiges Engagement in der Lehre. Seit vielen Jahren gestaltet er die Ausbildung im Fach Pädiatrie mit „didaktischer Exzellenz, organisatorischer Verantwortung und hoher Praxisnähe“, heißt es in der Begründung. Als Oberarzt der Neonatologie lehrt er in sämtlichen Phasen des Medizinstudiums und verbindet theoretische Grundlagen, patientenzentrierte Kommunikation und klinische Fallarbeit auf beispielhafte Weise. Mit interaktiven Vorlesungen, patientennahen Lehrformaten, Peer-Teaching-Angeboten, realistischen Prüfungssimulationen, digitalen Lehrmaterialien und einem eigenen Podcast schafft er vielfältige, praxisnahe Lernzugänge. Wittekindt lehrt nicht nur selbst, sondern gestaltet auch die medizinische Ausbildung weiter, setzt sich für die Evaluation der Lehre, die Curriculumsentwicklung sowie die Zusammenarbeit zwischen den Fachrichtungen ein. Die Studierenden erleben ihn als zugewandten, strukturierten und motivierenden Lehrer, der über das Fachliche hinaus Verbindungen zwischen Studierenden und medizinischem Personal schafft – zum Beispiel als Musiker im universitären Campus-Orchester.
Den 2. Preis erhält die Professorin für Romanische Literaturwissenschaft (Hispanistik und Lusitanistik) Romana Radlwimmer für ihre Lehre an der Schnittstelle von Literaturwissenschaft, kultureller Praxis und interkulturellem Austausch. Ihre Lehre zeichnet sich laut Nominierungsschreiben dadurch aus, dass sie den Seminarraum öffnet für gesellschaftliche Fragen. Sie lädt international anerkannte Autorinnen und Übersetzerinnen zu Lesungen, Vorträgen und Workshops ein. Dadurch erhalten die Studierenden unmittelbare Einblicke in kreative Schaffensprozesse, literarische Berufsfelder und kulturelle Kontexte jenseits des universitären Curriculums. Darüber hinaus initiiert Radlwimmer Exkursionen in die Frankfurter Literatur- und Kulturlandschaft – etwa in Buchhandlungen, Museen oder zu literarischen Veranstaltungen –, wodurch die Stadt selbst zum Lernraum wird. Ihre Lehre ist methodisch abwechslungsreich und partizipativ, und sie legt Wert auf überfachliche Kompetenzen wie Schreiben, Feedbackkultur und Zeitmanagement. Sie fördert studentische Eigeninitiative, u. a. durch eine barrierearme Plattform für studentisches Publizieren.
Den 3. Preis teilen sich der evangelische Theologen Dr. Johannes Friedrich Diehl und der Chemische Biologe Professor Alexander Heckel.
Dr. Johannes Friedrich Diehl wird für seine über Jahre hinweg herausragende Lehrtätigkeit im Fach Evangelische Theologie ausgezeichnet. Die studentische Begründung verweist darauf, dass Diehl fachliche Exzellenz mit didaktischer Innovationskraft verbinde, vor allem bei der Vermittlung der hebräischen Sprache. Mit einer eigens entwickelten Lernplattform stellt er Studierenden digitale Lernmaterialien wie Audioaufnahmen, Vokabel- und Formentrainer sowie Übungsklausuren zur Verfügung, die beim Lernen helfen. Seine Lehrveranstaltungen sind gut strukturiert, methodisch vielfältig und an den Lernbedarfen der Studierenden orientiert. Evaluationsergebnisse nutzt Diehl, um sein Lehrangebot weiterzuentwickeln. Studierende erleben ihn als engagierten, jederzeit ansprechbaren Dozenten, der sowohl die Studieneingangsphase als auch vertiefende Lehrangebote didaktisch überzeugend gestaltet. Über seine Lehrtätigkeit hinaus engagiert sich Dr. Diehl als Vorsitzender des Hebraisten-Verbands für die strukturelle Weiterentwicklung der Sprachlehre im Hochschulkontext.
Prof. Alexander Heckel erhält den 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre für seine innovative und studierendenzentrierte Lehre in der Organischen Chemie. Seine Veranstaltungen zeichnen sich durch didaktische Klarheit, hohe Anschaulichkeit und Berücksichtigung heterogener Vorkenntnisse aus – insbesondere im interdisziplinären Studiengang Bioinformatik. Prof. Heckel gelingt es, komplexe Sachverhalte auch für fachfremde Studierende verständlich aufzubereiten, ohne die Tiefe des Stoffs zu vernachlässigen. Dabei nutzt er digitale und interaktive Lehrformate wie Virtual Reality und hybride Lernsettings, macht so abstrakte Inhalte greifbar und ermöglicht unterschiedliche Lernzugänge. Besonders hervorgehoben wird von den Studierenden seine motivierende Vortragsweise, die Nähe zur Forschung und zur Praxis – er arbeitet mit Beispielen u. a. aus seiner Tätigkeit als Rettungssanitäter. Sein kontinuierliches Engagement, seine hohe didaktische Kompetenz und Innovationsfreude machen ihn zu einem herausragenden Hochschullehrer im naturwissenschaftlichen Bereich.
Erstmals verliehen wurde der 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre 2001. Den ersten und dritten Preis fördert die Stiftung der Frankfurter Sparkasse mit insgesamt 20.000 Euro, der 2. Preis in Höhe von 10.000 Euro wird von der Goethe-Universität finanziert. Der Preis wird jährlich vergeben. Die Studierenden selbst nominieren die Kandidatinnen und Kandidaten, die Entscheidung fällt eine Kommission, der Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Professoren und Professorinnen angehören und in der auch die Stiftung der Frankfurter Sparkasse durch ihre Geschäftsführung vertreten ist.
Moderiert wurde die Veranstaltung von den Studierenden Luca Malena Berger und Thessa König. Für die musikalische Umrahmung sorgte Bernhard Hollinger mit einer Darbietung im Spannungsfeld zwischen improvisierter Musik und experimenteller elektronischer Klangkunst.
Weitere Nominierungen:
Dr. Daria Bayer - FB01 Rechtswissenschaften
Dr. Veronika Brandis - FB09 Sprach- und Kulturwissenschaften
Prof. Dr. Christoph Cornelißen - FB08 Philosophie und Geschichtswissenschaften
Prof. Dr. Axel Fanego Palat - FB09 Sprach- und Kulturwissenschaften
Prof. Dr. Stefan Frank - FB16 Medizin
Prof. Kerstin Gottschalk - FB09 Sprach- und Kulturwissenschaften
Prof. Dr. med. Oliver Habler - FB16 Medizin
Anne Marlene Hastenplug - FB10 Neuere Philologien
Dr. Silvia Heid - FB16 Medizin
Hannah Sabrina Hübner - FB08 Philosophie und Geschichtswissenschaften
Lilian Hümmler - FB03 Gesellschaftswissenschaften
Dr. Manuela Kalbermatten - FB10 Neuere Philologien
Prof. Dr. Dr. Judith Kasper/ Prof. Dr. Caroline Sauter - FB10 Neuere Philologien
Prof. Dr. Sven Klimpel - FB15 Biowissenschaften
Dr. Daniel Kostyra - FB02 Wirtschaftswissenschaften
Prof. Dr. Antje Krause-Wahl - FB09 Sprach- und Kulturwissenschaften
Dr. Jana Liewald - FB14 Biochemie, Chemie und Pharmazie
Stéphanie Niepceron - FB10 Neuere Philologien
Dr. Stefan Rettenmayr - FB12 Informatik/Mathematik
Dr. Ingo Johannes Benjamin Sauer - FB02 Wirtschaftswissenschaften
Prof. Dr. med. Dr. phil. nat. Achim Schmidtko - FB14 Biochemie, Chemie und Pharmazie
Dr. Isabell Schmitz - FB15 Biowissenschaften
Prof. Dr. Heiko Schulz - FB06 Evangelische Theologie
Prof. Dr. Michael Sommer - FB07 Katholische Theologie
Prof. Dr. Annette Warner - FB08 Philosophie und Geschichtswissenschaften
Cosima Weisenburger - FB05 Psychologie und Sportwissenschaften
Dr. Sandro Wiesmann - FB05 Psychologie und Sportwissenschaften
Dr. Ulrike Zoch - FB09 Sprach- und Kulturwissenschaften
Bilder zum Download unter: http://www.uni-frankfurt.de/174337772
Bildunterschrift:
1822-Preis für innovative Lehre vergeben: (v.l.) Dr. Ingo Wiedemeier, Vorstandvorsitzender der Frankfurter Sparkasse, die Preisträger der Kinder- und Jugendmediziner Dr. Boris Wittekindt, der Chemiker Prof. Alexander Heckel, die Professorin für Romanische Sprachwissenschaft Romana Radlwimmer, der Hebräischdozent Dr. Johannes Friedrich Diehl sowie die Vizepräsidentin der Goethe-Universität für Studium und Lehre Prof. Viera Pirker (v.l.; Foto: Moritz Reich)
Julia Pirzer
Referentin für Hochschulpreise
Telefon +49(0)173 265 8 058
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin, Pädagogik / Bildung, Sprache / Literatur
überregional
Studium und Lehre, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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