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18.07.2025 13:01

Mangelernährung im Alter: ein unterschätztes Gesundheitsrisiko

Blandina Mangelkramer Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Warum ältere Menschen oft mangelernährt sind und was dagegen hilft

    Viele ältere Menschen essen zu wenig oder zu einseitig – mit erheblichen Folgen für ihre Gesundheit. Prof. Dr. Dorothee Volkert vom Lehrstuhl für Innere Medizin (Geriatrie) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) erklärt, warum das Thema Mangelernährung im Alter so relevant ist, wie man das Phänomen erkennt und was man dagegen tun kann.

    Frau Prof. Volkert, warum ist Mangelernährung im Alter ein so großes Problem?

    Ältere Menschen sind besonders anfällig für Mangelernährung. Viele altersbedingte Veränderungen und Begleiterscheinungen des Alterns erschweren eine ausreichende Ernährung. Zudem nimmt der Anteil hochaltriger Menschen – also ab etwa 80 Jahren – in der Bevölkerung weiter zu, es gibt also immer mehr Betroffene. Die Folgen sind gravierend: Mangelernährte Menschen haben ein höheres Risiko für Infektionen, schlechtere Heilungschancen, verlängerte Krankenhausaufenthalte und insgesamt eine reduzierte Lebensqualität. Auch die Kosten für das Gesundheitssystem steigen dadurch erheblich.

    Warum essen viele ältere Menschen zu wenig oder nicht mehr ausgewogen?

    Die Gründe sind sehr vielfältig. Es ist selten eine einzelne Ursache, meist kommen mehrere Faktoren zusammen. Altersbedingt lassen Appetit und Durstgefühl nach. Viele Menschen haben Kau- oder Schluckprobleme. Gleichzeitig können Mobilitätseinschränkungen, akute und chronische Krankheiten, bestimmte Medikamente, psychische Belastungen wie Einsamkeit oder Depression sowie soziale oder kognitive Probleme eine Rolle spielen. Insgesamt werden über hundert Einflussfaktoren diskutiert – körperlich, psychisch, sozial, kognitiv und medizinisch. Diese Komplexität macht die Diagnose und Behandlung so anspruchsvoll.

    Kann Mangelernährung bei so vielen möglichen Ursachen überhaupt diagnostiziert werden?

    Für eine Mangelernährung gibt es klare Kriterien. Dazu zählen ein ungewollter Gewichtsverlust oder ein niedriges Körpergewicht bzw. eine reduzierte Muskelmasse in Verbindung mit einer reduzierten Nahrungsaufnahme oder erhöhtem Bedarf durch Krankheit oder Stress. In der Praxis kommen kurze, standardisierte Fragebögen zum Einsatz, mit denen diese Aspekte abgefragt werden, sogenanntes Screening-Instrumente. Diese Früherkennung sollte idealerweise zur Routine gehören, vor allem in der Versorgung älterer Patientinnen und Patienten.

    Was können Angehörige von älteren Menschen tun, wenn sie den Verdacht auf Mangelernährung haben?

    Wenn Angehörige eine ungewollte Gewichtsabnahme, Appetitlosigkeit oder auch einen nicht mehr so gut gefüllten Kühlschrank bemerken, sollten unbedingt die dahintersteckenden Ursachen geklärt werden. Mögliche medizinische Ursachen müssen durch den Hausarzt abgeklärt werden. Bei ungenügender oder einseitiger Ernährung ohne frische Lebensmittel oder auch ohne die tägliche warme Mahlzeit sollte Unterstützung beim Einkaufen und Kochen oder auch ein Mahlzeitenlieferdienst organisiert werden.

    Was passiert nach der Diagnose – wie wird Mangelernährung behandelt?

    Zunächst wird geschaut, was genau hinter dem Problem steckt: Wir haben dafür ein Modell entwickelt, das die wichtigsten Einflussfaktoren systematisch ordnet und damit hilft, die Ursachen besser zu erfassen. Gibt es funktionelle Einschränkungen? Eine zugrunde liegende Erkrankung? Psychische Belastungen? Je nach Ursache kann zum Beispiel eine logopädische Behandlung bei Schluckstörungen helfen oder Unterstützung im Alltag notwendig sein. Die Ernährungstherapie selbst umfasst dann verschiedene Maßnahmen: eine hochwertige und ausgewogene Lebensmittelauswahl, angereichert mit besonders nährstoffreichen Zutaten wie Nüssen, Eiern, Pflanzenölen oder Sahne. Auch Eiweißpulver, Trinknahrung oder – in schweren Fällen – künstliche Ernährung können sinnvoll sein. Wichtig ist, dass die Maßnahmen individuell angepasst werden und realistisch in den Alltag integrierbar sind.

    Wird Mangelernährung im medizinischen Alltag aus Ihrer Sicht ausreichend beachtet?

    Leider nicht. Das liegt unter anderem daran, dass Ernährung in der medizinischen Ausbildung kaum eine Rolle spielt. Viele Ärztinnen und Ärzte sind nicht geschult, Mangelernährung zu erkennen oder gezielt zu behandeln. Zudem ist die Behandlung oft zeitaufwändig und langwierig und das wird in unserem Gesundheitssystem leider nicht entsprechend honoriert.

    Portraitfoto von Prof. Dr. Dorothee Volkert zum Download:
    https://www.fau.de/2025/07/news/wissenschaft/mangelernaehrung-im-alter-ein-unter...

    Ansprechpartnerin für Medien:
    Prof. Dr. Dorothee Volkert
    Lehrstuhl für Innere Medizin (Geriatrie)
    dorothee.volkert@fau.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Dorothee Volkert
    Lehrstuhl für Innere Medizin (Geriatrie)
    dorothee.volkert@fau.de


    Weitere Informationen:

    https://www.fau.de/2025/07/news/wissenschaft/mangelernaehrung-im-alter-ein-unter... Portraitfoto von Prof. Dr. Dorothee Volkert zum Download


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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