Im Vorfeld des Baus der Gleichstromverbindung SuedOstLink finden derzeit in enger Abstimmung mit dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz archäologische Untersuchungen des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) Sachsen-Anhalt statt. An verschiedenen Stellen entlang des Trassenverlaufs ermöglichen diese Untersuchungen bedeutende, mitunter überraschende neue Erkenntnisse zur Nutzungsgeschichte der seit Jahrtausenden besiedelten Kulturlandschaft zwischen Wolmirstedt und der südlichen Landesgrenze bei Droyßig. Nun wurden bei Gerstewitz aufsehenerregende Bestattungen und Opfergruben der Salzmünder Kultur (3.400 bis 3.050 vor Christus) entdeckt.
Hintergrund: Salzmünder Kultur
Die Salzmünder Kultur ist eine Regionalgruppe der Trichterbecherkulturen mit Verbreitungsschwerpunkt an der mittleren und unteren Saale. Der namengebende Fundplatz der Salzmünder Kultur, eine befestigte Höhensiedlung, war bereits 1921 bei Schiepzig, einem Ortsteil von Salzmünde, entdeckt worden. Besonders auffallend ist der Bestattungsritus der Salzmünder Kultur. Neben Erdgräbern mit Hockerbestattungen in Seitenlage kommen Bestattungen unter dicken Scherbenlagen und Resten verbrannter Häuser vor. Besonders in diesen Gräbern finden sich oft Anzeichen von Gewalt. Häufig sind auch Umbettungen von Toten oder Skeletteilen belegt. Offenbar spielten sich an den Gräbern hochkomplexe Rituale ab.
Mysteriöse Opfergruben und eine Bestattung bei Gerstewitz
Im Vorfeld des Baus der künftigen Stromtrasse SuedOstLink konnten bei Gerstewitz innerhalb eines durch Gräben geschützten Areals zwölf Grubenbefunde freigelegt werden, die Reste abgebrannter Häuser und Opfergaben enthielten. Unter den Niederlegungen stechen Hundeknochen und menschliche Schädel besonders heraus. Die Gruben sind bei einem Durchmesser von 2-3 Metern 2 bis 2,50 Meter tief. Eine der Gruben enthielt zwei komplette Keramikgefäße, bei denen es sich nach Lage und Erhaltung wohl um Opfergaben handelte. In einer weiteren Grube konnten verwitterte Hundeknochen festgestellt werden, die noch im anatomischen Verband lagen. Sie weisen Spuren von Feuer auf. Ein daneben gefundener menschlicher Schädel hingegen zeigen keine Spuren von Verwitterung. Dies deutet darauf hin, dass die Gruben während längerer Ritualhandlungen offenstanden oder die Hundeknochen zunächst anderweitig gelagert wurden. Anschließend wurden die Gruben mit dem Schutt abgebrannter Häuser verfüllt. Zusätzlich wurde eine Bestattung in einer umfunktionierten Ofengrube entdeckt. Zwei Menschen, die man offenbar schon länger andernorts aufgebahrt hatte, wurden hier niedergelegt. Auch in diesem Fall deuten sich also komplexe, mehrstufige Rituale an.
Rituale in einer Umbruchszeit
Die Frage, warum den Ahnen und auf sie bezogenen Ritualen von den Menschen der Salzmünder Kultur so eine große Bedeutung beigemessen wurde und warum solche Rituale in hoher Zahl und Intensität durchgeführt wurden, kann nur teilweise beantwortet werden. Im späten 4. Jt. v. Chr. lässt sich an verschiedenen Indizien für Mitteleuropa eine Klimaverschlechterung ablesen. Gleichzeitig dringen die Menschen der Bernburger Kultur von Norden her in das Verbreitungsgebiet der Salzmünder Kultur ein. Im Kontext dieser Krisenphase könnten die Rituale zu verstehen sein, von denen man sich möglicherweise den Beistand der Ahnen erhoffte.
Gerstewitz, Opfergrube der Salzmünder Kultur mit Hundeknochen, zwei menschlichen Schädeln, Brandlehm ...
Quelle: Oliver Dietrich
Copyright: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
Gerstewitz, Doppelbestattung in einer Ofengrube.
Quelle: Oliver Dietrich
Copyright: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Geschichte / Archäologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
Gerstewitz, Opfergrube der Salzmünder Kultur mit Hundeknochen, zwei menschlichen Schädeln, Brandlehm ...
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Gerstewitz, Doppelbestattung in einer Ofengrube.
Quelle: Oliver Dietrich
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