21-Jährige mit therapieresistenter, schwerer chronisch-entzündlicher Darmerkrankung erfolgreich mit zellulärer Immuntherapie behandelt
Einem Ärzteteam am Deutschen Zentrum Immuntherapie des Uniklinikums Erlangen ist es weltweit erstmals gelungen, eine junge Patientin mit therapieresistenter, schwerer chronisch-entzündlicher Darmerkrankung (Colitis ulcerosa) erfolgreich mit einer Zelltherapie mit CD19-CAR-T-Zellen zu behandeln. Die Ergebnisse dieser neuartigen Behandlung wurden in der aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine veröffentlicht (DOI: 10.1056/NEJMc2508023).*
Ein Leben mit schwerster entzündlicher Darmerkrankung
Die 21-jährige Patientin war seit fünf Jahren an einer hochaktiven Colitis ulcerosa erkrankt und sprach auf keine der verfügbaren Medikamente mehr an – darunter verschiedene zielgerichtete Biologika oder sogenannte JAK-Inhibitoren. Die Lebensqualität der jungen Frau war deutlich beeinträchtigt und bei mehreren blutigen Durchfällen und wiederkehrenden Bauchschmerzen im Tagesverlauf waren alltägliche Aufgaben belastend, eine Berufstätigkeit war kaum möglich und selbst Arztbesuche am Zentrum für Chronisch-Entzündliche Darmerkrankungen des Uniklinikums Erlangen waren beschwerlich.
Nach der CAR-T-Zell-Therapie änderte sich das Bild grundlegend: Die Durchfälle und Bauchschmerzen verschwanden vollständig, die Darmspiegelungen zeigten eine komplette Abheilung der vorher entzündeten Darmschleimhaut und das Körpergewicht stieg innerhalb weniger Monate auf ein gesundes Normalmaß. Erstmals seit Jahren ist für die Patientin wieder ein normales Leben möglich.
Was sind CAR-T-Zellen?
Für diese zellbasierte Immuntherapie werden körpereigene Immunzellen (T-Lymphozyten) der Patientin aus dem Blut entnommen und gentechnisch so verändert, dass sie das Oberflächenmolekül CD19 erkennen. CD19 ist charakteristisch für B-Lymphozyten, die bei vielen Autoimmunerkrankungen fehlgesteuert sind. Ursprünglich wurde diese Technologie für Patientinnen und Patienten mit bösartigen Erkrankungen der B-Zellen (Lymphdrüsenkrebs) entwickelt. Inzwischen zeigen Studien, dass CAR-T-Zellen auch bei bestimmten Autoimmunerkrankungen wirksam sein können.
Der besondere Vorteil: Die veränderten CAR-T-Zellen dringen tief in das betroffene Gewebe ein und schalten dort die „kranken“ autoreaktiven B-Zellen nachhaltig aus. Die kranken B-Zellen werden dann im Verlauf durch gesunde, wieder funktionstüchtige Zellen ersetzt. Damit eröffnet sich ein komplett neuer Behandlungsansatz für Patientinnen und Patienten mit schweren Autoimmunerkrankungen, die bisher als nicht heilbar galten.
Enge Zusammenarbeit und lokale Herstellung der CAR-T-Zellen am Uniklinikum Erlangen
Die Behandlung mit CAR-T-Zellen am Deutschen Zentrum Immuntherapie wurde durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. Markus F. Neurath) und der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie (Direktor: Prof. Dr. Andreas Mackensen) in enger Kooperation mit der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie (Direktor: Prof. Dr. med. univ. Georg Schett) ermöglicht. Die Herstellung der CAR-T-Zellen erfolgte in einem spezialisierten Reinraumlabor der Medizinischen Klinik 5 unter Leitung von PD Dr. Michael Aigner.
Bedeutung und Ausblick
Dieser weltweit erste Einsatz von CD19-CAR-T-Zellen bei Colitis ulcerosa zeigt, dass selbst bei Erkrankungen, bei denen die Bedeutung von fehlgesteuerten B-Zellen als Ursache unklar war, ein vollständiges Ansprechen mit nachfolgender Medikamentenfreiheit möglich ist. „Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend und geben Anlass zu großer Hoffnung für Betroffene“, so Prof. Dr. Fabian Müller, Leiter der CAR-T-Zell-Einheit an der Medizinischen Klinik 5.
Gleichzeitig betont Prof. Dr. Raja Atreya, Oberarzt der Medizinischen Klinik 1: „Es handelt sich bislang um einen Einzelfall. Um Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie beurteilen zu können, müssen weitere Patientinnen und Patienten in Studien behandelt werden. Nur so lässt sich klären, welche Patientinnen und Patienten von dieser neuen Therapie besonders profitieren.“
Weitere Informationen für Patientinnen und Patienten: www.dzi.uk-erlangen.de
* Zur Original-Publikation: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2508023
Ansprechpartner für Medien:
Prof. Dr. Andreas Mackensen
Uniklinikum Erlangen
Tel.: 09131/85-35954
andreas.mackensen@uk-erlangen.de
Prof. Dr. Markus F. Neurath
Uniklinikum Erlangen
Tel.: 09131/85-35204
markus.neurath@uk-erlangen.de
Prof. Dr. Andreas Mackensen
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
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