Vier der wichtigsten miteinander verbundenen Teile des Klimasystems der Erde verlieren an Stabilität. Das zeigt eine in Nature Geoscience veröffentlichte internationale wissenschaftliche Studie auf der Grundlage von Beobachtungsdaten. Den Forschenden gelang es, die Warnsignale für eine Destabilisierung des grönländischen Eisschilds, der Atlantischen Umwälzzirkulation, des Amazonas-Regenwalds und des südamerikanischen Monsunsystems aufzuzeigen.
„Wir haben jetzt überzeugende beobachtungsbasierte Belege dafür, dass mehrere miteinander verbundene Teile des Erdsystems sich destabilisieren“, sagt Erstautor Prof. Niklas Boers von der Technischen Universität München (TUM) und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Das bedeutet, dass diese Systeme sich kritischen Schwellenwerten nähern könnten, deren Überschreiten abrupte und irreversible Veränderungen mit schwerwiegenden Folgen auslösen könnte“, ergänzt Prof. Tim Lenton von der Universität Exeter.
Die große Sorge der Forschenden besteht darin, dass diese Klimasysteme nicht isoliert sind. Die Systeme interagieren über die Ozeane und die Atmosphäre miteinander, was zu Wechselwirkungen und Rückkopplungen führen kann. Damit destabilisieren sie sich im schlimmsten Fall und verstärken die negativen Folgen für das globale Klimasystem. Gleichzeitig könnten diese Effekte echte Warnsignale überdecken und Kipppunkte noch schwerer vorhersehbar machen.
„Im Gegensatz zu früheren Studien, die sich auf einzelne Komponenten des Erdsystems konzentrieren, betrachtet unsere Studie sie gemeinsam als Teil eines größeren, miteinander verbundenen Systems“, ergänzt Mitautor Dr. Teng Liu, ebenfalls von der TUM.
Analyse durch mathematische Methode
Während aktuelle Klimamodelle diese komplexen Dynamiken noch nicht zuverlässig simulieren können, bieten empirische Daten eine wichtige Möglichkeit, bereits stattfindende Veränderungen zu beobachten. Um Anzeichen der Destabilisierung zu identifizieren und zu verfolgen, entwickelten die Forschenden eine mathematische Methode, die analysiert, wie Systeme sich von Störungen erholen. Die Anwendung dieser Methode auf empirische Daten zeigt den fortschreitenden Stabilitätsverlust in wichtigen Komponenten des Erdsystems.
„Auch wenn die genauen Schwellenwerte der Kipppunkte weiterhin sehr unsicher sind, deutet die Evidenz klar auf ein zunehmendes Risiko hin, je weiter die Temperaturen steigen. Mit jedem Zehntel Grad zusätzlicher Erwärmung wächst die Wahrscheinlichkeit, einen Kipppunkt zu überschreiten. Das allein sollte ein starkes Argument für sofortige und entschlossene Reduktionen der Treibhausgasemissionen sein“, betont Prof. Niklas Boers.
Globales Überwachungssystem gefordert
Die Forschenden fordern neben Emissionsreduktionen die Entwicklung eines globalen Überwachungssystems, um die Stabilität zentraler Komponenten des Erdsystems zu verfolgen. Satellitengestützte Beobachtungen, insbesondere von Vegetation und Eisschmelze, werden dabei eine zentrale Rolle spielen. Die Studie unterstreicht nicht nur die Dringlichkeit, ein solches System aufzubauen, sondern liefert auch den methodischen Rahmen dafür.
Prof. Dr. Niklas Boers
Technische Universität München
Professur für Erdsystemmodellierung
n.boers@tum.de
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Andreas Morr, Nian, Rypdal, Smith: Destabilization of Earth system tipping elements, Nature Geoscience (2025). DOI: 10.1038/s41561-025-01787-0 https://www.nature.com/articles/s41561-025-01787-0
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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