Die Technische Universität München (TUM) hat das TUM Public Science Lab gegründet, das Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen an der Forschung beteiligen wird. Es wird damit bislang unbeachtete Perspektiven und Expertisen einbeziehen. Auf diese Weise will das Lab Problemstellungen identifizieren, die das Zusammenleben entscheidend beeinflussen, und Wege für öffentliche Entscheidungsprozesse und zu nachhaltigen Innovationen aufzeigen.
Wie kann die Forschung hochrelevante gesellschaftliche Probleme von weniger wichtigen Fragen unterscheiden? Wie können Menschen, die noch nie mit einer Universität in Kontakt waren, ihr Wissen und ihre Perspektiven einbringen? Wie kann Wissenschaft so öffentlich werden, dass sie zu einem gelungenen Zusammenleben beiträgt?
Diese Fragen will das neue Public Science Lab der TUM beantworten. „Unser Ziel sind nicht die schnellen Lösungen“, sagt Sabina Leonelli, Professorin für Philosophy and History of Science and Technology. „Wir wollen fragen: Wer entscheidet, wie ein Problem beschrieben wird und welches Wissen zu seiner Lösung eingesetzt wird? Wenn das Ziel darin besteht, das Leben der Menschen zu verbessern, wer entscheidet dann, was als Verbesserung gilt? Wenn wir beispielsweise den Pflegekräftemangel betrachten und behaupten, Roboter seien die Lösung, haben wir dann bereits den Bezugsrahmen verengt und die Probleme des Zusammenlebens übersehen?“
Vertrauen aufbauen
Um diese Ziele zu erreichen, will das TUM Public Science Lab eine möglichst breite Wissensbasis schaffen. „Das gelingt nur, wenn wir das Wissen, das wir in der akademischen Welt gesammelt haben, um die Perspektiven in den verschiedenen Teilen der Bevölkerung erweitern“, sagt Jörg Niewöhner, Professor für Anthropology of Science and Technology. In allen Projekten wird deshalb die Öffentlichkeit von Beginn an integriert.
Zum einen wird das Lab mit organisierten Stakeholdern wie etwa Vereinen oder lokalen Interessengruppen arbeiten, um deren Expertise zu nutzen und umgekehrt mit wissenschaftlichen Erkenntnissen Hilfestellung bei öffentlichen Entscheidungsprozessen zu leisten. Zum anderen will das Lab Menschen Partizipation ermöglichen, die sich bislang nicht vorstellen konnten, sich an Forschung zu beteiligen.
„Das geht nicht von heute auf morgen“, betont Niewöhner. „Wir wollen zunächst mit einer dauerhaften Präsenz in München Vertrauen aufbauen. Wir gehen in Vereine, in Schulen, zum Quartiersmanagement. Mit Gesprächen und Mitmach-Aktionen wollen wir zum einen die Forschung nahbar machen und zum anderen Probleme identifizieren, die vielleicht noch niemand auf dem Schirm hat. Erst im zweiten Schritt überlegen wir, welche Themen wir aufgreifen und mit welchen Methoden wir sie bearbeiten – und setzen dann auf die Beteiligung der Menschen, die uns zuvor kennengelernt haben.“ Auch mit der Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern wollen die Forschenden neue Zugänge und alternative Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Wissenschaft ausprobieren.
Ökologie und nachhaltige Stadtentwicklung
Den ersten inhaltlichen Schwerpunkt des TUM Public Science Lab bilden Themen aus Ökologie und nachhaltiger Stadtentwicklung. „Die Diskussion wird bei diesen Themen schnell wissenschaftlich-technisch“, sagt Anne Rademacher, Professorin für Sustainable Urban Environments. „Dabei ist oft die entscheidende Frage: Wie wollen wir zusammenleben? Wenn es beispielsweise angesichts des künftigen Wassermangels darum geht, wer in einer Region wofür Wasser nutzen kann, dann können wir das zwar mit wissenschaftlichen Modellen berechnen. Aber das führt zu keinem guten Ergebnis, wenn nicht zuvor die Menschen miteinander geklärt haben, wie ihre unterschiedlichen Bedürfnisse – der Brunnen auf dem Marktplatz, die Landwirtschaft, der Pool im Garten – abgewogen werden.“
TUM baut Public Engagement aus
Angesiedelt ist das TUM Public Science Lab im Department für Science, Technology and Society der TUM School of Social Sciences and Technology. Es ergänzt sich mit dem neuen Exzellenzcluster TransforM, der neue Wege erforscht, wie das Zusammenwirken von Hightech-Innovationen und gesellschaftlichem Wandel gestaltet werden kann. Eng zusammenarbeiten wird das Lab mit dem TUM Think Tank, der Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft zusammenbringt, um gemeinsam Lösungen zu drängenden Problemen zu entwickeln. Die TUM im Gesamten baut derzeit ihr Public Engagement aus.
“Wir richten unsere Universität darauf aus, dass Gesellschaft und Wissenschaft keine voneinander getrennten Sektoren sind“, sagt Prof. Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM. „Die Menschen in ihrer Diversität wahrzunehmen und zu beteiligen, ist die Voraussetzung dafür, dass wir Innovationen entwickeln, die dann auch der gesamten Gesellschaft einen Mehrwert bringen. Dieser kollaborative Ansatz ist besonders wichtig in Zeiten, in denen massiv versucht wird, die Wissenschaft und andere Teile der Gesellschaft mit Falschinformationen und Misstrauen gegeneinander auszuspielen.“
Prof. Dr. Sabina Leonelli
Technische Universität München (TUM)
Lehrstuhl für Philosophy and History of Science and Technology
Tel.: +49 89 289 28003
sabina.leonelli@tum.de
https://www.sts.sot.tum.de/sts/personen/professorinnen/sabina-leonelli/
Prof. Dr. Jörg Niewöhner
Technische Universität München (TUM)
Lehrstuhl für Anthropology of Science and Technology
+49 89 289 29217
joerg.niewoehner@tum.de
https://www.sts.sot.tum.de/sts/personen/professorinnen/joerg-niewoehner/
Prof. Dr. Anne Rademacher
Technische Universität München (TUM)
Lehrstuhl für Sustainable Urban Environments
+49 89 289 29239
anne.rademacher@tum.de
https://www.sts.sot.tum.de/sts/personen/professorinnen/anne-rademacher/
https://publicsciencelab.org/startseite/ TUM Public Science Lab
TUM Public Science Lab im Video
https://www.tum.de/community/public-engagement Public Engagement at TUM
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Umwelt / Ökologie
überregional
Organisatorisches
Deutsch
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