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24.11.2025 15:02

Konflikt im Seminarraum

Anne Reichel Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

    EU-Projekt entwickelt Strategien für den Umgang mit Polarisierung an Hochschulen

    Konflikte bleiben nicht vor der Hörsaaltür stehen. Kriege wie in der Ukraine oder in Gaza, aber auch soziale Spannungen innerhalb europäischer Gesellschaften führen zunehmend zu emotional aufgeladenen Diskussionen im Seminarraum. Lehrende sehen sich mit polarisierenden Meinungen, ideologischen Fronten und biografisch geprägten Perspektiven konfrontiert, die den universitären Lernraum herausfordern. Mit dem neuen Erasmus+-Kooperationsprojekt „Navigating Conflict in the Classroom: Teaching and Learning in Times of Societal and Political Polarisation (NAVINCLASS)“ reagiert das Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg mit fünf europäischen Partnern auf diese Dynamiken – und möchte sie als Ausgangspunkt für neue didaktische Ansätze nutzen.

    „Wo unterschiedliche Perspektiven aufeinandertreffen, entsteht Lernpotenzial“, sagt die Vizepräsidentin der Uni Marburg, Prof. Dr. Sabine Pankuweit. „NAVINCLASS unterstützt Lehrende darin, kontroverse Themen nicht zu scheuen, sondern sie bewusst in Lernprozesse einzubeziehen. Das ist ein wichtiger Beitrag zu einer reflektierten und demokratischen Bildungskultur.“

    „Das Projekt ist sehr innovativ: Wir übertragen bewährte Methoden aus der Friedens- und Konfliktforschung in den Hochschulkontext“, ergänzt Prof. Dr. Thorsten Bonacker vom Zentrum für Konfliktforschung. „Statt Konflikte im Seminar zu vermeiden, lernen wir, sie als Lernanlass zu begreifen – und produktiv damit umzugehen.“

    Konflikte wie der Nahostkonflikt, der Ukrainekrieg oder der Bürgerkrieg in Syrien sorgen nicht nur für internationale Schlagzeilen – sie beeinflussen Studierende direkt, etwa durch eigene familiäre oder politische Bezüge. Was in Lehrveranstaltungen diskutiert wird, kann schnell emotional, persönlich und kontrovers werden. Polarisierung im Seminarraum ist keine Ausnahme mehr, sondern wird für viele Lehrende zur Realität. Dr. Stéphane Voell, Koordinator von NAVINCLASS, betont: „Wir erleben in vielen Seminaren eine Verhärtung von Positionen. Unser Ziel ist es, nicht nur auf Konflikte zu reagieren, sondern Formate zu schaffen, in denen Polarisierung reflektiert, aufgearbeitet und methodisch eingebunden werden kann.“

    NAVINCLASS entwickelt konkrete Werkzeuge, partizipative Konfliktanalysen und simulationsbasierte Workshops. Konflikte im Klassenzimmer werden nicht länger als Störung verstanden, sondern als Potenzial für tiefere Lernprozesse. Dabei kooperieren sechs europäische Universitäten: Philipps-Universität Marburg (Koordination), Universität Coimbra (Portugal), die Babeș-Bolyai-Universität Cluj (Rumänien), Päpstliche Universität Comillas Madrid (Spanien) sowie Universität Sarajevo und Universität Mostar (Bosnien und Herzegowina). Neben Marburg, sind drei weitere dieser Universitäten auch in der Europäischen Hochschulallianz für Frieden, Gerechtigkeit und inklusive Gesellschaften (EUPeace) organisiert. Die Erkenntnisse aus NAVINCLASS werden auch wichtig für die Lehre in der gesamten Allianz EUPeace werden.

    Im Zentrum des Projekts stehen die Entwicklung von praxisnahen Leitlinien, Trainingsmodulen für Lehrende und Workshops mit Studierenden, um Konflikte im Hörsaal nicht nur zu entschärfen, sondern gezielt für kritisches Denken, Perspektivwechsel und gemeinsame Lösungsfindung zu nutzen. NAVINCLASS verfolgt dabei einen friedenspädagogischen Ansatz, der respektvolle, inklusive Lernräume fördert – gerade dort, wo Unterschiede und Spannungen spürbar werden. „Gerade weil wir Konflikten nicht ausweichen können, brauchen wir Kompetenzen, mit ihnen konstruktiv umzugehen. Hochschulen spielen hier eine Schlüsselrolle – und NAVINCLASS gibt ihnen das nötige Werkzeug an die Hand“, so Bonacker.

    Europäische Kooperation
    NAVINCLASS erhält eine Förderung von 400.000 Euro im Rahmen der Erasmus+ Cooperation Partnerships der Europäischen Union. Das Projekt beginnt am 01.12.2025 mit einer Laufzeit von 3 Jahren. Neben der koordinierenden Philipps-Universität Marburg sind die Universität Coimbra (Portugal), die Babeș-Bolyai-Universität Cluj (Rumänien), Päpstliche Universität Comillas Madrid (Spanien) sowie Universität Sarajevo und Universität Mostar (Bosnien und Herzegowina) am Projekt beteiligt


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Stéphane Voell
    Zentrum für Konfliktforschung
    Philipps-Universität Marburg
    Tel.: 06421 28-24503
    E-Mail: voell@staff.uni-marburg.de


    Bilder

    Das Projekt Navigating Conflict will Spannungen und Konflikte in Veranstaltungen der Hochschule für die Lehr/Lern-Beziehungen nutzen.
    Das Projekt Navigating Conflict will Spannungen und Konflikte in Veranstaltungen der Hochschule für ...
    Quelle: Dr. Stéphane Voell
    Copyright: Universität Marburg / Dr. Stéphane Voell


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Pädagogik / Bildung, Politik
    überregional
    Kooperationen, Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Das Projekt Navigating Conflict will Spannungen und Konflikte in Veranstaltungen der Hochschule für die Lehr/Lern-Beziehungen nutzen.


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