- Um das Potenzial vernetzter Fahrzeuge nutzen zu können, ist eine neue Softwarearchitektur nötig.
- Das zentralisierte Konzept aus dem Projekt CeCaS ist für Fahrzeuggenerationen gedacht, die ab 2033 entstehen.
- Entwicklungsprozesse und Innovationen lassen sich damit enorm beschleunigen.
Um autonome Fahrzeuge so sicher, so günstig und so konkurrenzfähig wie möglich zu machen, haben Forschende der Technischen Universität München (TUM) zusammen mit Partnern aus der Autoindustrie eine zentralisierte Architektur für das Software-gesteuerte Fahrzeug der Zukunft entwickelt. Software generiert sich weitgehend selbst und beliebige Szenarien mit autonomen Fahrzeugen lassen sich vorab am Teststand testen.
Damit die Autos der Zukunft unabhängig von Umweltbedingungen sicher und zuverlässig auf Straßen unterwegs sein können, müssen Unmengen von Daten verarbeitet werden. Sie kommen während der Fahrt live von Sensoren aus dem Fahrzeug und während der Fahrzeugentwicklung aus Datenbanken und/oder Simulationen auf Testständen. „Für autonomes Fahren werden die vom Fahrzeug selbst aufgenommenen Daten mit Daten aus fest installierten Kameras, Lidaren oder Radaren auf Schilderbrücken oder aus anderen Fahrzeugen der Umgebung kombiniert. Das wäre das Maximum, was man an Informationen bekommen könnte“, sagt der Leiter des TUM-Lehrstuhls für Robotik, künstliche Intelligenz und Echtzeitsysteme, Knoll.
Daten adhoc auswerten
Die dafür passende, rein Software-basierte und zentralisierte Fahrzeugarchitektur, die diese Daten adhoc auswertet und nutzt, haben Forschende der TUM sowie diverse Partner aus der Auto- und Chipindustrie in den letzten drei Jahren entwickelt – im Rahmen des vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderten Forschungsprojektes „Central Car Server“ (CeCaS). Eine solche Architektur ist für Fahrzeuggenerationen ab 2033 erforderlich.
Die Vorteile der neuen Fahrzeugarchitektur im Einzelnen:
1. Szenarien lassen sich in Simulationen realitätsnah prüfen
Fahrzeuge sind in der Realität diversen Verkehrs- und Wetterbedingungen ausgesetzt, mit denen sie jedoch noch nicht vollständig automatisiert umgehen können. Dafür haben die Forscher ein Simulationsumfeld geschaffen, in dem mit Hilfe leistungsfähiger Graphikchips vielfältige Szenarien erzeugt werden können. Nach dem Training hat das Fahrzeug das Wissen für die jeweilige Situation gewissermaßen „an Bord“. Die Szenarien lassen sich zudem über einen „Open-Source-Zugang“ Nutzern aus der Automobilindustrie und Forschung zur Verfügung stellen.
2. Zentralisierte und standardisierte Datenverarbeitung spart drastisch Kosten
In herkömmlichen Fahrzeugen sind oft mehr als hundert einzelne Steuerungsgeräte im Einsatz. Vielfältig programmierbare Hochleistungsrechner wie im CeCaS-Konzept werden sie künftig zum großen Teil ersetzen. Das bedeutet, dass die Verlegung vieler Kabel zwischen den Steuergeräten entfällt, die Montage einfacher wird und die Kosten sinken. Vor allem aber werden neue Funktionen künftig rein durch Softwareupgrades möglich werden. Und die Entwicklung von Software kann, wie bei Mobiltelefonen, individuell durch die Kunden angepasst werden.
3. Über einen Digitalen Zwilling lassen sich alle Funktionen im Prüfstand testen
Im Prüfstand der TUM besteht die Möglichkeit, Fahrzeuge fest mit allen Achsen und Rädern einzuspannen und zu testen. Damit lassen sich nicht nur Fahrerassistenzsysteme, Antiblockiersysteme oder neue Notbremsassistenten testen. „Über einen Digitalen Zwilling des Fahrzeugs können wir auch Szenarien einspielen, die dann „live“ im Teststand ausprobiert werden können“, erläutert TUM-Forscher Knoll. Zudem lassen sich Szenarien einspielen und trainieren, in denen es in der Vergangenheit zu Unfällen mit autonomen oder teilautonomen Fahrzeugen kam. Ohne dass dabei jemand zu Schaden kommt.
Künstliche Intelligenz: Software entsteht mühelos
Für TUM-Professor Knoll liegt ein entscheidender Vorteil der künftigen Fahrzeugarchitektur darin, dass sie Entwicklungsprozesse und damit auch Innovationen beschleunigt. Wie TUM-Forschungsergebnisse im Rahmen von CeCaS zeigen, lässt sich Software mithilfe von künstlicher Intelligenz und generativen Sprachmodellen immer schneller entwickeln. Spezifikationen liegen fast immer in Textform vor. Und diese spiegeln das Verhalten eines technischen Geräts wider. Die TUM-Forschenden haben gezeigt, dass die Sprachmodelle Spezifikationen verarbeiten können, sofern sie konsistent, vollständig und widerspruchsfrei sind, was wiederum eine KI prüfen kann. So entsteht neuer Software-Code in Sekunden, quasi by-design. Voraussetzung ist jedoch, dass die gesamte Architektur im Fahrzeug dazu passt. Knoll: „Das Verständnis von Autos als Software-Defined-Vehicles, also Software-Plattformen, ist schlicht nötig, um in Zukunft auf dem Fahrzeugmarkt mithalten zu können.“
Mehr Informationen:
Der Prüfstand der TUM ist der einzige seiner Art, der in Forschungsinstitutionen in Deutschland zum Einsatz kommt. Anders als beim so genannten Rollenprüfstand, bei dem das Fahrzeug wie beim TÜV auf einen Prüfstand auffährt und dann auf der Stelle fährt, werden bei dem Fahrzeug die Reifen abgenommen und das Fahrzeug fest verschraubt. Vorteil: Das Bremsen, Beschleunigen, das Fahren in der Kurve und unter jeglichen Wetterbedingungen lassen sich testen, fast wie in der Realität. Bei Teststand-Simulationen können sowohl die Fahrzeugelektronik als auch die Software des „Software-Defined Vehicles“ getestet und geprüft werden. Vermittlung des Teststands auf Anfrage: Marie-Luise Neitz, Mail: neitz@in.tum.de
Forschungsprojekt Central Car Server (CeCaS): Eine automobile Supercomputing-Plattform als zentrale Rechnungseinheit für hochautomatisierte Fahrzeuge war das Ziel des Forschungsprojektes mit über 30 Partnern aus Forschung und Industrie, das über die letzten drei Jahre mit über 88 Millionen Euro gefördert wurde. 46 Millionen davon kamen aus dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR). Wichtiges Herzstück war eine Software-basierte und zentralisierte Fahrzeugarchitektur. Unter der Konsortialführung des Chipkonzerns Infineon beschäftigte sich die TUM unter anderem mit der Fahrzeugarchitektur für die übernächste Autogeneration sowie dem Testaufbau. Weitere Informationen: https://www.elektronikforschung.de/projekte/mannheim-cecas
Zusatzinformationen für Redaktionen:
- Video: Wichtige Komponente im Forschungsprojekt: Ein Software-Defined-Testbed, für das Forschungspartner und VW-Tochter Cariad den Elektrobus ID.BUZZ zur Verfügung gestellt hat, der als „Funktionswagen“ in den Prüfstand eingespannt wurde. Vorteil: Real implementierte Fahrfunktionen, die im Verkehr üblich sind, ließen sich daran testen. Auch Szenarien, aus denen in der Vergangenheit Unfälle mit autonomen oder teilautonomen Fahrzeugen entstanden sind, lassen sich so testen und Fehlfunktionen beheben, ehe das Fahrzeug in den Verkehr entlassen wird. Zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=kL8Mf47sVrM
- Bilder zum Download: https://mediatum.ub.tum.de/1837201
Prof. Alois Knoll
Lehrstuhl für Robotik, Künstliche Intelligenz und Echtzeitsysteme
Technische Universität München (TUM)
k@tum.de
K. Lebioda, N. Petrovic, F. Pan, V. Zolfaghari, A. Schamschurko, A. Knoll; Are Requirements Really All You Need? Using LLMs to Generate Configuration Code: A Case Study in Automotive Simulations; 8-2025; https://ieeexplore.ieee.org/document/11122468;
S. Kirchner, A. C. Knoll; Generating Automotive Code: Large Language Models for Software Development and Verification in Safety-Critical Systems; IEEE Intelligent Vehicles Symposium (IV 2025), Cluj-Napoca, Romania; https://doi.org/10.1109/IV64158.2025.11097503; 6-2025
N. Petrovic, F. Pan, V. Zolfaghari, K. Lebioda, A. Schamschurko, A. Knoll; GenAI for Automotive Software Development: From Requirements to Wheels; DTF Symposium 2025; https://arxiv.org/abs/2507.18223; 10-2025
Chengdong Wu, Sven Kirchner, Nils Purschke, Alois C. Knoll; ViL-TUM: A Testbench-Based Vehicle-in-the-Loop Test Method for Central Car Server Validation; DTF Symposium 2025, 10-2025
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Informationstechnik, Maschinenbau, Mathematik
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch

Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).