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11.12.2025 15:30

Steno, Papyrus, Holz: KI soll wertvolle Schriften entschlüsseln

Blandina Mangelkramer Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Informatiker der FAU erhalten Förderung von rund 300.000 Euro für zwei neue Projekte

    Bei der Entschlüsselung historischer Dokumente stoßen selbst Expertinnen und Experten zuweilen an ihre Grenzen – etwa wenn antike Holztafeln verkohlt, Schriftrollen verwittert oder Aufzeichnungen in einer seltenen Form der Stenografie verfasst sind. In zwei neuen Projekten wollen Informatiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) KI-gestützte Technologien entwickeln, mit denen solche Quellen leichter erschlossen werden können. Das Schmidt Sciences Humanities and AI Virtual Institute (HAVI) fördert die Vorhaben in den kommenden drei Jahren mit knapp 770.000 Euro, einen Teil davon erhält die FAU.

    Projekt 1: Entschlüsselung der verlorenen Kunst der Stenografie

    Insbesondere im 19. und frühen 20. Jahrhundert sind zahlreiche Manuskripte in der seltenen Form der Gabelsberger-Stenografie verfasst worden. Dazu zählen Aufzeichnungen des Mathematikers und Philosophen Kurt Gödel, des Physikers Erwin Schrödinger, des Juristen und Politikers Carl Schmitt, des Schriftstellers Erich Kästner und des Münchner Erzbischofs Kardinal Faulhaber. „Die Manuskripte und Tagebücher enthalten Material von historischer und intellektueller Relevanz. Allerdings sind heute nur noch sehr wenige Menschen in der Lage, diese Schrift zu lesen, sodass viele Archivbestände praktisch unzugänglich sind“, sagt Projektleiter Dr. Vincent Christlein vom Lehrstuhl für Mustererkennung der FAU. Gemeinsam mit Nikolaus Weichselbaumer von der Universität Mainz will Christlein die KI-gestützte Handschriftenerkennung so trainieren und weiterentwickeln, dass auch stenografische Schriften maschinell gelesen werden können.

    Projekt 2: Bearbeitung von Text in beschädigten Manuskripten

    Antike Manuskripte sind häufig unlesbar, weil sie schwere Schäden aufweisen. Ein bekanntes Beispiel sind die Papyrusrollen und Holztafeln aus Herculaneum unweit von Pompeji, die beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 zwar erhalten geblieben, aber stark verkohlt sind. „Moderne Bildgebungsverfahren wie Multispektralaufnahmen oder Röntgentomographie können verbliebene Tintenreste besser sichtbar und damit lesbarer machen. Das Hauptproblem besteht darin, dass das Trägermaterial Löcher und Risse aufweist und dass sich einzelne Papyrusschichten oft nicht zerstörungsfrei voneinander trennen lassen“, erklärt Vincent Christlein. Letzteres trifft auch auf die manichäischen Codices aus dem ägyptischen Medinet Madi zu, mit denen sich das Projekt ebenfalls beschäftigt. Die Forschenden aus Erlangen, den USA und Italien arbeiten an einem KI-Werkzeug, das nicht nur auf der Ebene der Texterkennung funktioniert, sondern auch Schäden diagnostiziert und inhaltliche Vorschläge für fehlende Passagen macht.

    KI mit und für Geisteswissenschaften

    „Wir arbeiten von Anfang an mit Expertinnen und Experten aus den Geisteswissenschaften zusammen, die Rückmeldung zu den Trainingsdaten geben“, erklärt Christlein. „So entwickeln wir valide Bewertungsmaßstäbe, die Methoden der Informatik mit humanistischer redaktioneller Praxis verbinden.“ Die KI-Modelle werden zunächst mit den vorhandenen Quellen der Stenografie- und Papyrus-Bibliotheken trainiert. Ziel beider Projekte ist es jedoch, jeweils universale Werkzeuge zu schaffen, die schwer zugängliche Quellen entschlüsseln und damit die geisteswissenschaftliche Forschung bereichern.

    Schmidt Sciences Humanities and AI Virtual Institute (HAVI) Award 2025

    Beide Projekte werden im Rahmen des Humanities and AI Virtual Institute (HAVI) Award 2025 finanziert. Mit dem Award fördert die Stiftung Schmidt Sciences 23 Forschungsteams auf der ganzen Welt, die neue Wege suchen, künstliche Intelligenz in den Dialog mit den Geisteswissenschaften zu bringen – von Archäologie und Kunstgeschichte bis hin zu Literatur, Linguistik, Filmwissenschaft. Anspruch des Förderprogramms ist es, historische Aufzeichnungen mit Methoden der KI zu erschließen, zugleich aber auch humanistische Fragen, Methoden und Werte heranzuziehen, um die Gestaltung und Nutzung von KI selbst voranzubringen.

    Bildmaterial zum Download:
    https://www.fau.de/2025/12/news/steno-papyrus-holz-ki-soll-wertvolle-schriften-e...

    Kontakt für Medien:
    Dr. Vincent Christlein
    Lehrstuhl für Informatik 5 (Mustererkennung)
    Tel.: 09131/85-27823
    vincent.christlein@fau.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Vincent Christlein
    Lehrstuhl für Informatik 5 (Mustererkennung)
    Tel.: 09131/85-27823
    vincent.christlein@fau.de


    Weitere Informationen:

    https://www.fau.de/2025/12/news/steno-papyrus-holz-ki-soll-wertvolle-schriften-e... Bildmaterial zum Download


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Informationstechnik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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