idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
16.12.2025 13:15

Neues Verfahren beschleunigt Resistenztests bei Harnwegsinfektionen

Julia Rinner Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben ein Verfahren zur Diagnostik von Harnwegsinfektionen entwickelt, das die Testung auf Antibiotikaresistenzen im Urin deutlich beschleunigt. Da im Gegensatz zum Standardverfahren keine aufwändige Vorkultivierung der Bakterien nötig ist, liegen Ergebnisse zur Wirksamkeit von Antibiotika bereits einen Tag früher vor. Analysen im Labor dauern zwei bis drei Tage. Das neue Verfahren bildet die Grundlage für einen Schnelltest zur Heimanwendung.

    Jährlich erkranken rund 152 Millionen Menschen weltweit an einer Harnwegsinfektion. Damit zählt sie weltweit zu den häufigsten bakteriellen Infektionen. In der Arztpraxis werden Harnwegsinfektionen in der Regel durch einen Schnelltest diagnostiziert, der misst, ob die Nitrit- und Leukozytenzahl im Urin erhöht sind. Beides sind Anzeichen für eine Harnwegsinfektion. Anschließend wird häufig ein Breitband-Antibiotikum verordnet, ohne die genauen Erreger der Infektion zu bestimmen. Eine Analyse im Labor wird nur bei Risikopatientinnen und -patienten durchgeführt und dauert zwei bis drei Tage. Die dadurch oft falsche oder unnötige Verschreibung von Antibiotika verlängert die Behandlungszeit, erhöht das Risiko von Komplikationen und fördert die Entstehung von Antibiotikaresistenzen.

    Neues Verfahren ermöglicht schnelle Resistenztestung

    Forschende der TUM haben nun Methoden entwickelt, um Urinproben direkt auf die Wirksamkeit von Antibiotika zu untersuchen. Da das Verfahren ohne die im Labor übliche Standardisierung einer Bakterienkultur auskommt, verkürzt sich die Zeit bis zum Ergebnis im Vergleich zur herkömmlichen Analyse um bis zu 24 Stunden.

    Dafür wird der Urin direkt auf eine Nährbodenplatte aufgetragen, auf der Antibiotika-Plättchen platziert sind. Anschließend wird gemessen, wie groß die Hemmhöfe sind – also die Bereiche, in denen Bakterien aufgrund des Antibiotikums nicht wachsen. Ein Algorithmus berücksichtigt die tatsächliche Bakterienkonzentration im Urin und gleicht deren Einfluss auf die Hemmhöfe aus. Dadurch lassen sich Resistenzprofile zuverlässig bestimmen – selbst dann, wenn der Urin ohne vorherige Standardisierung direkt getestet wird.

    Parallel dazu arbeitet das Team an einem papierbasierten „Point-of-Care“-Gerät, das diese Prinzipien nutzt, um acht verschiedene Bakterienstämme mittels Farbcodierungen zu identifizieren und Resistenzen anzuzeigen.

    Zielgerichtete Therapie statt Breitband-Antibiotika

    „Je früher wir wissen, welches Antibiotikum wirkt, desto zielgerichteter können wir behandeln“, sagt Oliver Hayden, Heinz-Nixdorf-Professor für Biomedizinische Elektronik. „Dann müssen wir seltener zu Breitband-Antibiotika greifen, die wir aus Gründen der Resistenzentwicklung eigentlich sparsam einsetzen sollten.“

    Die Daten der aktuellen Publikation zeigen, dass das beschleunigte Verfahren gut mit der etablierten Methode mithalten kann. Bei direkt getesteten Urinproben erreicht es eine Übereinstimmung von rund 94 Prozent mit der Standardmethode. Abweichungen zur Referenzmethode nutzen die Forschenden, um das Verfahren weiter zu optimieren, etwa bei sehr niedrigen Bakterienkonzentrationen oder Mischinfektionen.

    “Ziel ist ein kleiner, benutzerfreundlicher Test zur Anwendung in jeder Arztpraxis und zukünftig zur Selbsttestung zu Hause – mittels papierbasiertem Test-Kit und Smartphone-Ergebnisanzeige. Die Technologie ist bewusst auch für ressourcenarme Regionen konzipiert, wo schnelle, zuverlässige Diagnostik entscheidend ist.” sagt Henning Sabersky-Müssigbrodt, Erstautor der Studie und Doktorand der Translationalen Medizin am Heinz-Nixdorf-Lehrstuhl für Biomedizinische Elektronik.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Oliver Hayden
    Technische Universität München
    Heinz-Nixdorf-Lehrstuhl für Biomedizinische Elektronik
    E-Mail: oliver.hayden@tum.de
    Tel: +49 (89) 4140 – 9031


    Originalpublikation:

    Sabersky-Müssigbrodt, H., Russell, S., Wantia, N., Hayden, O. Rapid direct disk diffusion testing for antibiotic resistance in urinary tract infections: a bacterial concentration-adjusted approach. Microbiology Spectrum (2025). https://doi.org/10.1128/spectrum.00888-25


    Weitere Informationen:

    https://www.tum.de/aktuelles/alle-meldungen/pressemitteilungen/details/neues-ver...


    Bilder

    Oliver Hayden, Professor für Biomedizinische Elektronik
    Oliver Hayden, Professor für Biomedizinische Elektronik
    Quelle: Andreas Heddergott / TUM
    Copyright: © Andreas Heddergott / TUM Verwendung frei fuer die Berichterstattung ueber die TU Muenchen unter Nennung des Copyright


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Oliver Hayden, Professor für Biomedizinische Elektronik


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).