Die gewerkschaftliche Tarifpolitik des Jahres 2004 war überwiegend eine Tarifpolitik in und aus der Defensive. "Nach den heftigen politischen Attacken auf die Tarifautonomie im Jahr 2003 folgte in diesem Jahr der Angriff der Arbeitgeber auf zentrale Tarifstandards." Diese Bilanz zieht der Tarifexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung, Dr. Reinhard Bispinck.
Den Anfang machten die Arbeitgeber in der Metallindustrie mit der Forderung nach Arbeitszeitverlängerung (auch) ohne Lohnausgleich. Anschließend ging es in nahezu allen Tarifbereichen, in denen verhandelt wurde, um die Verschlechterung der allgemeinen tariflichen Arbeitszeitregelungen und um die Kürzung von Einkommensbestandteilen. Das Ergebnis:
o Die moderaten Lohnabschlüsse bewegten sich überwiegend zwischen 1,5 und max. 2 Prozent häufig verbunden mit vorgeschalteten "Nullmonaten". Teilweise wurden auch lediglich Einmalzahlungen vereinbart (vgl. Übersicht).
o In Einzelfällen wurden gar keine Lohnforderungen gestellt, etwa im Bauhauptgewerbe, bzw. die Löhne sogar abgesenkt, wie z.B. in der Gebäudereinigung.
o Es gab Einschnitte in manteltarifliche Regelungen z.B. bei den RedakteurInnen an Tageszeitungen in Form von Kürzungen bei Urlaubsgeld und Urlaubstagen oder bei den Malern und LackiererInnen durch eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde mit Lohnausgleich.
o In Ausnahmefällen, wie z.B. bei der Deutschen Telekom, gelang eine Beschäftigungssicherung durch Arbeitszeitverkürzung (mit teilweisem Lohnausgleich).
o Vielfach wurden tarifliche Öffnungsklauseln vereinbart, wie etwa in der Metall- und Elektroindustrie oder in der Textil- und Bekleidungsindustrie.
Der Trend zur Verbetrieblichung der Tarifpolitik verstärkte sich in diesem Jahr nachhaltig. In zahlreichen Betrieben gab es "Nachverhandlungen", weil die Arbeitgeber zur Verbesserung der Kosten- und Wettbewerbssituation Abweichungen von den (bisherigen) tariflichen und betrieblichen Standards forderten und in vielen Fällen auch durchsetzten. Im Gegenzug versuchten Gewerkschaften und Betriebsräte, Beschäftigungssicherung und sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau zu erreichen. Dies geschah nicht nur in Großkonzernen (Siemens, DaimlerChrysler, Volkswagen usw.), sondern auch in zahlreichen kleinen und mittleren Betrieben. Allein in der Metall- und Elektroindustrie zählte die IG Metall rund 300 solcher Vereinbarungen.
Durch die teils umfangreichen Proteste und Arbeitsniederlegungen, z.B. bei den Tarifverhandlungen in der Metallindustrie und bei den Tageszeitungen, aber auch bei den betrieblichen Konflikten, z.B. bei DaimlerChrysler, Opel und in vielen kleineren Unternehmen, konnten zweifellos manche Einschnitte und Verschlechterungen abgemildert oder verhindert werden.
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/16631.html Weitere Informationen zum Tarifjahr 2004
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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