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24.01.2005 12:34

Das römische Köln und die Wirtschaftsstrukturen im südlichen Niedergermanien

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Das römische Köln und die Wirtschaftsstrukturen im südlichen Niedergermanien
    Köln-Preis 2004 für Peter Rothenhöfer

    Die Wirtschaftsstrukturen im römischen Köln und im südlichen Niedergermanien stellt Peter Rothenhöfer in seiner Dissertation "Die Wirtschaftsstrukturen im südlichen Niedergermanien", für die er heute mit dem Köln-Preis 2004 ausgezeichnet wird, dar. Die Arbeit wurde am Institut für Altertumskunde der Universität zu Köln von Professor Dr. Werner Eck betreut.

    Köln war in römischer Zeit eine der bedeutendsten Städte in den Nordwestprovinzen des Imperium Romanum. Im Gegensatz zum mittelalterlichen und neuzeitlichen Köln bestand die römische Stadt in rechtlich-administrativer Hinsicht jedoch nicht nur aus dem ummauerten Siedlungsareal mitsamt den vorgelagerten Handwerkervierteln, sondern auch aus dem zugehörigen Territorium, das mehrere Tausend Quadratkilometer umfasste und sich von Bad Breisig im Süden bis nach Krefeld-Gellep im Norden erstreckte bei einer westlichen Ausdehnung mindestens bis an die Rur, wahrscheinlich aber bis Aachen. Unter geographischem Aspekt geht damit das römische Köln nahezu zur Gänze im südlichen Teil des niedergermanischen Verwaltungssprengels auf.

    Ausgehend von der Frage nach den wirtschaftlichen Grundlagen für die Blüte des römischen Köln wurde die Entwicklung der Wirtschaft in der römischen Epoche des Rheinlandes, d. h. über einen Zeitraum von 500 Jahren, einer genauen Analyse unterzogen. Dabei mussten spezifische Probleme der Quellenlage bewältigt werden, denn im Gegensatz zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Wirtschaftsgeschichte konnte nicht auf umfangreiche schriftliche Überlieferung in Form von Geschäftsakten, Rechnungsbüchern etc. zurückgegriffen werden. Auch bot die historiographisch-literarische Überlieferung der Antike nur sehr wenige Hinweise bezüglich der ökonomischen Verhältnisse in und um Köln. Dennoch gelang die Analyse unter Heranziehung epigraphischer, numismatischer und vor allem archäologischer Quellen. Ferner wurden aufwendige Recherchearbeiten in den Archiven der zuständigen Denkmalämter durch Surveys des Verfassers in verschiedenen Gebieten ergänzt, die häufig in Verbindung mit Heimatforschern stattfanden. Auf diese Weise wurde die Entwicklung der verschiedenen Sektoren der Ökonomie wie der Landwirtschaft, des Bergbaus, der zahlreichen Sparten des Handwerks und verschiedenster Dienstleistungen, schließlich auch der Geldwirtschaft und des Handels nachgezeichnet und die Bedeutung der jeweiligen Sektoren innerhalb der Gesamtwirtschaft herausgearbeitet.

    Entgegen früheren Vorstellungen, die die wirtschaftliche und kulturelle Blüte der Provinzmetropole Köln maßgeblich auf die gewerbliche Produktion u. a. in Töpfereien und Glashütten sowie auf den Handel zurückführten, konnte die überwältigende Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion für die Erwirtschaftung von Wohlstand dargelegt werden. Nicht wenige Kölner Bürger dürften über Landbesitz in den äußerst fruchtbaren Lößbörden verfügt haben. Nachdem sich im Verlauf des 1. Jahrhunderts n. Chr. unter römischem Einfluss effektivere Bewirtschaftungs- und Anbaumethoden durchgesetzt hatten, war hier das Erzielen bedeutender Überschüsse möglich, die in die bevölkerungsreichen Zentren und an das römische Militär, das in beachtlicher Größenordnung entlang des Rheins stationiert war, verkauft werden konnten.

    Waren die westlich von Köln gelegenen Lößbörden für die Agrarwirtschaft von außerordentlicher Bedeutung, so ließen sich in der Nordeifel diverse Bodenschätze, vor allem Metalle (Eisen, Blei, Galmei etc.) und Stein, gewinnen. Beispielhaft sei auf die Bleigewinnung verwiesen: Bedeutende Lagerstätten im Raum Mechernich und bei Stolberg wurden kurz vor der Zeitenwende erstmals erschlossen; damit legten die Römer den Grundstein für nahezu 2000 Jahre Abbauaktivitäten. Wahrscheinlich wurden hier kaiserliche Bergbaubezirke eingerichtet, wobei der Abbau an Pachtgesellschaften und Großunternehmer vergeben gewesen sein dürfte.

    Kennzeichnend für das römische Handwerk ist die weitgehende Konzentration auf Köln und die zahlreichen kleinstädtischen bis dörflichen Siedlungen. Nur vereinzelt kam es zur Gründung spezialisierter Gewerbesiedlungen im ländlichen Raum. Konkret lassen sich mindestens zwei Dutzend verschiedene Handwerksberufe nachweisen. Die eigentliche Zahl dürfte jedoch weitaus höher gelegen haben. Die Produktion war in der Regel auf die Deckung des lokalen bzw. regionalen Bedarfs ausgerichtet. Dies gilt auch für die Kölner Keramik- und Glaswerkstätten, deren Bedeutung als 'Exportindustrien' bislang weit überschätzt wurde.

    Zweifellos war der Handel mit Massengütern weitaus lukrativer. Beispielsweise ließen sich mit Grundnahrungsmitteln wie Getreide, Salz, aber auch mit Wein immer gute Geschäfte machen. Köln als Handelsplatz profitierte dabei fraglos von seiner Lage am Rhein. Nicht wenige Händler hatten sich auf bestimmte Güter oder den Warenaustausch mit gewissen Regionen spezialisiert. Enge Handelsbeziehungen entwickelten sich ins nördliche Niedergermanien, nach Britannien, aber auch in die Gallia Belgica und ins nördliche Obergermanien. Hinzu kommt der kaum näher quantifizierbare Austausch mit den germanischen Gebieten östlich des Rheins.

    Bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts profitierte die Region von ihrer Grenzlage, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Stationierung von Militär, von dem in vielfältiger Weise Impulse für das Wirtschaftsleben ausgingen. Als aber der Druck und die Einfälle aus dem germanischen Raum in der Spätantike ständig zunahmen, entwickelte sich die geographische Lage zu einem deutlichen Standortnachteil, da insbesondere die Landwirtschaft als Basis nicht mehr im selben Maß zum Bruttosozialprodukt beitrug. Wie die Wirtschaft im späten 4. und 5. Jahrhundert funktioniert hat, lässt sich zur Zeit nur schwer erkennen. Hier liegt eine wichtige Zukunftsaufgabe der wirtschaftshistorischen Forschung.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen stehen Ihnen Peter Rothenhöfer unter der Telefonnummer 0261/ 35.162 und unter der Email-Adresse peter_rothenhoefer@web.de und Professor Dr. Werner Eck unter der Telefonnummer 0221/470-3469, der Fax-Nummer 0221/470-5956 und unter der Email-Adresse werner.eck@uni-koeln.de zur Verfügung.

    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web unter http://www.uni-koeln.de/pi/.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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