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28.01.2005 14:54

Erfolge, aber kein Grund zur Entwarnung

Dr. Bärbel Adams Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Jährlicher Welt-Lepra-Tag will auf eine vergessene Krankheit aufmerksam machen
    Der Welt-Lepra-Tag ist ein internationaler Gedenktag, der in diesem Jahr zum 51. Mal begangen wird.

    In Erinnerung an den Todestag von Mahatma Gandhi, des indischen Reformers und Staatsmannes, der sich auch für Leprakranke engagierte, fällt der Welt-Lepra-Tag immer auf den letzten Sonntag im Januar, 2004 also auf den 25. Januar. Einen Blick auf die Historie und den gegenwärtigen Stand dieser Krankheit warf Prof. Dr. med. Stefan Schubert, Oberarzt im Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Leipzig, Fachbereich Infektions- und Tropenmedizin.

    "Lepra ist eine der wenigen Infektionskrankheiten in den Tropen, die in den vergangenen Jahren abgenommen haben", so Schubert. "Es sind weltweit 'nur noch' ca. 1,2 Millionen Kranke registriert. Die Zahl der Neuinfektionen ist in letzter Zeit jedoch etwa gleichgeblieben. Es wäre daher völlig verfrüht, eine Entwarnung zu geben."

    Lepra ist eine chronische Infektionskrankheit, welche die Haut und Schleimhäute zerstört und auch die Nervenzellen befällt. Der Erreger, das Mycobacterium leprae, wurde 1873 entdeckt (übrigens in Norwegen durch Armauer Hansen). Nur ein Teil der Erkrankten kann diesen Erreger weitergeben. Die meisten Infizierten stellen keine Infektionsquelle dar.

    Möglicherweise wurde die Lepra im Mittelmeerraum durch die Soldaten Alexanders des Großen eingeschleppt, als sie 327-326 vor Christus aus Indien zurückkehrten. Sie breitete sich sehr langsam über Europa aus, erreichte epidemische Ausmaße im 12. bis 13. Jahrhundert und nahm dann wieder ab. In Norwegen erreichte sie nochmals einen Höhepunkt im 19. Jahrhundert. Seitdem betrifft sie vor allem die Bewohner tropischer Regionen.
    Den Begriff "Aussätzige" führte übrigens Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung in Deutschland ein. Damit ist auch angedeutet, welche soziale Rolle den Erkrankten, die über viele Jahre durch Krankheit zunehmend verstümmelt werden, aus übertriebener Angst vor Ansteckung zugewiesen bekamen: Isolation. Die Kirche im Mittelalter legte strenge Verhaltensregeln für den Umgang mit Leprakranken fest. Sie bekamen ein spezielles Kapuzenkleid, Handschuhe und eine Klapper, um auf sich aufmerksam zu machen. Außerhalb der Städte wurden sie in speziellen Leprahäusern untergebracht. Dennoch wurden die Betroffenen von der Kirche versorgt, da in der Bibel die Heilung der Aussätzigen beschrieben wurde, was Hilfe als christliche Verhaltensregel festlegte. Eine ähnliche Einstellung entwickelten auch die anderen großen Religionen.

    "Darin besteht einer der Gründe für den Rückgang der Krankheit", beschreibt Schubert. "Karitative Organisationen haben sich immer ganz besonders der Leprakranken angenommen und tun dies noch heute. Das reduzierte im Laufe der Jahrhunderte in Europa und seit etwa 100 Jahren in den tropischen Ländern, wo solche engagierte Ärzte aus den Industrienationen tätig waren wie Albert Schweitzer beispielsweise, die Ausmaße der Neuinfektionen." Eine weitere Ursache für die Beherrschung der Krankheit ist eine vor etwa zehn Jahren entwickelte Medikamentenkombination, mit der die Infektion, wenn sie rechtzeitig erkannt wird, nicht nur zum Stillstand, sondern nun sogar geheilt werden konnte. Die WHO und Hilfsorganisationen stellen diese Arzneimittel weltweit kostenlos zur Verfügung. "Der dritte Weg, mit dem die Krankheit bei der Wurzel gepackt werden könnte, ist allerdings weltweit noch nicht eingeschlagen worden", bedauert Schubert. "Lepra-Erreger werden vor allem dort übertragen, wo die Menschen unterernährt sind und auf engem Raum zusammen leben. Wie bei vielen anderen Krankheiten in den Tropen, würde also vor allem die Minderung bzw. Beseitigung der Armut deutlich zum Rückgang beitragen, wie es vor ca. 100 Jahren in Europa der Fall gewesen ist."

    Auch wenn die Krankheit im Griff zu sein scheint, sieht der Experte, der als Vertreter der Universität Leipzig selbst viel in Gesundheitseinrichtungen der betroffenen Länder unterwegs war, eben noch keinen Grund zur Entwarnung. "Bei Krankheiten mit mehrjährigen Inkubationszeiten ist es gefährlich, voreilig von Rückgängen zu sprechen. Selbst wenn der sich andeutende Abwärts-Trend fortsetzen wird, gibt es nach wie vor Millionen von durch die Lepra Entstellte und Behinderte zu versorgen und möglichst wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Es muss daher das Früherkennungssystem unbedingt noch lange Zeit aufrechterhalten werden."

    Dort, wo Lepra-Stationen nicht mehr ausschließlich für ihre ursprüngliche Aufgabe gebraucht werden, wird deren Infrastruktur jetzt zunehmend zur Behandlung anderer, gefährlich in den Tropen zunehmender Krankheiten wie beispielsweise der Tuberkulose genutzt. "In diesem Zusammenhang flammen in Fachkreisen immer wieder Diskussionen auf, inwieweit diese hocheffektive Beschäftigung von Hilfsorganisationen mit einer einzigen speziellen Krankheit in eine breite medizinische Grundversorgung integriert werden sollte."

    Eine Schutzimpfung gegen Lepra gibt es nicht. "Sie zu entwickeln, ist auch nicht anvisiert - zum einen weil etwa nur jeder siebte Mensch überhaupt gegen Lepra anfällig ist, zum anderen weil es jetzt wirkungsvolle Medikamente gibt", erläutert Schubert. "Europäer mit einem intakten Immunsystem, die nach Indien oder in andere betroffene Länder reisen, brauchen sich absolut nicht vor einer Infektion zu fürchten. Ich kaufte in einem afrikanischen Land während eines längeren beruflichen Einsatzes zum Beispiel mein Speiseöl bei einem Leprapatienten", erzählt Schubert.

    Marlis Heinz

    weitere Informationen:
    Prof. Dr. Stefan Schubert
    Tel.: 0341/ 97 - 24970
    E-Mail: trop@medizin.uni-leipzig.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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